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Bei Fragen zum Bürgerentscheid über den Windpark im Förnbacher Forst eskalierte heute die Debatte zwischen SPD und CSU

Von Tobias Zell

Die verbalen Giftpfeile zischten nur so durch den Rathaus-Saal. Wobei das Bild eigentlich untertreibt. Denn das Abschießen eines Pfeils hat für gewöhnlich etwas Filigranes. Was sich da aber in der heutigen Sitzung des Pfaffenhofener Stadtrats abgespielt hat, das waren eher Donnerhall und Funkenflug. Man kann mit Fug und Recht sagen: Es hat gewaltig gescheppert zwischen den Sozialdemokraten und den Christsozialen in dieser letzten Zusammenkunft vor der Sommerpause. 

SPD-Fraktionschef Markus Käser warf der CSU „Unstetigkeit“ vor, sein Genosse Steffen Kopetzky bezeichnete die Christsozialen gar als „arg hilflos wirkende Gruppierung“, die allen entscheidenden Entwicklungen hinterherlaufe und keine Innovationskraft habe. CSU-Fraktionschef Martin Rohrmann bezeichnete Kopetzkys Einlassungen wiederum als anmaßend und erklärte an die Adresse von Käser, das Abstimmungsverhalten der CSU sei sehr wohl schlüssig. CSU-Rätin Barbara Breher wähnte sich in einem „Sommernachts-Alptraum“ und attestierte den Sozis „mangelndes Zuhören“. Wortgewandt sei zwar gut, schimpfte auch ihr Parteifreund Max Penger in Richtung Kopetzky, doch man müsse schon vorher überlegen, was man sagt. Und auf eine Einigkeit wie die in der bunten Koalition – „hilfslose Selbstaufgabe“ – könne er übrigens gerne verzichten, konstatierte Penger.

 

Auslöser für die stürmischen Minuten war die Windkraft. Bekanntlich will die hiesige Bürgerenergie-Genossenschaft (BEG) im Förnbacher Forst drei Anlagen errichten. Ob dieser Windpark aber tatsächlich realisiert wird, das sollen die Pfaffenhofener entscheiden. Deshalb ging es heute darum, ein so genanntes Ratsbegehren auf den Weg zu bringen – das ist ein vom Stadtrat angestoßener Bürgerentscheid. Das einzige, was in diesem Zusammenhang nicht zum Streitthema geriet, war das Datum: Am 23. Oktober soll dieser Bürgerentscheid stattfinden, zusammen mit dem Bürgerentscheid zum Neubau des Hallenbads. 

Die erste Wortmeldung war noch harmlos. Andreas Herschmann (SPD), Energie-Referent des Stadtrats und als Frontmann der BEG natürlich Windpark-Befürworter, begrüßte den angestrebten Bürgerentscheid. Er habe volles Vertrauen in die Pfaffenhofener, die seiner Meinung nach eine hohe Affinität zu Energiewende und Klimaschutz haben. „Klimaschutz ist der beste Heimatschutz“, proklamierte Herschmann.

Sauber oder nicht? 

Martin Rohrmann, der Sprecher der CSU-Fraktion, stellte klar, dass er kein Windkraft-Gegner sei, forderte aber Änderungen an den vorgeschlagenen Formulierungen zum Bürgerentscheid. Sachlichkeit müsse an oberster Stelle stehen, appellierter Rohrmann, der Text sollte deshalb entpolitisiert werden. Konkret hätte er gern den Titel des Entscheids („Saubere Energie aus Windkraft“) um das Adjektiv „sauber“ bereinigt. Und auch die Fragestellung selbst mochte er verschlankt wissen. 

Der Vorschlag in der Sitzungsvorlage lautete: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Pfaffenhofen den Bebauungsplan ‚Sondergebiet Bürgerwindpark Pfaffenhofen‘ weiterführt, der die Errichtung von maximal drei Windenergie-Anlagen im Förnbacher Forst ermöglicht, und damit einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der städtischen Klimaschutzziele und zur Sicherung der ökologischen Stromerzeugung vor Ort leisten kann?“

 

Beschluss-Vorlage zum Thema. Von der Redaktion markiert die umstrittenen Passagen.

Aus der Sicht von Rohrmann hätte man den von uns unterstrichenen Teil weglassen sollen – weil er eine unnötige Information beinhalte. Für ihn geht es nur um die Frage: Windpark – ja oder nein? Außerdem mahnte der CSU-Sprecher an, von Seiten des Stadtrats Neutralität zu bewahren und eben keine Art Empfehlung an die Bürger abzugeben. 

Bürgermeister Thomas Herker (SPD) forderte dagegen: Der Stadtrat müsse Position beziehen und solle den Bürgern empfehlen, dem Windpark zuzustimmen. Die von Rohrmann geforderte Streichung in der Fragestellung wollte er nicht nachvollziehen – man wolle doch auch den Kontext erklären. So sah das auch SPD-Fraktionschef Käser. Die vorgeschlagene Fragestellung sei „die einzig logische“. Denn sie stehe in logischer Konsequenz zu den bisherigen Beschlüssen in Sachen Klimaschutz.

Käser rechnet mit der CSU ab 

Der CSU – mit Ausnahme von Altbürgermeister Hans Prechter – warf Käser dagegen „Unstetheit“ beim Windkraft-Thema vor und führte dazu sinngemäß folgende Beispiele aus. An den Klimakonferenzen und der Ausarbeitung von konkreten Maßnahmen habe sich die CSU nicht beteiligt, dann aber das Klimaschutz-Konzept mit acht Windrädern im Stadtgebiet beschlossen. Dann habe die CSU die Windkraft-Planung mit Eignungsflächen für Windräder mit mindestens vier Anlagen pro Fläche beschlossen. Anschließend hätten drei der vier CSU-Vertreter im Bauausschuss gegen einen Aufstellungsbeschluss für einen Windpark auf einer dieser Flächen votiert. 

Bei einer Partei-Veranstaltung im Pfaffenhofener Ortsteil Förnbach, so Käser weiter, habe die CSU dann ihren eigenen Landrat „abgeschossen“ und die beschlossene Windkraft-Planung konterkariert. Dann habe die CSU im Stadtrat wiederum den Bürgerentscheid zum Bebauungsplan für die Windräder befürwortet, um anschließend wieder mehrheitlich gegen die Fortführung der Bauleitplanung zu sein, was wiederum einen Bürgerentscheid obsolet gemacht hätte. Die beiden CSU-Vertreter im Verwaltungsrat der Stadtwerke hätten inzwischen den Auftrag zum Ausbau erneuerbarer Energie erteilt. Und jetzt wolle die CSU zwar den Bürgerentscheid, aber ohne die Begriffe Klimaschutz und „saubere“ Energie. Käsers Fazit: Würde sich die CSU selbst ernst nehmen, müsste man so etwas nicht über sich ergehen lassen.

Kopetzky: CSU ist "arg hilflos wirkende Gruppierung" 

Steffen Kopetzky (SPD) knüpfte an diese CSU-Schelte an und bezeichnete die Christsozialen als „arg hilflos wirkende Gruppierung“. Rohrmann & Co. laufen seiner Ansicht nach allen entscheidenden Entwicklungen hinterher. Die Veränderungen, die seit 2008 (damals wurde Herker Bürgermeister und die bunte Koalition hat seither die Mehrheit im Stadtrat) erfolgt seien, würden von der Bevölkerung geschätzt, meinte Kopetzky. Das bunte Bündnis – SPD, FW, Grüne und ÖDP – stehe für Progressivität. Der CSU indes attestierte er einen „falsch verstandenen Oppositions-Gedanken“ sowie Abschottung, außerdem sprach er ihr Innovationskraft ab. 

Reinhard Haiplik (ÖDP) – der in und mit der bunten Koalition offenbar immer weniger klarkommt – bedauerte, dass Polemik aufkam, und ließ wissen, dass ihm die vorgeschlagene Formulierung der Bürgerentscheid-Frage „Bauchschmerzen“ bereite. Auch er hätte die besagte Passage lieber gestrichen gesehen. Er wolle sich nämlich nicht dem Vorwurf aussetzen, man habe die Bürger lenken wollen. 

CSU über SPD: "Anmaßend", "Sommernachts-Alptraum", "mangelndes Zuhören" 

Nun kam aber erst einmal die Retourkutsche von Rohrmann an die Adresse der SPD. Bei der CSU dürfe wenigsten jeder seine Meinung kundtun und nach freiem Willen abstimmen, sagte er sinngemäß. Er spielte natürlich auf den Fall Förnbach an (Bunte Kollision). Kopetzkys Einlassungen bezeichnete der CSU-Fraktionschef als „anmaßend“. Ihm persönlich sei es auch „wurscht“, ob der SPD seine Ansichten gefallen, ließ Rohrmann wissen. Und: Die Beurteilung des Werts von Wortbeiträgen möge man den Bürgern überlassen. Das von Käser monierte Abstimmungsverhalten der CSU-Räte bezeichnete Rohrmann als schlüssig – und er wolle auch nicht als Windkraft-Gegner gelten. 

Rohrmanns Fraktions-Kollegin Barbara Breher erklärte, es sei ein „Sommernachts-Alptraum“, den die CSU hier gerade erleben müsse. Kopetzky warf sie vor, sich zur eigentlichen Sachfrage gar nicht geäußert zu haben, und dessen Fraktion attestierte sie schlichtweg „mangelndes Zuhören“. Der SPD sei es jedenfalls gut gelungen, Polemik reinzubringen. Es gehe doch aber eigentlich jetzt darum, wie der Stimmzettel für den Bürgerentscheid aussehen soll. Ihrer Einschätzung nach war die vorgeschlagene Frage zu lang.

 

Auch dem Pfaffenhofener CSU-Chef Florian Schranz war die auf dem Tisch liegende Frage für den Bürgerentscheid „nicht objektiv und neutral genug“. Die Formulierung „saubere Energie“ sei zu sehr Meinung. Genau diese Meinung, warf wiederum Herker ein, würde dem Stadtrat aber gut zu Gesicht stehen. Das Gremium habe beschlossen, den Bürger in Sachen Windpark zu einer Meinung zu bewegen, sagte der Rathauschef und forderte erneut, dass der Stadtrat Position bezieht. 

Dass sah Michael Kaindl (CSU) ganz anders. Dass der Bürgerentscheid wichtig sei, stehe außer Frage. Aber wenn man den Leuten eine Meinung vorgebe, dann können man sich den Bürgerentscheid auch gleich sparen – weil dann brauche man keinen. Er bat ausdrücklich darum, Neutralität zu bewahren und den Bürgern die Mündigkeit nicht abzusprechen. Auch Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) sprach von einer „Verletzung der Neutralität“ bei der Formulierung der Fragestellung.

Penger: "Hilflose Selbstaufgabe" in der bunten Koalition 

Max Penger (CSU) war vor allem verärgert über Kopetzkys oben zitierte Worte und verbat sich solche Äußerungen. Wortgewalt sei gut, aber man müsse sich schon vorher überlegen, was man sagt. Kopetzky & Co. säßen auf einem sehr hohen Ross wenn sie glaubten, dass sie die Erfinder der Kultur in Pfaffenhofen seien. Und auf eine Einigkeit, wie sie in der bunten Koalition herrsche, verzichte er gerne, betonte Penger. Er nannte dabei auch konkret den Fall Förnbach und diagnostizierte „hilfslose Selbstaufgabe“.

Nachdem der Dritte Bürgermeister Roland Dörfler (Grüne) mehr Sachlichkeit angemahnt hatte („Am Riemen reißen!“), beleuchtete Peter Feßl (SPD) den langen Frage-Satz für den Bürgerentscheid. Er kam für sich zu dem Schluss, dass der Kern der Sache erst in eben dem umstrittenen letzten Halbsatz genannt werde. Auch Manfred „Mensch“ Mayer hatte kein Problem mit der Formulierung. Die Fragestellung fasse Punkte zusammen, die man alle mit großer Mehrheit oder einstimmig beschlossen habe, lautete sinngemäß sein Fazit.

 

Richard Fischer räumte indes ein, dass man bei der ÖDP das „Satz-Ungetüm“ kontrovers gesehen habe. Negativ sei es auch, wenn den Bürgern die Entscheidung in den Mund gelegt werden solle. Andererseits müsse man als Stadtrat eine Meinung haben, dazu stehen und Rückgrat beweisen. Die Beschlussvorlage mache ihn zwar „nicht übermäßig glücklich“, sei aber „das kleinere Übel“. 

Prechter bat, als sich das windige Drama dem Ende zuneigte, um eine getrennte Abstimmung zu den einzelnen Punkten – und so wurde es dann auch gemacht. So waren dann erst einmal alle für die Abhaltung eines Bürgerentscheids – auch, wenn der jetzt unter dem Motto „Saubere Energie aus Windkraft“ steht. Ebenfalls einhellig wurde das Datum beschlossen – der 23. Oktober, ein Sonntag.

An der Formulierung scheiden sich die Geister 

Bei der Formulierung der Fragestellung schieden sich die Geister, doch die Mehrheit votierte für den von der Verwaltung gemachten Vorschlag – dagegen waren sämtliche CSU-Räte sowie Reinhard Haiplik (ÖDP) und Franz Niedermayr (FDP). Zuletzt ging es noch um ein Info-Blatt beziehungsweise um eine klare Positionierung des Stadtrats zu dem geplanten Windpark. Dagegen war hier die CSU-Riege mit Ausnahme von Prechter.

Beschlossen wurde folgende Haltung: „Der Stadtrat vertritt mehrheitlich die Auffassung, dass das Bauleitplanverfahren ,Nr. 163 Sondergebiet Bürgerwindpark Pfaffenhofen’ weitergeführt werden soll, um damit die Voraussetzungen zur Errichtung von maximal drei Windrädern im Förnbacher Forst zu schaffen. Diese drei Windräder können – mit kleineren ergänzenden Maßnahmen – als wesentlicher Bestandteil zur Erreichung des Pfaffenhofener Klimaschutzziels dienen, bis 2021 hundert Prozent des örtlichen Strombedarfs aus lokalen und sauberen Quellen zu decken.“ 

Weitere Beiträge zur Sitzung:

Hallenbad und Windpark: Bürgerentscheide am 23. Oktober

Neuer Weg bei Bürgerentscheiden: Pfaffenhofen bayernweit Vorreiter


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