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Wirbel nach Faschingszug in Reichertshausen: JU wirft SPD-Politiker Florian Simbeck vor, er wollte sich mit seiner öffentlichen Kritik profilieren und sei als Kreisrat "unfähig, Probleme vor Ort zu lösen". Der wehrt sich und nimmt die Veranstalter in der Pflicht. Außerdem solle die JU sich "endlich einmal klar gegen Fremdenfeindlichkeit" stellen.  Derweil ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Volksverhetzung. 

Update: "So etwas darf nie wieder passieren"

Von Tobias Zell

Dass beim gestrigen Faschingszug des OCV Steinkirchen ein im Stile eines Wehrmachts-Panzer gebauter Wagen mit der Aufschrift „Ilmtaler Asylabwehr“ und „Asylpaket III“ mit durch die Gemeinde Reichertshausen rollte, sorgt inzwischen bundesweit für Schlagzeilen. Wie ein Lauffeuer verbreiteten sich Fotos in den sozialen Medien, die Empörung war und ist groß. Heute wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Ingolstadt bereits ein Ermittlungsfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung eingeleitet hat. Im Landkreis Pfaffenhofen wird der Fall derweil auch zum Politikum.

Denn der hiesige JU-Kreisverband wirft dem in Reichertshausen lebenden SPD-Kreisrat Florian Simbeck, der Bilder von dem Panzer sowie einen verurteilenden Kommentar auf Facebook veröffentlich hatte, nun vor, er wolle sich auf Kosten Ehrenamtlicher profilieren und sei „unfähig, als Kreisrat Probleme vor Ort zu lösen“. Simbeck weist die Kritik entschieden zurück und kontert: Es sei „sehr interessant, wie die JU die Verantwortung für ein Problem bei einem außenstehenden Beobachter zu verorten versucht, anstatt sich endlich einmal klar selbstständig und aufrecht gegen Fremdenfeindlichkeit zu stellen“. 

Die Junge Union greift Simbeck in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung scharf an. „Anstatt von draußen Fotos zu machen, hätte er auch die Möglichkeit in Betracht ziehen können, mit dem Veranstalter zu sprechen“, meinen JU-Kreischef Christian Moser und JU-Geschäftsführer Fabian Flössler – beide sind auch Geschäftsführer des CSU-Kreisverbands. „Als Kreisrat sollte man – vor allem auch vor dem Hintergrund, dass Simbeck in Reichertshausen wohnt – durchaus versuchen, Schaden von seiner Gemeinde als auch von den ehrenamtlich Tätigen des OCV abzuwenden“, moniert die JU.

Vorwürfe an Simbeck: Fabian Flössler (links) und Christian Moser.

Simbeck zeigt sich dagegen „erstaunt, wie sich Flössler und Moser die akute Situation im Nachhinein zurechtlegen wollen“. Ganz praktisch fragt er: „Ich soll während des laufenden Umzugs, der gerade durch meine Gemeinde fährt, den Veranstalter ausfindig machen und mit ihm ein klärendes Gespräch suchen?“ Der Panzer gehe „einzig und allein auf die Kappe der Erbauer und kann auch nicht im Nachhinein in den Verantwortungsbereich eines Beobachters verschoben werden, der dies lediglich dokumentiert“, so der SPD-Politiker. Es sei „sehr interessant, wie die JU die Verantwortung für ein Problem direkt in ihrer ersten Presse-Verlautbarung bei einem außenstehenden Beobachter zu verorten versucht, anstatt sich endlich einmal klar selbstständig und aufrecht gegen Fremdenfeindlichkeit zu stellen“. 

"An der Grenze des guten Geschmacks, vielleicht darüber hinaus" 

Zur Einordnung der JU-Kritik sollte man wissen, dass die Pfaffenhofener Polizei gestern vor Ort war, aber keinen Anlass sah, den Panzer aus dem Verkehr zu ziehen. Die Beamten wiesen nach Angaben eines Polizeisprechers auf das Konflikt-Potenzial hin, machten Fotos und gaben diese an die Staatsanwaltschaft weiter – die hat inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung eingeleitet. Die Kripo ermittelt. Außerdem muss man wissen, dass weder die Verantwortlichen des OCV Steinkirchen noch der Leiter des Faschingszugs, Gemeinderat Konrad Moll (UWG), eine Notwendigkeit sahen, den Panzer vom Umzug auszuschließen. Wie Moll bestätigte, gab es für den umstrittenen Wagen sogar – wie für alle anderen auch – einen Zuschuss von der Gemeinde, der seinen Worten zufolge gestern vor Ort ausbezahlt wurde. 

Zurück zur Jungen Union: Die Inszenierung des Panzers sei „sicherlich diskutabel und an der Grenze des guten Geschmacks, vielleicht sogar darüber hinaus“, erklären Moser und Flössler. Sie stellen klar: Sollte damit gar Toleranz gegenüber Gewalt gegen Asylbewerber suggeriert werden, sei dies „absolut abzulehnen“.

„Ich freue mich, dass auch die JU erkennt, dass der Panzer sich weit jenseits der Grenze des guten Geschmacks bewegt und dass auch sie einen Panzer als probates Abwehrmittel gegen Flüchtlinge nicht billigen“, entgegnet Simbeck. „Mir jedoch die Verantwortung für die mittlerweile europaweite Entrüstungswelle zu geben, weise ich strikt von mir.“ Auch die Anzeige wegen Volksverhetzung stamme nicht von ihm, betont der SPD-Politiker. 

Simbeck sollte sich „seiner Verantwortung als Kreisrat bewusst sein“, mahnen derweil Moser und Flössler. Ihrer Ansicht nach hätte es „die Möglichkeit gegeben, mit dem Veranstalter zu sprechen, um die leidige Geschichte problemfrei zu lösen“. Das Problem sehen die beiden vor allen Dingen darin, „dass nun Reichertshausen, der Landkreis Pfaffenhofen als auch der OCV überregional derart negativ in Erscheinung treten – überall mit dem Foto, das Simbeck aufgenommen hat“. Die JU meint, Simbeck wollte sich profilieren.

"Lag in der Verantwortung des Veranstalters" 

„Dass diese Fotos eine derart große Welle erzeugt haben, was ich ehrlich gesagt unterschätzt hatte, liegt nicht an einem von Flössler und Moser daherfabulierten Geltungsdrang meinerseits, entgegnet Simbeck. Außerdem betont er: „Es lag in der Verantwortung des Veranstalters, der den Wagen so freigegeben hatte und die Burschen damit ins Licht der Öffentlichkeit fahren ließ.“ 

Moser und Flössler gehen aber noch weiter: „Es liegt leider schon fast nahe, dass hier versucht wurde, wieder einmal eigene PR zu bekommen, anstatt vernünftig mit heiklen Lagen umzugehen“, kritisieren sie den SPD-Politiker. Er habe den Respekt gegenüber den ehrenamtlich Tätigen des OCV, die Jahr für Jahr viel Mühe und harte Arbeit in die Organisation und Durchführung des Umzugs stecken würden, vermissen lassen. „Wie soll man denn weiterhin darauf setzen, dass sich Ehrenamtliche bei derartigen Veranstaltungen intensiv einsetzen?“, fragen sich die beiden JU-Politiker. 

SPD-Kreisrat Florian Simbeck.

Und sie appellieren, dass künftig „vernünftiger und lösungsorientiert“ vorgegangen werden sollte: „Wir sind uns sicher, man hätte durch Kommunikation das Problem aus der Welt schaffen können, ohne den OCV quer durch die Gazetten der Bundesrepublik jagen zu lassen“, so Moser und Flössler. „Schließlich soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass sogar Asylbewerber beim Umzug mitgingen, was sicherlich auch den Integrationswillen und die Mitmenschlichkeit der überwiegenden Mehrheit der Besucher und Mitgänger widerspiegelt.“ Davon höre man leider aufgrund der Empörungswelle nichts. Fakt ist: Unter anderem unsere Zeitung hat berichtet, dass die Veranstalter darauf hingewiesen haben, dass auch Asylbewerber an dem Faschingsumzug teilnahmen. 

Simbeck: Wie hat man den Flüchtlingen den Panzer erklärt?

Die Tatsache, dass auch Flüchtlinge bei dem schlagzeilenträchtigen Umzug dabei waren, taugt aus der Sicht von Simbeck zur Relativierung nicht. Im Gegenteil: „Das macht den Panzer noch geschmackloser“, findet er und fragt: „Wie hat man denn den Flüchtlingen erklärt, was dieser Panzer bedeutet?“ 

Moser und Flössler finden derweil erstaunlich, „dass sich Käser und Simbeck ja geradezu darum streiten, wer nun mehr empört sein soll“. Man könne angesichts dessen „nur hoffen, dass es zwischen den beiden nicht zu einer Kampfkandidatur um das Amt des Bundesbetroffenheitsministers kommt, sollte Claudia Roth einmal abtreten“, schreiben die beiden am Ende ihres Statements – und wollen diese Schlussbemerkung „augenzwinkernd“ verstanden wissen.

Hier lesen Sie, was der Bürgermeister von Reichertshausen, Reinhard Heinrich (CSU), zu dem Vorfall sagt: "So etwas darf nie wieder passieren"

Bisherige Beiträge zum Thema:

"Asylabwehr"-Panzer ist ein Fall für den Staatsanwalt

"Asylabwehr"-Panzer sorgt für Empörung nach Faschingszug


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