Franziska-Prozess: Der Obduktionsbericht stand heute im Mittelpunkt des Verhandlungstages vor dem Landgericht Ingolstadt – Und der ließ den Zuhörer das Blut gefrieren – Nur nicht dem Angeklagten: Der hatte ein Lächeln auf den Lippen
(ty) „Ich habe voll Angst. Das Auto verfolgt mich.“ Mit diesen Worten hat sich die kleine Franziska am Tag ihres Todes noch einmal per „Whatsapp“ bei ihrer Freundin gemeldet, mit der sie zuvor auf dem Skaterplatz zusammen war. Minuten bevor sie auf Stefan B. traf. Dass dieses Angst mehr als begründet war, das belegte der heutige Verhandlungstag am Landgericht, der Tag sieben im Franziska-Prozess, die Stunde der Rechtsmediziner.
Und was die heute zu berichtet hatten in ihren Gutachten, das sprengte in seiner Brutalität jede Vorstellungskraft. Weit mehr als „nur“ ein Tötungsdelikt war das, was Stefan B. mutmaßlich mit der kleinen Franziska angestellt hat, ein „Overkill“, wie der Rechtsmediziner sagte, beinahe eine Verstümmelung, die weit über das Maß hinausgegangen sei, das erforderlich gewesen wäre, das Kind lediglich zu töten. An so einen Fall jedenfalls könne er sich in seiner langen Amtszeit als Rechtsmediziner nicht erinnern.
Die Details, die er in seinem Obduktionsbericht vor Gericht erläuterte, auf deren Beschreibung wir aber bewusst verzichten, waren angetan, dass die doch recht zahlreichen Zuhörer eine Gänsehaut bekamen. Nach den sexuellen Handlungen an dem kleinen Mädchen, die, wie Professor Randolph Penning ausführte, „sehr sehr schmerzhaft“ gewesen sein müssen für das Kind, hat der Täter Franziska zunächst vermutlich mit einem Gürtel über Minuten stranguliert, ohne dass das indes zum Tod oder zur Bewusstlosigkeit des Kindes geführt hätte. Auch die Lunge des Kindes war im unteren Bereich regelrecht zerrissen, ein paar Rippen gebrochen, was nach Meinung des Mediziners nur durch massive und impulsive Gewalteinwirkung verursacht worden sein kann. So, als wäre jemand mit vollem Gewicht auf den Körper des Mädchens gesprungen.
Noch unvorstellbarer indes der finale Akt, der dann zum Tod des Kindes geführt hat. Vermutlich mit einem ziemlich breiten Holzprügel muss Stefan B. nicht nur zweimal, wie er am zweiten Verhandlungstag zugegeben hatte, auf den Kopf des Kindes eingedroschen haben, sondern zigfach, was die „multiplen Brüche“ erklären würde. Die Schädeldecke war so gut wie abgetrennt, das Gehirn regelrecht aus allen Verankerungen gerissen. Der Mörder muss einen regelrechten Blutrausch gehabt haben, als er auf das wehrlose Kind eingedroschen hat. Und das mit einer unvorstellbarer Gewalt, die über das Maß, das zum Töten den Kindes erforderlich gewesen wäre, weit hinausgegangen sei. Ein regelrechter „Overkill“, einhergehend mit einer Psychodynamik, die Professor Penning sich gar nicht erklären kann.
DNA-Spuren von Stefan B. wurden am Körper der kleinen Franziska genügend gefunden. Zu einer regelrechten Vergewaltigung indes ist es nicht gekommen. Dafür gab es keinerlei Spuren. Das jedoch ist so ziemlich das einzige, was der Rechtsmediziner mit Sicherheit sagen konnte. Und dass das Martyrium der kleinen Franziska wohl mindestens 20 Minuten wenn nicht länger gedauert hat, bevor der Tod sie befreite.
Aber den Todeszeitpunkt, den konnte Professor Penning nicht exakt bestimmen. Möglich wäre sogar, dass sie bis zum nächsten Tag gegen 15 Uhr noch gelebt hat. Das indes ist medizinische Fantasie, weil eben die Umstände – die Leiche des Kindes lag ja im Wasser – eine Eingrenzung des Todeszeitpunktes unmöglich machten. „Das funktioniert nur in Fernsehkrimis“, meinte Randolph Penning.
Auch den genauen Tatort konnte der Rechtsmediziner nicht benennen. Denn im Gesicht des Kindes fanden sich Humus und Reste von Nadelhölzern, was nahelegt, dass Franziska nicht unmittelbar am Ufer der Rathei-Weiher getötet worden ist. Zumal dort keine Stellen mit der Menge an Blut gefunden worden waren, die ausgetreten sein müssen nach den massiven Schlägen. In Auto ist die Leiche auch nicht transportiert worden, denn in dem fanden sich ebenfalls keine Blutspuren.
Schließlich gab die Obduktion auch keinen eindeutigen Hinweis auf das Werkzeug, mit dem das Kind erschlagen worden war. Ein breites Holzscheit wäre denkbar. Gefunden indes wurde es nie. Und auch bei der Drosselung des Kindes kann sich Professor Penning nicht erklären, warum das nicht zum Tod von Franziska geführt hat bei der körperlichen Überlegenheit des Täters. Möglichweise sei das ja aber auch eine sexuell motivierte Handlung gewesen, die gar nicht zum Tod hat führen sollen.
Am unerklärlichsten jedoch ist dem Rechtsmediziner die Verletzung im Brustbereich. Auf eine Länge von fünf mal eineinhalb Zentimeter sei die Lunge des Kindes regelrecht zerfetzt worden. So etwas kenne er eigentlich nur von Verkehrsunfällen. Er konnte sich heute vor Gericht nur vorstellen, dass jemand mit aller Gewalt auf das Kind gesprungen sei. Möglichweise mit den Knien. Denn Tritte gegen den Körper des Mädchens oder Sprünge mit den Schuhen hätten äußerlich Abschürfungen hinterlassen müssen. Die jedoch waren nicht vorhanden.
Es war wohl der in seinem Detailreichtum schlimmste Tag des ganzen Verfahrens. Und der Tag, der nicht nur den Zuhörern, sondern auch den meisten Prozessbeteiligten ganz tief unter die Haut ging. Dem Angeklagten Stefan B. jedoch kaum. Denn der ließ sich nach dem Bericht des Rechtsmediziners mit einem Lächeln aus dem Gerichtssaal führen.
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