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Hettenshausen: Anwohner halten geplanten Standort der Flüchtlings-Unterkunft direkt neben der Bundesstraße für unzumutbar und kritisieren die Informationspolitik – Bürgermeister und Landratsamt erklären: Andere Grundstücke seien nicht in Frage gekommen – Container-Anlage bekommt Lärmschutz, Anlieger fordern nun gleiches Recht für sich

Von Tobias Zell 

Auf einer Wiese direkt an der B13 sollen in Hettenshausen zahlreiche Container aufgestellt werden, um 40 Flüchtlinge unterzubringen. Bürgermeister Hans Wojta (UWG) ist froh, dass seine Kommune damit nun auch ihr Soll erfüllen und zwei Prozent seiner Einwohnerzahl an Flüchtlingen aufnehmen kann – darauf hatten sich die Bürgermeister aller 19 Gemeinden im Landkreis Pfaffenhofen bekanntlich verständigt. Die Begeisterung bei den Anwohnern über das, was Wojta, der Gemeinderat und das Landratsamt sich da überlegt haben, bewegt sich derweil nicht nur in engen Grenzen – die Anlieger halten überhaupt nichts von dem Vorhaben und wehren sich gegen die Pläne. Aus verschiedenen Gründen, wie sie im Gespräch mit unserer Zeitung ausführen.

Das besagte Areal an der Bundesstraße hat nach Angaben der Kreisbehörde, die für die Unterbringung von Asylbewerbern zuständig ist, eine Fläche von rund 2500 Quadratmetern. Es handelt sich um den vorderen Teil eines größeren Privat-Grundstücks vor den Toren des Kernorts. Gepachtet wird das Areal vom Freistaat Bayern, abgewickelt wird das Ganze vom Landratsamt in seiner Funktion als staatliche Behörde. „Der Pachtvertrag wird für drei Jahre geschlossen und hat eine Verlängerungsoption“, erklärte ein Sprecher des Landratsamts auf Anfrage. Seinen Worten zufolge sollen hier 20 Wohncontainer für 40 insgesamt Personen aufgestellt werden; plus weitere Container als Aufenthaltsräume, zum Kochen und Waschen sowie für sanitäre Anlagen. 

Anlieger: Flüchtlinge nicht am Ortsrand an der Bundesstraße abschieben 

Dass die geplante Asyl-Unterkunft direkt an der viel befahrenen B 13 liegt, halten die Anwohner schlicht für „unzumutbar“. Dieser Standort sei viel zu gefährlich, heißt es in einem von gut 30 Leuten unterzeichneten Antrag an die Gemeindeverwaltung, in dem die erneute Prüfung des Areals als Standort gefordert worden war. „Flüchtlinge sollen in die Gemeinde integriert und nicht am Ortsrand an der Bundesstraße abgeschoben werden“, steht in dem Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt.

Nach Meinung der Anwohner sollte ein Grundstück gefunden werden, das ruhiger gelegen ist und sich näher am Ortskern befindet. Dann könnten, so findet man, die Flüchtlinge auch besser am Dorf- und Vereinsleben teilnehmen sowie schneller integriert werden. Dort draußen an der B13, so die Argumentation, fehle nicht nur die Anbindung zum Dorf. Auch die nächste Bushaltestelle liege recht weit entfernt – nämlich an der Kirche in Hettenshausen. 

So in etwa wird die Container-Anlage aussehen: Oben der Geh- und Radweg, darüber die B13. Grün die Erdwälle, die aus dem vorhandenen Humus errichtet werden sollen. Gelblich die Container, die einen geschützten Innenhof bilden.

Über mögliche andere Standorte haben sich die Anwohner bereits konkrete Gedanken gemacht. Der Bürgermeister kennt die vorgeschlagenen Alternativen, die seiner Meinung nach aber aus verschiedenen Gründen nicht in Frage kommen. Das im Gemeindebesitz befindliche Grundstück hinterm Friedhof wäre laut Wojta zum Beispiel zwar groß genug, sei aber überhaupt nicht erschlossen – weder gebe es da eine Straße, noch sei eine Wasserversorgung und Abwasserentsorgung gegeben.

Auch das im kommunalen Besitz stehende Strobl-Anwesen, direkt im Ortszentrum, würde sich nach Ansicht von Wojta höchstens theoretisch eignen. „Das ist das einzige Gebäude, in dem bei uns gemeindliche und soziale Veranstaltungen stattfinden können“, sagt der Bürgermeister und verweist etwa auf den Kirchenchor, Seniorentreffen oder Termine für Kommunionkinder. Außerdem wolle man ja versuchen, im Rahmen der Städtebauförderung auf dem Areal ein Bürgerheim zu errichten. Eine Belegung mit Flüchtlingen würde diese Entwicklung möglicherweise blockieren. Doch selbst wenn man das Strobl-Anwesen als Asyl-Unterkunft nutzen wollte, müsste man es erst einmal – auf Kosten der Gemeinde – entsprechend umbauen. Das würde wiederum dauern und deshalb eine Übergangslösung nötig machen. Die B13-Anwohner finden dagegen, man könnte zumindest einige Container auf dem Strobl-Gelände aufstellen. 

Bürgermeister Wojta: Geht nicht anders 

Bei einem Info-Abend Anfang März, zu dem neben den besorgten Anwohnern der geplanten Container-Unterkunft auch der Landrat gekommen war, habe es zirka 90 Minuten lang „rege Diskussionen“ gegeben, berichtet Wojta. Die Anlieger brachten ihre Argumente, Sorgen und Alternativ-Vorschläge vor. Ein für sie zufriedenstellendes Ergebnis gab es nicht. Denn an den Plänen zur Container-Anlage neben der B 13 soll festgehalten werden.

„Wir hätten auch gerne die Unterbringung von Flüchtlingen in kleineren Einheiten und ohne Container“, sagt Wojta. „Aber es geht halt nicht anders. Wir haben keine anderen Möglichkeiten“, versichert er. Deshalb sei man dankbar, einen Teil der Wiese an der Bundesstraße angeboten bekommen zu haben. 

Die Anlieger des Areals beklagen indes die Informationspolitik. Sie haben nach eigenen Worten erst aus den Medien erfahren, dass hier Container aufgestellt werden sollen. Bürgermeister Wojta bittet diesbezüglich um Verständnis. Man könne nicht vorab sämtliche Anwohner aller möglichen Grundstücke informieren, die eventuell in Frage kommen. Außerdem habe das Landratsamt den Plan für die Wiese an der B13 auch erst eine Woche vor der Gemeinderat-Sitzung eingereicht, in der das Ratsgremium dann grünes Licht für die Container-Anlage gab. 

Lärmschutzwall für Flüchtlinge – Anwohner beantragen selbiges 

Nach dem aktuellen Zeitplan ist von Seiten des Landratsamts vorgesehen, dass die Container-Anlage voraussichtlich Mitte des Jahres – angepeilt wird Juni – fertig gestellt ist. Das Bauantragsverfahren laufe, sagte ein Sprecher auf Anfrage unserer Zeitung. „Das Gelände wird befestigt und es wird aus Lärmschutzgründen ein Erdwall zur B 13 hin aufgeschüttet. Die Anwohner, die zum Teil schon seit vielen Jahren an der stark befahrenen B 13 wohnen, nehmen mit Verwunderung zur Kenntnis, dass da auf der anderen Straßenseite ein Lärmschutz errichtet werden soll.

Denn die Hiesigen hätten freilich auch gerne einen Lärmschutzwall. Nicht zuletzt deshalb, da sie befürchten, dass es sonst durch den einseitigen Lärmschutz auf der anderen Straßenseite bei ihnen noch lauter wird, weil die Schallwellen sozusagen zurückprallen. Einen entsprechenden Antrag haben sie bereits ans Rathaus geschickt. Das bestätigt der Bürgermeister. Er habe auch schon reagiert, sagt Wojta, und das Staatliche Bauamt angeschrieben, um in Erfahrung zu bringen, ob diesbezüglich etwas geplant sei – oder ob die Gemeinde hier von sich aus etwas in Sachen Lärmschutz für die Anlieger tun könne. Er hoffe, demnächst eine Antwort zu erhalten, so Wojta.

Was in Ernsgaden (Archivfoto) schon Realität ist, soll nun auch in Hettenshausen kommen: Container für Flüchtlinge.

Ein Sprecher des Landratsamts erklärt derweil den fachlichen Hintergrund der Lärmschutz-Maßnahme für die Flüchtlinge. Auf der besagten Wiese, wo die Container aufgestellt werden sollen, werde „eine Veränderung am Grundstück zu Wohnzwecken“ durchgeführt. „Diese Veränderung macht einen Lärmschutz erforderlich.“ Auf der anderen Straßenseite befinde sich zwar auch eine Wohnbebauung. Diese habe aber „Bestandsschutz“. Will sagen: „Soweit an den Grundstücken beziehungsweise an der Straße keine wesentlichen Veränderungen vorgenommen werden, wird dort auch keine Lärmschutzmaßnahme ausgelöst.“

In ihrer Skepsis machen sich die Anlieger in diesen Tagen viele Gedanken über die geplante Container-Anlage. Sie befürchten gar, dass die Wiese ein Überschwemmungsgebiet sein könnte. Nein, sagt Wojta, das habe man geprüft. Allgemeiner äußert man sich dazu beim Landratsamt: „Im Rahmen der Baugenehmigung wird geprüft, ob die (mobile) Container-Anlage eventuell durch eine Überschwemmung von der Ilm her gefährdet wäre.“

"Die anderen Angebote kamen nicht in Frage" 

Die Nachbarn des avisierten Container-Dorfs bleiben jedenfalls bei ihrer Sichtweise: Das Grundstück an der B 13 ist „doch für Flüchtlinge unzumutbar“. Sie zählen weitere aus ihrer Sicht mögliche Alternativ-Standorte auf. Unter anderem ein Haus am Ilmweg. Ja, das habe sie vor einigen Wochen dem Landkreis als Asyl-Unterkunft angeboten, bestätigte die Eigentümerin telefonisch unserer Zeitung. Doch das Gebäude, Baujahr 1964, sei für das Landratsamt nicht in Frage gekommen, weil es – berichtet sie – keine Zentralheizung und alte Fenster habe, möglicherweise zu feucht sei und auch über keine vollständige Küche verfüge. 

„Dem Landratsamt wurden aus dem Gemeindegebiet Hettenshausen mehrere Angebote zur Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen unterbreitet – sowohl Grundstücke als auch Immobilien“, bestätigt man bei der Kreisbehörde. „Unter Abwägung aller Gesichtspunkte“ sei dann das jetzt zur Verfügung stehende Areal an der B 13 ausgewählt worden. „Die anderen Angebote kamen aus verschiedenen Gründen nicht in Frage.“

Behörden-Sprecher: Optimalen Standort gibt es wohl nicht 

Einen „optimalen“ Standort für die Errichtung einer Asyl-Unterkunft gebe es wohl nicht, sagt ein Sprecher des Landratsamts. Man habe im Landkreis zahlreiche Flüchtlings-Unterkünfte, die sich am Ortsrand oder im Außenbereich befinden. „Dies ist für die Betreuungs- und Integrationsbemühungen nicht zweckdienlich“, räumt man ein, „wird aber im Hinblick auf die Notwendigkeit zur Schaffung weiterer Unterbringungsmöglichkeiten in Kauf genommen.“ 

Bürgermeister Wojta versucht indes, die geplante Container-Unterkunft auch ein bisschen schönzurechnen. Zur Betreuung sei das gar nicht so schlecht. Für je 150 Flüchtlinge stelle der Landkreis einen Asylsozialarbeiter an. In Hettenshausen komme man bei insgesamt rund 50 Flüchtlingen auf eine Drittel-Stelle – das seien immerhin etwa zehn Stunden pro Woche, die eine professionelle Kraft vor Ort sein könnte. „Somit hängt nicht alles an den ehrenamtlichen Helfern.“

Dennoch: Ohne ehrenamtliche Hilfe wird es auch in Hettenshausen nicht gehen. Demnächst stehe die Gründung eines Helferkreises an, sagt Wojta, im April sei dazu ein Info-Abend geplant. Außerdem hofft der Bürgermeister darauf, dass die beiden hiesigen Vereine – die Feuerwehr und der FC – bei der Integration der Flüchtlinge eine wichtige Rolle spielen.

Bisherige Berichte zum Thema:

Hettenshausen: Container für 42 Flüchtlinge

"Dann beschlagnahmen wir öffentliches Eigentum"

Asyl-Unterkünfte: Landrat Wolf schlägt Alarm


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