Am Ingolstädter Landgericht hat soeben der Prozess gegen Stefan B. (27) begonnen, der im vergangenen Jahr die zwölfjährige Franziska im Auto weggebracht, sexuell missbraucht und getötet haben soll – aber es werden ihm weitere Taten vorgeworfen
Zum Prozesstag: Franziskas „Rächer“ nahm heute von seinen Drohungen Abstand
(ty) Unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen und begleitet von größtem Medieninteresse hat heute Vormittag am Ingolstädter Landgericht der Aufsehen erregende Prozess gegen den 27-jährigen Stefan B. begonnen, dem unter anderem vorgeworfen wird, am 15. Februar vergangenen Jahres die zwölfjährige Franziska aus Möckenlohe als Geisel genommen, sexuell missbraucht, und ermordet zu haben. Soeben ist die Anklageschrift verlesen worden, die beklemmend detailliert vor Augen führt, welch schreckliche Taten dem 27-Jährigen zur Last gelegt werden.
Im Folgenden zitieren wir aus der offiziellen Anklageschrift, wie sie im Gerichtssaal verlesen wurde – wer sich die grausamen Details ersparen will, sollte diese Passagen überspringen und erst die letzten vier Absätze wieder lesen.
Am besagten 15. Februar 2014, gegen 17.35 Uhr soll Stefan B. das zwölfjährige Mädchen, auf dem Radweg von Nassenfels kommend in Richtung Möckenlohe, auf einer Bergkuppe im Gemeindebereich Nassenfels unter Androhung von Gewalt – und nachdem er ihr mit seinem Auto den Weg versperrt hatte – gezwungen haben, vom Rad zu steigen. Gegen ihren Willen habe er Franziska dann gewaltsam in sein Auto gebracht – „mit der Absicht, in der Folge und unter der Androhung, sie andernfalls zu töten“, sich sexuell an ihr zu vergehen. Von analem und vaginalem Eindringen mit der Faust ist in der Anklageschrift die Rede.
Zugetragen haben sollen sich die sexuellen Handlungen sowie der Mord am Rathei-Weiher in Neuburg-Zell, „unter Ausnutzung der herbeigeführten schutzlosen Lage“ der Zwölfjährigen und mit Gewalt. Bis gegen 18.50 Uhr soll Stefan B. sich an Franziska vergangen haben, schwere Verletzungen habe sie dabei erlitten. Letztlich soll Stefan B. dann das Mädchen durch Strangulieren und gezielte massive Gewalteinwirkung mit einem Holzscheit gegen Kopf und Hals getötet haben, „um sich einer strafrechtlichen Verfolgung zu entziehen“.
Weitere Vorwürfe
Dem Angeklagten wird aber nicht nur diese grausige Tat vorgeworfen. Bereits im Jahr 2013 soll er eine Frau in Neuburg in sein Zimmer eingesperrt und zum Geschlechtsverkehr aufgefordert haben. Als die dem nicht nachkommen wollte, hat er ihr – laut Anklageschrift – angedroht, ihr weh zu tun. In der Folge soll er ihr trotz Gegenwehr die Kleidung vom Leib gerissen und sie vergewaltigt haben. Danach soll Stefan B. ihr gedroht haben, sie umzubringen, falls sie jemandem davon erzählen würde. Dem Opfer sei es dann gelungen zu flüchten, als ein Besucher an die Tür klopfte und von Stefan B. eingelassen wurde.
In einem weiteren Fall, der Stefan B. zur Last gelegt wird, soll er einem zwölfjährigen Mädchen aus Ehekirchen über Facebook geschrieben haben, ob sie nicht zusammen „ficken“ könnten. Er habe dabei in der Absicht gehandelt, das Kind zur Durchführung der genannten sexuellen Handlung zu bringen, so die Staatsanwaltschaft – und das Alter des Kinds sei ihm bewusst gewesen.
Ein weiterer Fall: Am 5. oder 6. Februar vergangenen Jahres soll Stefan B. mit einer 13-Jährigen in seinem Auto zu einem See westlich von Kochheim (Kreis Neuburg-Schrobenhausen) gefahren sein. Dort soll er dem ihm schutzlos ausgelieferten Mädchen auf dem Beifahrersitz unter die Kleidung an die nackten Brüste gefasst und diese geknetet haben. Anschließend soll er dem Mädchen die Hose ein Stück heruntergezogen und mindestens vier Finger in die Scheide eingeführt haben. Mit der anderen Hand soll er sich selbst befriedigt haben. Zudem soll er versucht haben, seine Faust in den After der 13-Jährigen einzuführen, was nicht gelungen sei. Auch in diesem Fall, so der weitere Vorwurf, sei sich Stefan B. des Alters seines Opfers bewusst gewesen. Erst als ein Passant an die Scheibe des Autos klopfte, habe der Angeklagte vor dem Mädchen abgelassen. Er soll der 13-Jährigen dann gedroht haben, dass ihr und ihrer Familie etwas zustoßen würde, falls sie irgendjemandem davon erzählen oder Anzeige erstatten würde.
In der Folge habe er dieser 13-Jährigen – bis zum Tag, an dem er dann Franziska entführt, missbraucht und umgebracht haben soll – noch mindestens zwei Whatsapp-Nachrichten geschrieben, in denen er ihr vorgeschlagen haben soll, verschiedene sexuelle Handlungen mit ihr zu vollziehen. In der Anklageschrift ist wörtlich die Rede von „ficken“, „blowjobs“ und „lecken“. Am 15. Februar, gegen 17.35 Uhr, soll dann das Martyrium der zwölfjährigen Franziska begonnen haben.
20 Verhandlungstage, 100 Zeugen, 20 Sachverständige
Angesichts der genannten Fälle, die Stefan B. zur Last gelegt werden, wird ihm von der Staatsanwaltschaft Vergewaltigung und Bedrohung in Tatmehrheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in Tatmehrheit mit schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern mit Vergewaltigung und Bedrohung, in Tatmehrheit mit zwei tatmehrheitlichen Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tatmehrheit mit Geiselnahme und schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern mit Vergewaltigung und in Tatmehrheit mit Mord vorgeworfen.
20 Verhandlungstage sieht das Gericht für den bundesweit Aufsehen erregenden Prozess vor, der Stefan B. ab heute gemacht wird. Über 100 Zeugen und knapp 20 Sachverständige werden wohl zu Wort kommen. Die Eltern der getöteten Zwölfjährigen treten in dem Verfahren als Nebenkläger auf. Die weiteren Verhandlungstermine sind: 25. Februar, 2., 3., 9.,11., 23. März, 13., 15., 17., 20., 22., 24., 27., 29. April sowie 11., 15., 19., 26. und 28. Mai.
Der Prozess findet unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Denn Stefan B. waren, wie berichtet, in der Justizvollzugsanstalt Kaisheim von einem 31-jährigen Mitgefangenen 17 Stichverletzungen zugefügt worden – er musste ins Krankenhaus, der Prozessbeginn verschoben werden. Nicht zuletzt durch diesen Übergriff alarmiert, haben Polizei und Landgericht die Vorkehrungen extrem erhöht.
In Ingolstadt gab es bislang keinen Prozess unter derart strengen Sicherheitsauflagen. „Die Erhöhung der Sicherheitsvorkehrungen ergibt sich auf Grund des Übergriffs auf den Angeklagten in der JVA Kaisheim. Es gab aber auch außerhalb der JVA Drohungen gegen den Angeklagten“, erklärte Gerhard Reicherl, Pressesprecher des Landgerichts, im Vorfeld gegenüber unserer Zeitung.
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