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In Pfaffenhofen wird heute die neue Moschee eröffnet – der Tag wird überschattet von Morddrohungen gegen den Ersten und Dritten Bürgermeister. Es gibt eine islamkritische Protest-Aktion und eine Gegen-Demo für Toleranz. Auch die Polizei ist vor Ort.

Update: Bericht über die Demos

(ty) In der Hohenwarter Straße von Pfaffenhofen wird heute die neue Moschee mit angeschlossenem Kulturzentrum der türkisch-islamischen Gemeinde eröffnet. Überschattet wird das Fest von Morddrohungen gegen den Ersten Bürgermeister Thomas Herker (SPD) und den Dritten Bürgermeister Roland Dörfler (Grüne). Nach den beklemmenden E-Mails, die die beiden in den vergangenen Tagen erreicht haben, ermittelt der Staatsschutz der Kripo. Die Drohungen beziehen sich zum Teil konkret auf den heutigen Tag. Die Polizei wird präsent sein. Außerdem gibt es im Umfeld der Moschee zwei Demos: Eine wird von der islamkritischen Kleinpartei „Die Freiheit“ veranstaltet. Die zweite Kundgebung wirbt Toleranz und ein friedliches Miteinander und richtet sich gegen die Protest-Kundgebung – dafür werden heute Vormittag auf dem Pfaffenhofener Wochenmarkt auch eigens gefertigte T-Shirts mit der Aufschrift „Pfaffenhofen ist bunt“ verkauft. 

Dörfler hatte sich unmissverständlich gegen die islam-kritische Kundgebung positioniert, die heute parallel zur Moschee-Eröffnung stattfinden soll. Michael Stürzenberger, dem Bundesvorsitzenden der Kleinpartei "Die Freiheit", die zu der Protest-Aktion aufruft, attestierte Dörfler, er habe "keinen IQ, sondern einen AQ – einen Arschquotienten". Daraufhin bekam Dörfler zahlreiche böse Mails. Der Inhalt reichte von übelsten Beschimpfungen und Beleidigungen („grüner Kinderficker“) bis hin zu Mord- und Hinrichtungs-Drohungen. „Wir wissen, wo du wohnst“, zitierte Dörfler. Oder: „Wir werden dir auflauern und dich ermorden.“ 

Herker hatte angesichts der Drohungen gegen seinen Stellvertreter die Bevölkerung zur regen Teilnahme an der Gegen-Demo aufgerufen, die das Bündnis „Pfaffenhofen gegen Rechts – Bürger für Toleranz“ heute unter dem Motto "Pfaffenhofen ist bunt“ parallel zu der Protest-Kundgebung der Islam-Kritiker abhalten will. Daraufhin wurde auch er mit dem Tode bedroht, nachdem seine E-Mail-Adresse ebenfalls im Internet veröffentlich worden war.

Pfaffenhofens Erster Bürgermeister Thomas Herker (SPD, rechts) und der Dritte Bürgermeister Roland Dörfler (Grüne) haben Morddrohungen erhalten.

Zu dem großen Festakt in und an der Moschee werden neben lokalen und regionalen Vertretern aus Kirchen und Politik unter anderem auch der türkische Konsul, der Religionsattaché des Konsulats sowie Vertreter des Ditib-Dachverbands aus Köln erwartet. Außerdem sind die Leiter von Schulen und Kindergärten geladen, berichtet Recep Bal, der Vorsitzende der türkisch-islamischen Gemeinde. Insgesamt seien 150 Leute geladen; willkommen sei aber ausdrücklich die gesamte Bevölkerung, betont er.

Die Festlichkeiten beginnt um 11 Uhr. Um 13.30 Uhr findet die offizielle Eröffnung mit Ehrengästen und Ansprachen statt, bei der dann auch symbolisch ein Band durchgeschnitten werden soll. Außerdem werden Personen geehrt, die sich moralisch und finanziell um den Bau der Moschee und des Kulturzentrums verdient gemacht haben, so Bal. Anschließend stehen Moscheeführungen mit der Möglichkeit zum gemeinsamen Gebet auf dem Programm. Bal rechnet über den Tag verteilt mit rund 500 Besuchern.

Zeitgleich – nach eigenen Angaben von 12 bis 16 Uhr – ruft „Die Freiheit“ zu einer Protest-Veranstaltung auf. Eigentlich wollte die Kleinpartei einen Standort direkt gegenüber der Moschee beziehen. Das wurde aber abgelehnt, weil man dadurch die Eröffnungsfeier der Moschee beeinträchtigt sah. Versammeln dürfen sich die Teilnehmer der Protest-Kundgebung nun in etwa 150 Metern Entfernung. In Absprache mit den Antragstellern sowie Vertretern von Stadtverwaltung, Landratsamt und Polizei ist laut Dörfler genehmigt worden, dass dort ein Info-Tisch und ein Pavillon aufgestellt werden dürften. Weitere Auflagen: Es darf zu keiner „Dauerbeschallung“ kommen; zwischen den Reden muss es Pausen geben; es darf kein Megafon, aber Lautsprecher-Technik zum Einsatz kommen und die Lautstärke darf einen bestimmten Wert nicht überschreiten. „Sonst wird der Saft abgedreht“, stellte Dörfler klar. 

Die Moschee mit angeschlossenem Kulturzentrum der türkisch-islamischen Gemeinde an der Hohenwarter Straße in Pfaffenhofen wird morgen eröffnet.

„Die Freiheit“ hatte schnell auf Dörflers klare Aussagen reagiert. „Es wäre schön“, heißt es auf der Homepage der Kleinpartei, „wenn möglichst viele Patrioten kömmen würden, damit diesem unwissenden frechen Grünling und den anderen Islam-Verharmlosern gezeigt wird, dass die Bevölkerung anders über die Kolonisierung ihrer Heimat durch eine Eroberungs-Ideologie denkt.“ Man lade „alle demokratisch gesonnenen Patrioten und Islamkritiker ein, zu dieser wichtigen Protestveranstaltung zu kommen“. 

In Pfaffenhofen will man der Kundgebung von „Die Freiheit“ etwas entgegensetzen. Das Bündnis „Pfaffenhofen gegen Rechts – Bürger für Toleranz“ ruft deshalb heute ebenfalls von 12 bis 16 Uhr zu einer angemeldeten Aktion auf. Unter dem Motto „Pfaffenhofen ist bunt“ soll auf dem Gehweg vor der Moschee eine Menschenkette gebildet werden, kündigte die ehemalige Dritte Bürgermeisterin Monika Schratt (Grüne) an.

Für diese Gegen-Demo werden eigens angefertigte T-Shirts mit der Aufschrift „Pfaffenhofen ist bunt“ verkauft. Eigentlich würden die je zwölf Euro kosten, aber Schratt will sie für fünf Euro verkaufen, damit auch viele Leute zugreifen. Den fehlenden Betrag wolle man über Spenden finanzieren. Wer die Aktion unterstützen will, kann auf folgendes Konto einzahlen oder überweisen: B90/Die Grünen KV Pfaffenhofen; Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte; IBAN DE80 7216 0818 0000 0073 58. Die T-Shirts werden heute seit 9.30 Uhr an einem Infostand am Wochenmarkt auf dem Hauptplatz verkauft.

In den jüngsten Droh-Mails an Herker und Dörfler wurde der heutige Samstag als „Tag der Abrechnung“ bezeichnet. „Ihre Gesichter sind bekannt und auch ihre Familien sind nicht vor uns sicher“, heißt es an die Adresse der beiden Bürgermeister. „Am 13. Juni werden wir Sie aufsuchen, dann werden Sie sich rechtfertigen müssen und büßen für Arschkriecherei bei dem Moslemgesindel.“ 

Recep Bal, der Vorsitzende der türkisch-islamischen Gemeinde von Pfaffenhofen, in der neuen Moschee – für ihn "die schönste in Bayern". 

Dörfler und Herker wollen sich von den Todesdrohungen aber nicht einschüchtern lassen. Beide werden heute in der Hohenwarter Straße sein, um sowohl an der „Pfaffenhofen ist bunt“-Demo als auch an der Eröffnung der Moschee teilzunehmen, wie sie gegenüber unserer Zeitung erklärten. „Auf die leichte Schulter nehmen darf man die Drohungen nicht“, sagte Herker. „Aber es wird mich auch nicht beschweren oder von künftigen Meinungsäußerungen abhalten. Auch Dörfler betont: „Ich lasse mich weder einschüchtern noch mundtot machen.“ Sowohl Dörfler als auch Herker wollen auch am Info-Stand auf dem Hauptplatz sein.

Nachdem die NPD gestern ihre für heute angedachte Sonnwendfeier in Niederfeld abgesagt hat, hat die Ingolstädter Bundestagsabgeordnete Eva Bulling-Schröter (Linke) auch die von ihr geplante Gegen-Kundgebung unter dem Motto „Ingolstadt ist bunt“ gestrichen. Sie rief stattdessen dazu auf, sich an der Aktion „Pfaffenhofen ist bunt“ an der Hohenwarter Straße zu beteiligen. „Dörfler und Herker brauchen unsere Unterstützung“, so die Linken-Politikerin.

Dörfler unterstrich indes noch einmal die Bedeutung  des Signals, das heute vom Bündnis „Pfaffenhofen gegen Rechts – Bürger für Toleranz“ ausgesendet werden soll. Die Eröffnung von Moschee und Kulturzentrum käme auch genau zum richtigen Zeitpunkt, sagt er mit Blick auf den nicht abreißenden Zustrom von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Es sei wichtig, dass hier ein weiterer Ort der Integration und des Austauschs entstehe.

Bisherige Berichte zum Thema:

Morddrohungen auch gegen Ersten Bürgermeister

"Ich lasse mich nicht einschüchtern"

Morddrohungen gegen Bürgermeister  


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