Antwort von Innenminister Herrmann (CSU) beruhigt die Liberalen nicht – Prüfungsbedarf sehen sie zudem bei der nach Herkunft gemischten Unterbringung von Flüchtlingen – Unzufrieden sind die Liberalen auch mit der juristischen Aufarbeitung einer Massenschlägerei in Rockolding
Von Tobias Zell
Der Pfaffenhofener FDP-Kreisverband sorgte sich bekanntlich angesichts des Zustroms von Flüchtlingen sowie deren Unterbringung auch in größeren Einheiten um die Sicherheitslage im Landkreis. In einem Brief, der im Januar an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verschickt worden war, fragen die Liberalen unter anderem: „Sind die Polizeiinspektionen Geisenfeld und Pfaffenhofen personell ausreichend ausgerüstet, um die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten und regelmäßig Präsenz in den Großunterkünften zu zeigen?“ Heute nun hat die FDP das Antwort-Schreiben veröffentlicht. Aus Herrmanns Ausführungen schließen die Liberalen, „dass es hier offensichtlich Mängel gibt“, und fordern den Minister auf, diese abzustellen. Außerdem äußert sich die FDP kritisch über die Unterbringungspraxis von Flüchtlingen, fordert eine Überprüfung. Und in einem konkreten Fall will man sich jetzt an die Staatsanwaltschaft wenden.
Die Antwort des Ministers, datiert vom 18. März, ging beim FDP-Kreisvorsitzenden Thomas Stockmaier nach dessen Angaben am 29. März ein. Doch der Adressat ist nicht zufrieden mit dem, was Herrmann da schreibt. „Leider wurde die Frage, ob die Polizeiinspektion in Geisenfeld und Pfaffenhofen personell ausreichend ausgerüstet sind, nicht klar beantwortet“, moniert Stockmaier. Auch die Frage nach der regelmäßigen Polizei-Präsenz in den Asyl-Großunterkünften im Landkreis sieht er nicht beantwortet. Und daraus schließt man, „dass es offensichtlich Mängel gibt“.
Minister: "Polizeistärke angemessen", FDP ist skeptisch
Herrmann schreibt in seinem Antwort-Brief, der unserer Redaktion vorliegt, er habe das zuständige Polizeipräsidium Oberbayern-Nord in Ingolstadt gebeteten, „die Situation vor Ort genau zu überprüfen und mir darüber zu berichten“. Daraufhin sei ihm mitgeteilt worden, „dass die Personalstärke der beiden Polizeiinspektionen angemessen ist und voll und ganz dem Personalstand anderer Dienststellen des gleichen Polizeiverbandes mit ähnlicher Arbeitsbelastung entspricht“.
Zu der im Kreis Pfaffenhofen angesiedelten Aufnahme- und Rückführungs-Einrichtung auf dem Gelände der Max-Immelmann-Kaserne in Oberstimm bei Manching merkt Herrmann an, dass für deren polizeiliche Betreuung die Inspektion Ingolstadt zuständig ist. Außerdem verweist er darauf, dass in der bayerischen Polizei heuer zusätzlich 925 Stellen geschaffen werden sollen, „damit wir den vorliegenden Herausforderungen gewachsen sind“.
Die 925 weiteren Stellen in Bayern begrüße man, kommentiert FDP-Kreischef Stockmaier – sieht aber eben seine Frage nicht klar beantwortet. Im Gegenteil: "Wir gehen davon aus", sagt er auf Anfrage unserer Zeitung, "dass die Polizeiinspektionen im Landkreis nicht personell verstärkt wurden, obwohl durch den Zustrom von Flüchtlingen Hunderte von Personen zum Teil in Groß-Unterkünften untergebracht worden sind und das natürlich für Konflikt-Potenzial sorgt." Anders gesagt: Die FDP befürchtet, dass die Inspektionen in Pfaffenhofen und Geisenfeld zu wenig Leute haben.
Warum ist der Rädelsführer nicht in U-Haft?
Unzufrieden zeigen sich die Liberalen auch mit der polizeilichen beziehungsweise juristischen Aufarbeitung der Massenschlägerei am 7. Januar in der Asyl-Unterkunft in Rockolding. Die FDP wollte wissen, warum der Rädelsführer nicht in Untersuchungshaft kam. Aus der Antwort des Ministers geht indes hervor, dass es dort sogar noch einen zweiten, „ähnlich gelagerten Vorfall“ am 14. Januar gegeben hat.
Im ersten Fall, so Hermann, kam es nach Auskunft des Polizeipräsidiums in der Asyl-Unterkunft in Rockolding „zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen Gruppen afghanischer und syrischer Asylbewerber“. In deren Verlauf „bewarfen sich die Kontrahenten offenbar auch mit Teilen der Einrichtung, fünf Personen wurden verletzt“. Der Vorfall wurde laut Herrmann von der Staatsanwaltschaft als gefährliche Körperverletzung eingestuft, „wobei bis zum jetzigen Zeitpunkt die Tatbeiträge der Beteiligten noch nicht abschließend geklärt sind“. Die Ermittlungen dauern an, schreibt der Minister und bestätigt: „Von der Staatsanwaltschaft wurden nach Bewertung des Sachverhalts bislang keine freiheitsentziehenden Maßnahmen angeordnet.“ Einer der Beschuldigten sei von der für die Flüchtlings-Unterbringung zuständigen Behörde „vorsorglich in eine andere Einrichtung verlegt“ worden.
"Gleiches Recht für alle"
Der FDP-Kreisverband kritisiert die Vorgehensweise und fordert in diesem Zusammenhang, dass „gleiches Recht für alle“ gelten soll. „Es darf nicht sein, dass die Asylsuchenden in der Strafverfolgung anders behandelt werden“, so Stockmaier. „Bei einer gefährlichen Körperverletzung durch mehrere Personen ohne festen Wohnsitz erscheint uns der oben genannte Gleichbehandlungs-Grundsatz als nicht gegeben.“ Die Liberalen kündigen deshalb an: „Wir werden uns in diesem Zusammenhang an die Staatsanwaltschaft Ingolstadt wenden.“
Wie aus dem Schreiben von Herrmann hervorgeht, war es am 14. Januar – ebenfalls in der Einrichtung in Rockolding – zu einem zweiten, „ähnlich gelagerten Vorfall“ gekommen. Der Einsatzzentrale sei damals mitgeteilt worden, „dass sich ein Teil der Bewohner zusammentun würde, um einen der Beteiligten des Vorfalls vom 7. Januar tätlich anzugehen“. Bei Eintreffen der verständigten Streife „war es ruhig und es konnten keine konkreten Straftaten festgestellt werden“. Auch dieser Sachverhalt sei zur Prüfung einer möglichen strafrechtlichen Relevanz der Staatsanwaltschaft vorgelegt worden
(K)eine Frage des Herkunftslandes
Die FDP fragte den bayerischen Innenminister außerdem, warum es nicht möglich sei, die Asylbewerber nach Herkunftsländern getrennt unterzubringen. Das wollte man wissen, „da es offenbar immer wieder zu Konflikten wegen unterschiedlicher Ethnien kommt“. Wie Herrmann in seiner nach eigenen Worten mit dem Sozialministerium abgestimmten Antwort ausführt, „nehmen die zuständigen Regierungen und Kreisverwaltungsbehörden bei der Unterbringung von Asylbewerbern im Rahmen der vorhanden Kapazitäten auf Herkunft, Ethnien und Religion Rücksicht“.
Übergriffe auf Asylberber, gleich aus welchen anderen Gründen, „werden in keiner Weise toleriert“, betont Herrmann. Dies gelte auch für Übergriffe unter Asylbewerbern. „Konkreten Hinweisen wird stets nachgegangen und die Strafverfolgungsbehörden werden eingeschaltet“, versichert der Minister.
„Eine Notwendigkeit zur getrennten Unterbringung der Asylbewerber nach Herkunftsländern besteht nicht“, so Herrmann weiter. „Vielmehr wird von allen Schutzsuchenden erwartet, dass sie unabhängig von ihrer Religion, Ethnie oder Herkunft friedlich miteinander auskommen.“ Soweit im Einzelfall eine besondere Situation vorliege, erlaube das Aufnahmegesetz eine Auszugsgestattung, die von den zuständigen Behörden auch gewährt werde.
Liberale sehen Widerspruch und fordern Überprüfung
Im Übrigen, so Herrmann, „führt eine gemischte Unterbringung ohne Trennung nach Herkunftsländern regelmäßig zu geringeren Spannungen unter den Bewohnern, als dies im Falle einer konzentrierten Unterbringung von Personen derselben Herkunft der Fall ist“. Darüber hinaus, „leben die untergebrachten Personen nach ihrer Anerkennung im Asylverfahren während ihres späteren Aufenthalts in Deutschland ebenfalls in einem hinsichtlich Herkunftsländern gemischten Wohnumfeld“. Eine Trennung nach Herkunftsland in den Asylbewerber-Unterkünften sei damit „auch im Hinblick auf den späteren möglichen Aufenthalt in Deutschland nicht zielführend“, so der Innenminister.
Auch mit dieser Antwort gibt sich der FDP-Kreisverband nicht zufrieden. Sie widerspricht nämlich seiner Ansicht nach den Ausführungen des Ministers zu dem Vorfall am 7. Januar in Rockolding, zu dem Herrmann ausdrücklich feststellt, dass die Auseinandersetzung zwischen Gruppen von afghanischen und syrischen Asylbewerbern stattgefunden habe. Und das steht nach Auffassung der FDP im Widerspruch zu der Feststellung des Ministers, wonach eine gemischte Unterbringung ohne Trennung nach Herkunftsländern regelmäßig zu geringeren Spannungen unter den Bewohnern führe. „Die Vorfälle in Rockolding zeigen genau das Gegenteil“, so Stockmaier. „Wir fordern daher den Innenminister auf, diese Aussage zu überprüfen und die Unterbringungspraxis entsprechend zu ändern.“
Bisherige Berichte zum Thema:
Flüchtlings-Zustrom: FDP sorgt sich um Sicherheit im Landkreis
15 Verletzte bei Massenschlägerei in Asyl-Unterkunft
Rockolding: Massenschlägerei in Asyl-Unterkunft