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Das Urteil gegen den Kindermörder und Vergewaltiger Stefan B. und die bange Frage, ob und wann er wieder auf freien Fuß kommt 

(ty) Es war sicher keine leichte Entscheidung der Eltern der kleinen Franziska aus Möckenlohe, bei der heutigen Urteilsverkündung gegen Stefan B. im Verhandlungssaal des Landgerichtes Ingolstadt zu sitzen und stundenlang den Mörder ihrer kleinen Tochter beobachten zu müssen, wie der teilnahmslos den Urteilsspruch über sich ergehen ließ, mal mit gesenktem Haupt, mal den Kopf auf dem Tisch in die Arme vergraben, als wolle er ein wenig schlafen. Den Augenkontakt zu dem Menschen, dessen Leben er auch zerstört hat, den vermied er. Das Urteil – wie bereits kurz berichtet Lebenslänglich unter der Feststellung der besonderen Schwere der Tat –  nahm er regungslos hin. Und auch ohne jeden Anschein von Reue. Das Gerichtsgebäude jedenfalls verließ er gegen Mittag, nicht ohne den wartenden Journalisten den ausgestreckten Mittelfinger zu zeigen. Damit endet eines der Aufsehen erregendsten Verfahren vor der Schwurkammer des Ingolstädter Landgerichtes. Mit einem Urteil, dass juristisch gesehen völlig in Ordnung geht, die Volksseele indes nicht rundum befriedigt.

Denn die so genannte Sicherungsverwahrung gilt landläufig halt immer noch als die höchste Form der Bestrafung, als Gewähr für ein „never come back“. Deswegen nahm sich auch Richter Jochen Bösl ungewöhnlich viel Zeit, nach der eigentlichen Urteilsbegründung den Zuhörern im Saal auch noch detailliert zu erläutern, warum die Schwurkammer keine Sicherungsverwahrung angeordnet hat gegen Stefan B., einen der brutalsten und gefühllosesten Mörder, den das Landgericht bis dato erlebt haben dürfte.

Der an Kuriositäten reiche Prozess begann auch heute wieder mit einer neuerlichen Kuriosität, nachdem der Verteidiger des Mörders den Antrag gestellt hatte, zur Urteilsbegründung die Öffentlichkeit – wie schon so oft im Laufe des Verfahrens – auszuschließen. Das indes lehnte das Gericht nach einer viertelstündigen Beratung ab.

Und so verlas Jochen Bösl dann das Urteil im Namen des Volkes: Lebenslänglich wegen Mordes in Tateinheit mit schwerer Vergewaltigung, schwerem Missbrauch und Freiheitsberaubung mit Todesfolge. Zudem stelle die Schwurkammer die besondere Schwere der Schuld fest. Und die besagt, dass Stefan B. nicht nach 15 Jahren Haftverbüßung auf freien Fuß kommen kann. Denn nach diesen 15 Jahren wird erst einmal erneut entschieden, wie lange er seine Strafe noch abzusitzen hat. In Bayern sind das bei dieser Konstellation des Urteils im Schnitt 24 bis 25 Jahre. Und auch danach ist entscheidend, ob Stefan B. weiterhin als gefährlich für die Allgemeinheit eingestuft wird. „Denn lebenslänglich bedeutet erst einmal lebenslänglich“, erläuterte Bösl.

Bösl war sichtlich bemüht, nicht den Eindruck entstehen zu lassen, Stefan B. könnte nach 15 Jahren wieder auf freien Fuß kommen. Denn das widerspräche selbstredend eklatant dem gesunden Volksempfinden. Wegsperren für immer lautet die Meinung des Volkes. Wenn nicht Schlimmeres. Deswegen hatten viele Prozessbeobachter ja auch auf die so genannte Sicherungsverwahrung gehofft. Die indes ist rechtlich nicht möglich. Zudem ändert sie nichts an der Frage, ob und wann der Kindermörder wieder entlassen wird.

Um eine Sicherungsverwahrung aussprechen zu können, müsste Stefan B. für mindestens zwei „Katalogfälle“ – also Vergehen aus dem gleichen Verbrechenskreis – verurteilt worden sein. Und das für mindestens ein Jahr. Das jedoch trifft bei Stefan B. nicht zu. Zwar hat er ein langes Vorstrafenregister, ist auch schon zweimal wegen des Besitzes kinderpornografischen Materials verurteilt worden. Nicht aber im notwendigen Umfang. Und in den Fällen, die zusammen mit dem Mord an der zwölfjährigen Franziska verhandelt worden waren, wurde Stefan. B. freigesprochen. Weder die angebliche Vergewaltigung noch der Missbrauch einer 13-Jährigen waren ihm stichhaltig nachzuweisen. Zumal sie nur auf den Aussagen der beiden betroffenen Zeuginnen beruhten, die ihrerseits, wie Jochen Bösl sagte, doch rechts unglaubwürdig waren und sich in ihren polizeilichen und gerichtlichen Aussagen ziemlich widersprachen. Keine „Schützenhilfe“ für eine Sicherungsverwahrung also an dieser Stelle.

Der Mord an Franziska und deren brutale Vergewaltigung, die sah das Gericht als doppelt belegt. Einmal durch die Aussage des Angeklagten selbst, die er am zweiten Prozesstag hatte verlesen lassen und zudem durch das Bild, das die viele Zeugen gezeichnet hatten. Und auch die DNA-Spuren an dem getöteten Kind und an den Kleidungsstücken von Stefan B. lassen keinen Zweifel an dessen Täterschaft.

Noch einmal schilderte Bösl das Martyrium der kleinen Franziska. Und da begann an jenem verhängnisvollen Tag im vergangenen Jahr um 17.33 Uhr, als Stefan B. sich dem Kind bei Nassenfels in den Weg stellte und es zwang, in sein Auto zu steigen. Und dauerte bis etwa 19 Uhr, als der Tod das kleine Mädchen erlöste. Ob das Kind irgendwann während der unbeschreiblichen Qualen, die es erdulden musste, bewusstlos geworden ist, kann niemand sagen. „Man kann nur hoffen, dass es so war“, meinte Richter Jochen Bösl, der keine Gründe für eine eingeschränkte Schuldfähigkeit beim Angeklagten sah. Er habe eine dissoziative Persönlichkeitsstörung, sei von „äußerst gefühlloser Gesinnung“.  Zu einer verminderten Schuldfähigkeit indes führe kein Weg.

Das alles und noch weitere Details zu dem unbeschreiblichen Leid, das ihre Tochter durchlitten hat, mussten sich die Eltern von Franziska heute noch einmal anhören. Der Vater hatte regungslos und ohne jede Mimik den Blick starr auf den Mörder geheftet, die Mutter in Tränen und dem Zusammenbruch nahe. Stefan B. hat nicht nur das Leben der kleinen Franziska auf so brutale Weise zerstört, sondern auch das Leben ihrer Eltern, das seiner eigenen Mutter und wohl auch das seines eigenen siebenjährigen Sohnes, wie Richter Jochen Bösl heute zu bedenken gab.

Und dass Stefan B. Reue zeigt, das hat wohl selbst Jochen Bösl nicht erwartet. „Dazu ist diese Tat zu schrecklich“, meinte er. Und an Reue ist wohl auch nicht zu denken bei so einem Menschen, der im Laufe des Verfahrens den grausigen Obduktionsbericht schon mit einem Lächeln zu Kenntnis genommen hatte und heute zu keiner weiteren Äußerung fähig war, als zweimal den gestreckten Mittelfinger zu zeigen.

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