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Der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder der Zwölfjährigen aus Möckenlohe, Stefan B.,  läuft weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit 

(ty) Ein öffentliches Verfahren sieht ein wenig anders aus als das aktuelle gegen Stefan B. , den mutmaßlichen Mörder der zwölfjährigen Franziska aus Möckenlohe. In einem für Ingolstadt beispiellosen Verfahren wurden die Presse- und Zuschauerplätze für den Prozess vergeben. Das Interesse war bundesweit enorm.

Doch mehr und mehr wurde und wird der Prozess zu einem nichtöffentlichen. Immer wieder mussten bei Zeugenaussagen die Zuschauer den Gerichtssaal verlassen. Und heute war sogar das nicht für die Ohren und Augen der Öffentlichkeit bestimmt, was der psychologische Gutachter in Sachen Schuldfähigkeit des Angeklagten zu sagen hatte. Und die Plädoyers am kommenden Mittwoch sind – wie sollte es anders sein – ebenfalls nicht öffentlich. Schuld ist der Paragraf 171 b des Gerichtsverfassungsgesetztes.

Und der besagt, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden kann, „soweit Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich eines Prozessbeteiligten, Zeugen oder durch eine rechtswidrige Tat Verletzten zur Sprache kommen, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen verletzen würde, soweit nicht das Interesse an der öffentlichen Erörterung dieser Umstände überwiegt.“

Im Fall Franziska sind das aber nicht etwa die Interessen den Angeklagten Stefan B., dessen Interessen es zu schützen gilt – das betonte Richter Jochen Bösl heute ausdrücklich –, sondern die der minderjährigen Zeugen. Zum Hintergrund: Zusammen mit dem Fall Franziska werden auch frühere Straftaten, die Stefan B. zur Last gelegt werden, mitverhandelt. Und da geht es um den Missbrauch minderjähriger Mädchen. Deren Interessen gilt verständlicher und nachvollziehbarer Weise es zu schützen vor der Öffentlichkeit. Immerhin geht es um die sexuellen Praktiken, die im Bezug auf den Angeklagten zu Sprache kamen und kommen.

Das Interesse der schutzwürdigen Minderjährigen sei, das sagte Jochen Bösl eindeutig, höher zu bewerten als das der Öffentlichkeit. Das ist so sicherlich richtig. Und das versteht auch jeder. In einem Jahrhundertverfahren wie dem Franziska-Prozess jedoch verwundert es schon, dass man der Öffentlichkeit das Recht auf Information auf diese eklatante Weise beschneidet.

Schuld daran ist wohl die Tatsache, dass man die Fälle der minderjährigen Mädchen, die Stefan B. vor der kleinen Franziska missbraucht haben soll, in einem Verfahren mit dem Kindermord verhandelt. Das es da zu Konflikten mit der Öffentlichkeit kommt, das war selbst für Nichtjuristen absehbar.

Wäre diese Zusammenlegung der verschiedenen Fälle in ein Verfahren indes gar nicht erst erfolgt, hätte man diese älteren Vorwürfe gegen Stefan B. vor dem eigentlichen Franziska-Prozess separat verhandelt, dann gäbe es auch die Probleme mit der Öffentlichkeit nicht. Denn bis auf den gemeinsamen Angeklagten haben die Fälle nichts miteinander zu tun, was die Beweisaufnahme betrifft. Natürlich sind sie aufschlussreich und wichtig für die Frage einer späteren Unterbringung des Angeklagten. Aber man hätte sie ungeachtet ökonomischer Gesichtspunkte getrennt verhandeln können. Und dann hätte man die Öffentlichkeit in ihrem Recht auf Information nicht so rigide beschneiden müssen.

Für die Zuschauer und Leser der Artikel über das Verfahren ist es so jedenfalls kaum möglich, sich ein Urteil zu bilden. Wenn sie wie heute eben nicht erfahren, ob der psychologische Gutachter den Angeklagten für schuldfähig oder nicht schuldfähig hält, dann wird es schwer, das Urteil am 11. Mai einordnen zu können. Zumal ja auch die Plädoyers unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten werden. Und wenn schon die Plädoyers nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, dann wäre es nur konsequent, auch die Urteilsbegründung unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu verlesen. Das wäre dann ein in der deutschen Rechtsgeschichte zumindest einmaliger Fall. 

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