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Laut aktuellen Daten haben 17 der 19 Gemeinden zum Teil gehörigen Nachholbedarf – und der Druck nimmt zu. Denn die Planungen gehen inzwischen bereits in Richtung drei Prozent der Bevölkerung. Erster Unmut macht sich unter den Bürgermeistern breit, weshalb der Landrat an die Solidarität appelliert

Update: "Dann beschlagnahmen wir öffentliches Eigentum"

Von Tobias Zell

Die Schaffung von weiteren Plätzen zur Unterbringung von Asylbewerbern schreitet im Landkreis Pfaffenhofen nur sehr schleppend voran. Das geht aus einer aktuellen Aufstellung des Landratsamts hervor. Landrat Martin Wolf (CSU) hat sich deshalb jetzt durchaus besorgt an die Bürgermeister gewandt. Man kann sagen: Er schlägt Alarm. Wolf bittet darum, die Situation in den Gemeinden zu besprechen – und ruft zugleich die Drei-Prozent-Marke als neues Planungsziel aus. Dabei sind viele noch meilenweit von der längst vereinbarten Zwei-Prozent-Quote entfernt.

„Für unseren Landkreis ist in dieser angespannten Situation wichtig, dass die bisher gelebte Solidarität der Gemeinden nicht zu Bruch geht“, mahnt Wolf in einer E-Mail an die Bürgermeister, die unserer Zeitung vorliegt. „Dies bedeutet, dass jede Gemeinde konsequent anteilig den gleichen Beitrag zur Unterbringung leistet wie die andere.“

Unmut unter den Bürgermeistern

Aus der aktuellen Tabelle der Kreisbehörde geht nicht nur hervor, wer besonders in der Pflicht steht. Laut Wolf ist derzeit ferner zu erkennen, „dass Gemeinden immer weniger bereit sind, die Anteile des anderen zu tragen“. Nach Informationen unserer Zeitung macht sich auch bereits Unmut unter den Bürgermeistern breit. Der Druck auf die Gemeinden, die ihrer Verpflichtung zur Schaffung von Plätzen für Asylbewerber bisher noch kaum nachgekommen sind, wächst jedenfalls. Der eine oder andere Rathauschef hat das auch bereits durchblicken lassen. 

Wie mehrfach berichtet, haben sich die 19 Landkreis-Gemeinden im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung bereite erklärt, jeweils zwei Prozent ihrer Einwohnerzahl an Flüchtlingen aufzunehmen sowie dafür die notwendigen Gebäude zu akquirieren oder notfalls selbst zu errichten. Seit dieser Übereinkunft ist allerdings in einigen Kommunen noch nicht viel Greifbares passiert. Im Klartext: Beinahe alle Gemeinden haben Nachholbedarf. 

Ernüchternde Zahlen

Stand heute erfüllen der Aufstellung des Landratsamts zufolge überhaupt erst zwei der 19 Kommunen die Zwei-Prozent-Quote: Geisenfeld und Vohburg. Bei allen anderen fehlt es zum Teil noch gewaltig. So hat zum Beispiel Gerolsbach erst acht Flüchtlinge aufgenommen, die Quote sähe aber 68 vor. Auch Ilmmünster (Ist: 7, Soll: 42), Hettenshausen (6/42) Pörnbach (10/42), Rohrbach (14/117), Scheyern (14/98) oder Jetzendorf (19/59) hinken gewaltig hinterher. Ganz zu Schweigen von Reichertshausen, wo derzeit ein Flüchtling lebt, aber 100 aufzunehmen wären. 

Einige Gemeinden stehen zwar rein prozentual gesehen besser da, haben aber ebenfalls noch viel zu tun: Zum Beispiel Baar-Ebenhausen (Ist: 84, Soll: 103), Hohenwart (48/91), Manching (128/242), Münchmünster (32/59) oder Schweitenkirchen (58/102).

Neben Geisenfeld (Ist: 290, Soll: 214) und Vohburg (172/159), die ihr Soll als einzige Gemeinden bereits erfüllt haben, sind Ernsgaden (31/32), Reichertshofen (142/158) und Wolnzach (182/225) auf dem Weg dorthin.

Selbst alle konkret geplanten Projekte reichen nicht

Die Kreisstadt hat aktuell 382 Flüchtlinge untergebracht, gefordert wären laut der Selbstverpflichtung aber 498, weshalb die Quote hier derzeit erst bei 1,54 Prozent liegt. Die Belegung der im Rahmen des Notfallplans eingerichteten Unterkunft auf dem Gelände der Trabrennbahn, wo bis zu 300 Personen untergebracht werden können, wird der Stadt nur zu 50 Prozent auf ihre Quote angerechnet. Allerdings behandelt der Bauausschuss, wie berichtet, am Donnerstag ein Vorhaben, wonach in einer Firmenhalle im Gewerbegebiet am Kuglhof bis zu 112 Asylbewerber  untergebracht werden könnten. 

Auch in einigen anderen Kommunen sind bekanntlich konkrete Projekte in Planung beziehungsweise bereits vor der Umsetzung. Wie kürzlich berichtet, könnte die Gemeinde Hohenwart zum Beispiel in zwei leerstehenden Gebäuden in Weichenried bis zu 40 Personen sowie in einem ehemaligen Firmengebäude im Kernort etwa 30 Leute unterbringen. Reichertshausen hat zwei Vorhaben in der Pipeline: Auf dem Skaterplatz vor den Toren des Hauptortes sollen bekanntlich Container für 36 Personen aufgestellt werden, in Steinkirchen könnten weitere 38 Flüchtlinge unterkommen. 

Aktuelle Situation in Sachen Asylbewerber-Unterbringung im Landkreis. Zur Erklärung: Die Flüchtlingen auf dem Pfaffenhofener Trabrennbahn-Gelände werden der Stadt zu 50 Prozent angerechnet. Die Abkürzung "umF" steht für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Doch ein Blick auf die aktuellen Daten ist ernüchternd. Selbst nach der Umsetzung aller laut Landratsamt derzeit konkret ins Auge gefassten oder bereits angepackten Vorhaben werden demnach lediglich sechs der 19 Gemeinden ihr Soll erfüllt haben: Geisenfeld, Hohenwart, Ilmmünster, Pfaffenhofen, Schweitenkirchen und Vohburg. Wobei sich von den übrigen Ernsgaden noch am leichtesten tut, die Quote zu erreichen –  hier fehlt genau ein Platz. 

Anders gesagt: Auf den gesamten Landkreis gesehen bedeuten zwei Prozent die Schaffung von 2450 Plätzen – Stand heute gibt es 1639, das entspricht gerade einmal 1,34 Prozent der Einwohnerzahl. Momentan sind in zehn Gemeinden insgesamt 554 Plätze in Planung. Doch das reicht nicht, um die Zwei-Prozent-Quote für den Kreis zu erfüllen – man käme lediglich auf 1,79 Prozent.

Einige Gemeinden besonders in der Pflicht

Problematisch dürfte es für die Gemeinden werden, die noch weit von der Erfüllung ihrer Quote entfernt sind und zudem noch keine konkreten Pläne haben. Das sind laut der Aufstellung aus der Kreisbehörde vor allem Gerolsbach und Hettenshausen, sowie Manching, Münchsmünster und Pörnbach. 

Nicht berücksichtigt ist bei diesen Daten der Familiennachzug, der die Gemeinden möglicherweise vor zusätzliche Herausforderungen stellt. Angesichts dieser Gesamt-Umstände sorgt sich Landrat Wolf: „Schlimmstenfalls geraten die Gemeinden in eine gegenseitige Konfrontation und der Landkreis kann seine Rolle als Mittler nicht mehr erfüllen“, schreibt er an die Bürgermeister. Flüchtlingsbusse zurückschicken oder umzuleiten sei jedenfalls – wie kürzlich erlebt – keine Lösung, so Wolf. 

Wolf proklamiert die Drei-Prozent-Planung

„In dieser Krisensituation muss die Politik im Landkreis ihren Führungsauftrag beherzt wahrnehmen. Alles andere sorgt für weitere Verunsicherung der Bevölkerung und ist kontraproduktiv“, betont der Kreischef. Er bittet die Bürgermeister nun, die Situation in ihren Stadt- und Gemeinderäten zu besprechen, und legt die Messlatte zugleich deutlich höher: „Da für die Inbetriebnahme von Unterkünften erfahrungsgemäß längere Zeit benötigt wird, halte ich ab sofort eine gemeindliche Planung von Unterbringungsplätzen auf zwei bis drei Prozent der Gemeindebevölkerung für geboten.“ 

Das alles dürfte auch heute Nachmittag thematisiert werden, wenn ab 15 Uhr der Kreistag im Casino der Pfaffenhofener Sparkasse zu einer öffentlichen Sitzung zusammentritt. Tagesordnungspunkt 4 lautet recht unscheinbar „Situationsbericht Asyl“ – birgt aber jede Menge Diskussionsstoff. Lesen Sie zur inzwischen stattgefunden Sitzung: "Dann beschlagnahmen wir öffentliches Eigentum"

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