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Nachdem heute im Pfaffenhofener Kreistag endlich Zahlen auf dem Tisch lagen, wurde klar: Die von CSU und FW angedachte Schulgründung findet offenbar kaum mehr Fürsprecher – zu groß scheint die Gefahr für die Mittelschulen

Von Tobias Zell

Die Fraktionen von CSU und Freien Wählern hatten zu Beginn der Amtsperiode des Pfaffenhofener Kreistags im Rahmen ihrer Kooperation vereinbart, die Errichtung einer Wirtschaftsschule im Landkreis zu prüfen beziehungsweise prüfen zu lassen. Dann wurde es mehr oder weniger still, eine echte Diskussion fand praktisch nicht statt. Jedenfalls gab es keine gemeinsame Debatte von Befürwortern und Gegnern. Was nicht zuletzt daran gelegen haben dürfte, dass Landrat Martin Wolf (CSU) und seine Kreisverwaltung es trotz eines Antrags der SPD über Monate konsequent vermieden, fundierte Zahlen vorzulegen. So war eine vernünftige Auseinandersetzung mit dem Thema freilich fast unmöglich. Heute aber stand es auf der Tagesordnung der Kreistagssitzung in Manching – und heute gab es auch die geforderten Zahlen und Fakten. Mit dem Ergebnis, dass die Idee von der Wirtschaftsschule beerdigt scheint.

Es hatte sich abgezeichnet, dass es vor allem ein gewichtiges Argument gegen diese Schule gibt: Sie könnte bestehende Mittelschulen gefährden. Und das allein klingt schon wie der Todesstoß für das CSU/FW-Gedankenspiel. Vermutlich deshalb, so schien es zumindest heute, will man auf Seiten der Christsozialen angesichts der Faktenlage nun gar nicht mehr so viel wissen von dieser Wirtschaftsschule.

Landrat Wolf warb fast schon für den Vorschlag der Kreisverwaltung, wonach die Idee nicht weiterverfolgt werden soll. „Außer es gibt einen konkreten Antrag“, schob er noch nach. Ob der indes kommt, bleibt abzuwarten. Wenn, dann vermutlich von den Freien Wählern. Deren Fraktionschef Max Hechinger signalisierte zumindest, dass es das aus seiner Sicht noch nicht gewesen ist. Für ihn sei das Thema noch nicht erledigt, sagte er nach der Sitzung auf Anfrage unserer Zeitung.

Überhaupt war Hechinger in der bisherigen Wahrnehmung der einzige, der sich fast unermüdlich für eine Wirtschaftsschule ausgesprochen hat. Die CSU hatte erst kürzlich betont wissen wollen, dass sie die Idee ausdrücklich geprüft wissen wolle – ergebnisoffen. Und die übrigens Fraktionen hatten sich bereits mehr oder minder laut und deutlich gegen eine Wirtschaftsschule positioniert.

Hechinger jedenfalls betont gern und oft, dass aktuell rund 230 Schüler aus dem Landkreis pendeln, um eine Wirtschaftsschule besuchen zu können, weil es im Landkreis keine gibt – daran macht er den Bedarf einer solchen Einrichtung vor Ort fest. Er sieht den Landkreis nämlich in der Pflicht, seinen Schülern die ganze Bandbreite der Schullandschaft zu bieten. Man sollte sich um die bemühen, die wegen einer Wirtschaftsschule auspendeln, fordert er. „Alle Schüler im Landkreis sollten eine staatliche und nicht kostenpflichtige Wirtschaftsschule besuchen können.“ Hechinger versteht da auch die Gemeinde Rohrbach nicht, denn aus seiner Sicht wäre eine Wirtschaftsschule dort doch gerade die Chance, den Schulstandort zu sichern.

Auch sein Fraktionskollege Albert Gürtner (FW) warb für eine Wirtschaftsschule: Die Betrachtung, dass sie auf Kosten der Mittelschulen gehe, sei zu einseitig, befand er. Die 230 Auspendler würden doch zeigen, dass das Angebot einer Wirtschaftsschule von jungen Leuten aus dem Kreis Pfaffenhofen nachgefragt würde. Der Landkreis wolle doch Bildungsregion sein – ein Nein zur Wirtschaftsschule wäre für ihn diesbezüglich aber ein „Armutszeugnis“.

Mit Hechinger und Gürtner sind aber die heutigen Wortmeldungen pro Wirtschaftsschule auch schon aufgezählt. Auch der Vorschlag der Kreisverwaltung fiel überraschend eindeutig aus. Fachlich sei eine Wirtschaftsschule nicht zwingend erforderlich, hieß es da. So könne der mittlere Bildungsabschluss zum Beispiel auch im Rahmen des M–Zweigs der Mittelschule erreicht werden. Dieser biete auch die Fachrichtung Wirtschaft an. Ferner sei es möglich, den mittleren Abschluss über die Berufsschule zu erreichen.

Außerdem solle die ortsnahe Beschulung nicht gefährdet werden. Vielmehr sollen die Mittelschulen weiter konsolidiert und gefördert werden. Und die Errichtung einer Wirtschaftsschule – zum Beispiel in Rohrbach – bedinge spätestens im zweiten Betriebsjahr einen Neubau von Klassen-, Fach- und Nebenräumen. Gleichzeitig stünden dann aber in anderen Orten Klassenzimmer in Mittelschulen leer. Eine solche Entwicklung wolle man vermeiden.

Josef Steinberger, Vize-Chef des Pfaffenhofener Schulamts und AUL-Kreisrat.

Aus fachlicher Sicht setzte Josef Steinberger noch eins drauf. Er sprach heute nicht als AUL-Kreisrat, sondern als stellvertretender Leiter des Pfaffenhofener Schulamts. Und seine Ausführungen waren unmissverständlich. Eine Wirtschaftsschule würde den aus demografischen Gründen ohnehin erwarteten Rückgang der Schülerzahlen in den M- und Regelklassen verstärken, könnte damit den Bestand von Regelklassen gefährden und sogar das Aus für den ganzen Schulverbund Paartal bedeuten. Denn die Zugangsvoraussetzungen für die Wirtschaftsschule seien identisch mit denen für die M-Klassen der Mittelschulen. Und außerdem gelte: Je näher die Wirtschaftsschule liege, desto wahrscheinlicher sei auch ein Wechsel dorthin.  

Karl Straub (CSU) verteidigte den Prüf-Auftrag von CSU und FW. Es sei legitim, den Gedanken einer Wirtschaftsschule im Auge zu haben. Doch seine Fraktion beurteile die Situation ebenso wie die Kreisverwaltung. Das oberste Ziel müssten die Stärkung und der Erhalt der Mittelschulen sein, so der Landtagsabgeordnete.

SPD-Fraktionschef Martin Schmid, der Bürgermeister von Vohburg, erinnerte daran, dass die Sozialdemokraten vor einem Jahr einen Antrag gestellt hatten, in dem sie detaillierte Daten forderten, um überhaupt über eine Wirtschaftsschule diskutieren und entscheiden zu können. Wie gesagt, waren weder die Kreisverwaltung noch Landrat Wolf, diesem Antrag nachzukommen. Nun aber lägen endlich verlässliche Zahlen und Fakten auf dem Tisch, betonte Schmid. Und mit Blick auf diese Zahlen appellierte er an die Einsicht von Hechinger & Co.

Markus Käser (SPD) bezeichnete es als soziale Ungleichheit, wenn wegen der Gründung einer Wirtschaftsschule ein Ort im Landkreis seine Mittelschule verlieren würde. Außerdem sei dahingestellt, ob man die von den Freien Wählern ins Feld geführten Auspendler überhaupt für eine Wirtschaftsschule im Landkreis gewinnen könne.

Kerstin Schnapp (Grüne) appellierte, man möge die Energie besser in die Werbung für die Mittelschulen und deren Stärkung stecken, anstatt eine Wirtschaftsschule zu bauen und damit Mittelschulen zu gefährden. Noch deutlicher wurde Michael Franken (AUL), der Bürgermeister von Reichertshofen: „Eine Wirtschaftsschule in Rohrbach ist absolut abzulehnen“, sagte er. Wer nur mit 230 Auspendlern argumentiere, mache es sich zu einfach.

Ein Beschluss zum Thema wurde heute nicht gefasst.

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