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Heute ging es für Stefan B. am Landgericht erst einmal darum, ob er eine 13-Jährige missbraucht und eine 23-Jährige vergewaltigt hat – Beide Fälle sind nicht ganz eindeutig

Von Michael Schmatloch 

Ist sie nun vergewaltigt worden oder war es doch Sex auf mehr oder weniger freiwilliger Basis? Die Frage ist auch nach der Aussage der 23-jährigen Pfaffenhofenerin nicht leicht zu beantworten. Stefan B., der sich derzeit wegen des Missbrauchs und der Ermordung der kleinen Franziska vor dem Landgericht verantworten muss, ist noch mit weiteren Anklagepunkten konfrontiert: dem Missbrauch einer 13-Jährigen und der Vergewaltigung einer 23-Jährigen. Und diese Fälle werden zunächst vor dem Schwurgericht am Landgericht Ingolstadt abgearbeitet, bevor sich die Richter mit dem Fall Franziska beschäftigen.

Es ist schon ein obskures Milieu, in dem sich diese Fälle abgespielt haben. Einer 23-Jährigen, die Stefan B. über das Internetportal pafnet kennengelernt hatte, hat der Angeklagte laut Aussage der Zeugin zunächst 400 Euro geboten, wenn sie sich auf einer Party als dessen Freundin ausgibt. Sie ging auf den Deal ein. Zu der besagten Party kam es zwar nicht. Sie aber hat Stefan B. wie vereinbart in Neuburg besucht, ist ein wenig im Auto mit ihm umhergefahren und hat tatsächlich die vereinbarten 400 Euro bekommen, ohne dass es zu irgendwelchen Übergriffen gekommen wäre.

Zwei Monate später – die 23-jährige Arbeitslose war in finanziellen Schwierigkeiten – hat sie erneut mit Stefan B. Kontakt aufgenommen und wollte sich 2000 Euro von ihm leihen. Er sagte zu, wenn sie im Gegenzug mit ihm schlafen würde. Damit – so die Zeugin heute vor Gericht – war sie einverstanden und fuhr abermals zu ihm nach Neuburg in dessen Obdachlosenunterkunft. Da Stefan B. das Geld indes nicht hatte, wollte sie wieder fahren. Stefan B. habe dann die Tür zugesperrt, ihr die Kleider vom Leib gerissen, sie auf die Matratze geworfen und vergewaltigt. Was nur ein paar Minuten gedauert habe. Alle Gegenwehr sei zwecklos gewesen, erzählte sie heute. Um Hilfe gerufen habe sie nicht, weil sie allein im Haus gewesen seien. Und Anzeige bei der Polizei habe sie auch nicht erstattet, weil sie Angst hatte.

In der Folgezeit habe Stefan B. sie per Internet und „WhatsApp“ terrorisiert. Und sie hat sich sogar – trotz angeblicher Vergewaltigung – noch einmal mit ihm getroffen. Am 14. Februar, dem Tag vor dem Mord an Franziska. Und ist sogar freiwillig in sein Auto gestiegen. Es kam zu erneuten Annäherungsversuchen.

Die Schilderungen der Zeugin werden durch die Aussagen eines ehemaligen Kumpels von Stefan B. etwas untergraben. Der hatte heute nämlich ausgesagt, er sei just an dem Abend der angeblichen Vergewaltigung mit dem Rad zu ihm gefahren und habe die Zeugin bei Stefan B. auch getroffen. Für ihn indes habe es so ausgesehen, als habe da einvernehmlicher Sex stattgefunden. Und es habe danach auch noch einen SMS-Kontakt gegeben, in dem sie ihm seine Liebe beteuert haben soll.

Auch der zweite Fall, der einer 13-Jährigen, die Stefan B. an einem See westlich von Kochheim missbraucht haben soll, ist nicht ganz so klar, wie man es vielleicht erwartet hätte. Denn jene heute 14-Jährige war zur Tatzeit, Anfang Februar 2014, die Freundin eines Bekannten von Stefan B. Über ihn hatte Stefan B. das Mädchen kennengelernt. Und wie zwei Zeugen heute aussagten, habe sich die damals 13-jährige Jessica auch ab und an freiwillig mit ihm getroffen, habe sich sogar vor Zeugen von ihm „abbusseln“ lassen. Ihr Freund – einer der heutigen Zeugen – war damals 17 Jahre alt und hatte wohl laut mehrmaliger Aussagen mit ihr nicht nur ein platonisches Verhältnis und auch schon ein Verfahren am Hals wegen Sex mit Minderjährigen. Deswegen wollte er sich heute auch an nichts erinnern. Was bei dem vermutlich eher überschaubaren Intelligenzquotienten des Zeugen aber auch schlicht intellektuelle Gründe haben könnte.

Jessica war an jenem Tag im Februar 2014, als der angebliche Missbrauch geschah, offenbar freiwillig mit Stefan B. im Auto unterwegs, was ein Zeuge heute bestätigte, der beide im Auto von Stefan B. nahe der Zeller Kreuzung gesehen haben will.

Was dann indes am See genau passiert ist, das können wir leider nicht berichten, da während der Vernehmung der minderjährigen Jessica die Öffentlichkeit im Landgericht ausgeschlossen wurde. Über zwei Stunden ist das Mädchen verhört worden. Von ihren Aussagen ist bislang indes nichts bekannt.

Ihr Freund jedenfalls hatte ausgesagt, dass sie mit Stefan B. auch schon einmal freiwillig Geschlechtsverkehr gehabt haben soll. Aber auch zu diesem Punkt müsste man natürlich die Aussagen des Mädchens kennen.

Ein glatter Durchlauf jedenfalls werden wohl beide Fälle nicht. Denn eine gewisse Freiwilligkeit scheint in beiden Fällen vorhanden. Zumindest haben sich beide Opfer mehr oder weniger naiv in die Situation begeben, in der es dann zur angeblichen Vergewaltigung und zum angeblichen Missbrauch gekommen sein soll. Die 23-Jährige aus Pfaffenhofen ist – wie sie selbst eingesteht – mit dem Vorsatz zu Stefan B. gefahren, sich die 2000 Euro zu „erschlafen“.

Für das Strafmaß dürften indes beide Fälle kaum eine übermäßig wichtige Rolle spielen im Vergleich zu dem, was Stefan B. für den Missbrauch und den Mord an der zwölfjährigen Franziska zu erwarten hat. Allenfalls könnte die Einschätzung dieser anderen Fälle von Bedeutung sein, wenn es um die Frage geht, ob Stefan B. seine Strafe im Gefängnis abzusitzen hat oder ob er die Unterbringung im Hochsicherheitstrakt eines psychiatrischen Bezirkskrankenhauses zu erwarten hat.

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