Rainhard Fendrich erwies sich gestern Abend im Scheyerner Prielhof als Entertainer in den besten Jahren
Von Markus Wittenzellner
Und schon ist er weg. Unmittelbar nach seinem gestrigen Auftritt im Prielhof bei Scheyern ist Rainhard Fendrich dem Vernehmen nach in sein Auto gestiegen und Richtung Wien gebraust. Keine Zeit für Interviews, angeblich nicht einmal für ein gemeinsames Foto mit dem örtlichen Veranstalter. Der Mann macht einfach nur seinen Job – das allerdings verdammt gut.
Seine 60 Jahre merkt man dem Wiener nicht an. Schlank und fit steht er auf der Bühne. Die Zeit der Exzesse ist definitiv vorbei. Während sein früherer „Austria 3“-Kollege Wolfgang Ambros mittlerweile als verglühender Austro-Pop-Stern gehandelt wird, wirkt Fendrich immer noch wie ein Zentralgestirn der österreichischen Musikszene. Kein Wunder, denn er ist nicht nur ein begnadeter Sänger, dem man seine Musical-Erfahrung anmerkt. Vielmehr erweist sich der bekennende Nestroy-Fan immer noch als famoser Texter. Nie kommt er platt daher oder mit dem erhobenen Zeigefinger. Und nur beim Thema Griechenland kann sich der Österreicher mit etwas plakativer Rhetorik nicht zurückhalten: „Wenn man mal in die Bücher hineingesehen hätte, dann wäre man drauf gekommen: Dass dort überhaupt kein funktionierendes Steuersystem da ist…und den Preis, das wissen wir eh, zahlt jetzt der Steuerzahler.“
Ansonsten sind die Zwischenmoderationen so unterhaltsam wie die Lieder selbst. So zitiert Fendrich seinen Großvater: “Heldentum zeigt sich nicht am Gewinnen einer Schlacht, sondern am Ertragen einer Niederlage.“ Und der Enkel fügt hinzu: „Das ist das typisch österreichische Mantra, mit dem man unsere Fußball-Nationalmannschaft immer wieder aufpeppelt!“ Schallendes Lachen im Prielhof, der mit rund 1500 Besuchern fast ausverkauft ist.
Natürlich ist es dann zu einem Hit nicht weit. „Es lebe der Sport“ spielt Fendrich in einer erfrischend neuen Version. Und dann kommen sie, die weiteren Knaller wie „Macho, Macho“, „Blond“, I am from Austria“ und natürlich das unausweichliche „Weilst a Herz hast wia Bergwerk“. Garniert wird das österreichische Liebeslied par excellence durch ein atemberaubendes Solo von Robby Musenbichler, Fendrichs begnadetem Gitarristen, einem Ausnahme-Musiker, der sich auch als Produzent international einen Namen gemacht hat. Überhaupt ist die Band erstklassig und verhilft Fendrichs Talent vollends zur Geltung.
Bevor es bei den großen Hits das Publikum von den Stühlen reißt, gibt sich Fendrich noch für ein paar Minuten melancholisch und erinnert an den 2007 gestorbenen Georg Danzer, Fendrichs Freund und weiteren „Austria 3“-Kollegen: „Ich möchte sagen, das was er für uns immer ist und immer bleiben wird in unseren Gedanken, in unseren Herzen: der uneingeschränkte König des lyrischen Wiener Chansons.“ Darauf folgt eine ergreifende Version von Danzers Hit „Ruaf mit net an“. Zum Schluss streckt Fendrich die Hände in Richtung Himmel. Großes Pathos, trotzdem wirkt die Geste glaubwürdig.
Überraschenderweise spielt Fendrich an diesem Abend nur wenige Lieder seiner aktuellen CD „Auf den zweiten Blick“ – ein Album mit Neuaufnahmen früherer Songs. Vielmehr greift er in der ersten Konzerthälfte auf das Programm seiner vorletzten CD „Besser wird’s nicht“ zurück. Dem Publikum ist das freilich egal, denn auch in der fast hitfreien ersten Halbzeit zieht der Nebenberufsschauspieler mit einer perfekt ausgeklügelten Dramaturgie durch seine Lieder. Jedes Wort, jeder Witz sitzt. Alles natürlich mit der nötigen Portion Wiener Schmäh. Und so hat Fendrich sein großes Vorbild Peter Alexander wohl längst erreicht – als einer der ganz großen Entertainer im deutschsprachigen Raum.