Fall Franziska: Landgericht stellt besondere Schwere der Schuld fest – das verhindert die vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren. Anordnung von Sicherungsverwahrung laut Gericht hier nicht zulässig
Update: Der Mörder mit dem Stinkefinger
(ty) Das Landgericht Ingolstadt hat heute im Aufsehen erregenden Prozess um den Mord an der zwölfjährigen Franziska den Angeklagten Stefan B. wegen Mordes, Freiheitsberaubung mit Todesfolge, besonders schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und besonders schwerer Vergewaltigung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Bezüglich der weiteren dem Angeklagten zur Last gelegten Taten hat die Kammer ihn freigesprochen. Hier konnte dem Angeklagten nicht bewiesen werden, dass die sexuellen Handlungen gegen den Willen der Opfer ausgeführt wurden beziehungsweise dass Stefan B. wusste, dass die beiden Mädchen zu diesem Zeitpunkt unter 14 Jahre alt waren.
„Die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld durch die Kammer verhindert eine vorzeitige Entlassung des Angeklagten nach 15 Jahren“, erläutert Landgericht-Sprecher Gerhard Reicherl. Eine Sicherungsverwahrung wurde nicht angeordnet. Hierzu wird erklärt: „Die Kammer hat den Angeklagten wegen einer Tat, dem Mord an Franziska, verurteilt. In diesem Fall ist die Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht zulässig, da diese die Verurteilung wegen mehreren schweren Straftaten voraussetzt.“
Auf die Frage, ob und wann der Angeklagte aus der Haft entlassen wird, habe dies indes keine Auswirkung, erklärt Reicherl. „Entscheidend ist immer die Gefährlichkeitsprognose, die von einem Sachverständigen zu treffen sein wird.“ Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sehe das Gesetz in Deutschland, egal wie schlimm die Tat auch war, keine Möglichkeit vor, den Täter für immer einzusperren, ohne ihm nicht wenigstens die Chance einzuräumen, irgendwann wieder in Freiheit zu gelangen. „Solange der Angeklagte gefährlich ist, kommt eine Haftentlassung nicht in Betracht“, sagt Reicherl. „Dies kann bedeuten, dass der Angeklagte bis zu seinem Lebensende nicht mehr aus der Haft entlassen wird.“
In diesem Zusammenhang teilt der Gerichtssprecher mit, dass die Anordnung von Sicherungsverwahrung nicht bedeute, dass der Verurteilte, ohne weitere Prüfung, bis an sein Lebensende inhaftiert bleibe. „Auch hier kommt es auf die Gefährlichkeit an. Ist diese nicht mehr gegeben, muss auch eine Entlassung aus der Sicherungsverwahrung erfolgen.“
Einen ausführlichen Bericht über den heutigen Prozesstag lesen Sie hier: Der Mörder mit dem Stinkefinger
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