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Warum der Stadtratsantrag von Christian Lange in Ingolstadt einen bespiellosen Eklat ausgelöst hat 

Ein Kommentar von Michael Schmatloch

Wer im Ingolstädter Stadtrat die Wahrheit sagt, der fällt ebenso auf wie einer, der im Himmel lügt. Einer, der das eindringlich erfahren durfte, ist Christian Lange, Stadtrat der Bürgergemeinschaft. Mit seinem Antrag, Ingolstadt sollte sich Transparency International anschließen, hat der in höchstem Maß unangepasste Stadtvater wieder einmal so richtig vom Leder gezogen, indem er in der Begründung für sein Anliegen zwei Beispiele herangezogen hatte, die Ingolstadt immerhin in die nationalen Schlagzeilen gebracht hat. Nicht im positiven Sinn, aber immerhin.

Hat er wirklich vom Leder gezogen? Weil er an Dinge erinnert, die auch die Süddeutsche Zeitung zum Beispiel mit dem Begriff „Gschmäckle“ apostrophiert hatte? Weil er die nicht eben bemerkenswerte Transparenz Ingolstädter Kommunalpolitik zu verbessern, etwaige Fragwürdigkeiten zu verhindern trachtet? Der Komiker Heinz Erhardt hat einmal gesagt: „Eine Hand wäscht die andere. Da frage ich mich, warum trotzdem so viele dreckig sind?“ Was spricht dagegen, ein wenig darauf zu schauen, welche Hand da die andere wäscht?

Man könnte trefflich darüber spekulieren, wie viele Beispiele Christian Lange hätte anführen können, die den Begriff „Gschmäckle“ ebenso verdient hätten. Er hat zwei gewählt, dabei aber sträflich vergessen, was letztlich den Sturm der Entrüstung ausgelöst hat.  Und das ist die unumstößliche Tatsache, dass – wie ein Sprichwort sagt – getroffene Hunde bellen. Und dieses Mal haben sie nicht nur gebellt, sondern herzhaft zugebissen.

Es ging in der ganzen Attacke auf Lange auch längst nicht nur um den aktuellen Antrag, sondern um die Person an sich, um die Tatsache, dass da einer ist, der sich dem Mainstream und dem stillschweigenden Konsens widersetzt, der den Stallgeruch des Stadtrates einfach nicht annehmen will, der (noch) nicht gelernt hat, dass man mit den Wölfen heulen muss, wenn man mit ihnen fressen will. Andere Wählergruppierungen wissen das längst. Die haben eher den zweiten Teil der Redensart vergessen. Denn komplett zitiert lautet diese Redenart „Man muss mit den Wölfen heulen, wenn man mit ihnen fressen will. Aber man darf nicht mit ihnen schlafen, sonst wird man gefressen.“

Was also macht man mit jemandem, der partout nicht mitheulen will? Christian Lange durfte sich in der jüngsten Sitzung nicht nur anhören, der Stadt geschadet zu haben, sondern zudem seine „Verfehlungen“ seit dem Beginn seines kommunalpolitischen Engagements, seine ganzen Aufmüpfigkeiten, seine juristischen Klagedrohungen. So etwas tut man nicht. Na ja vielleicht Horst Seehofer, der die Bundesregierung verklagen will. Ihm wird indes keiner eine „menschliche Sauerei“ unterstellen, wie Christine Haderthauer es Christian Lange attestiert hat. Was – nebenbei bemerkt – in Facebook ein paar eindeutige Kommentare provoziert hat (Haderthauer? DIE Haderthauer attestiert Hr. Lange "menschliche Sauerei"? Wirklich?).

Worum also geht es? Im Grunde um das Unvermögen, mit abweichendem Verhalten und Nichtangepasstheit umzugehen, um die ungebührliche Art, wenn da einer ist, der sich weigert, den Mantel des Schweigens zuzuknöpfen. Aber auch um mangelnde Souveränität und Größe, um die offenbar kaum vorhandene Fähigkeit, Rationalität von Emotionen zu trennen.

Es ist vollkommen egal, ob Christian Lange nun Recht hat oder nicht, ob er seine Attacken aus populistischem Kalkül heraus reitet oder ob es ihm wirklich um die Sache geht. Was nicht egal ist, wie man mit der Freiheit umgeht, die jedem in einem demokratischen Gremium das Recht gibt, zu sagen, was er zu sagen müssen glaubt. 

„Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst.“ Dieser fälschlicher Weise Voltaire zugeschriebene Satz sollte jedem Politiker geläufig sein, der sich über die Äußerungen eines Kollegen echauffiert. Aber auf der anderen Seite auch der – leicht variierte – Satz von Dürrenmatt: „Was einmal gesagt worden ist, kann nie wieder zurückgenommen werden.“

Bericht zum Thema:

Der Stich ins Wespennest


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