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Niemand im Bistum Augsburg könne sich auch nur annähernd an etwas Vergleichbares erinnern, sagt Generalvikar Harald Heinrich  – Der mutmaßliche Täter wurde gestern Abend gefasst, er hat 13 Fälle gestanden – Ein Gotteshaus muss laut Kirchenrecht bis auf weiteres geschlossen bleiben

(ty/pba) Der Augsburger Bischof Dr. Konrad Zdarsa hat gestern nach der erneuten Schändung einer Kirche in der schwäbischen Pfarreien-Gemeinschaft Vöhringen deren sofortige Schließung verfügt und untersagt, dass dort bis auf weiteres Gottesdienste gehalten werden. „Er folgt damit einer Bestimmung des Kirchenrechts, das für solche Fälle zudem einen Bußritus vorsieht“, heißt es aus dem Bistum Augsburg, zu dem auch der Landkreis Pfaffenhofen gehört. Der mutmaßliche Täter wurde indes gestern Abend gefasst. Offenbar gehen alle 13 Taten auf sein Konto.

Nachdem am Sonntag bereits die Stadtpfarrkirche St. Michael in Vöhringen durch Graffiti-Schmierereien erheblich beschädigt worden war, traf es nun gestern die Pfarrkirche "Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz" in Bellenberg, das ebenfalls zur Pfarreien-Gemeinschaft Vöhringen gehört. „Erneut sind die Graffiti über die ganze Kirche verteilt, wie auch an Altar und Ambo, und beinhalten Beleidigungen gegen den Glauben, die Kirche und die Polizei“, teilte das bischöfliche Ordinariat in Augsburg heute mit. „Zuletzt hatte es vor Ort etliche Fälle auch an anderen öffentlichen und privaten Gebäuden gegeben.“

 

Während die Stadtpfarrkirche St. Michael jedoch geöffnet bleibe, habe Bischof Zdarsa – auch in Absprache mit Stadtpfarrer Martin Straub – entschieden, die Pfarrkirche in Bellenberg für den sakralen Gebrauch zu sperren. „Wenn an heiligen Orten Handlungen wirklich beleidigender und gravierender Art geschehen, sieht das Kirchenrecht vor, dass der Ortsbischof eine Kirche schließen kann“, wird dazu erklärt. 

Generalvikar Harald Heinrich hat gestern die Gläubigen vor Ort persönlich in der Abendmesse in Vöhringen über die Entscheidung des Bischofs informiert. Zudem hat er unmittelbar nach Bekanntwerden des zweiten Falls angeordnet, dass alle Kirchen und Kapellen in den Dekanaten Neu-Ulm, Memmingen und Günzburg bis zur Ergreifung des Täters oder der Täter außerhalb der Gottesdienstzeiten geschlossen bleiben müssen. Ausnahmen seien nur möglich, wenn Personen zur Aufsicht anwesend seien.

Wie das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West heute mitteilte, konnte der mutmaßliche Täter gestern Abend in Vöhringen überführt werden. Er habe alle bisherigen 13 Sachbeschädigungstaten eingeräumt. Somit ist nach Angaben der Diözese die Sperrung der Kirchen in den drei Dekanaten mit sofortiger Wirkung außerhalb der Gottesdienstzeiten wieder aufgehoben. Die Kirche in Bellenberg bleibe aber bis zur Vornahme des Sühneritus geschlossen. „Der Diözesanbischof wird diesen Ritus vornehmen, ein Termin hierfür steht noch nicht fest“, teilte das bischöfliche Ordinariat mit. 

"Ich bin sehr froh, dass der Täter in relativ kurzer Zeit gefasst werden konnte", kommentierte Generalvikar Heinrich den Fahndungserfolg. "Allen, die dazu bei der Polizei beigetragen haben, gilt mein herzlichster Dank. Dennoch ist es sehr bitter für uns, dass der Täter in zwei unserer Kirchen sein Unwesen treiben konnte." Dieser Fall sei einmalig, so der Generalvikar weiter. Niemand im Bistum könne sich auch nur annähernd an etwas Vergleichbares erinnern.

"Ich bin wie viele Menschen in der Pfarreien-Gemeinschaft Vöhringen entsetzt und auch sprachlos", so Heinrich weiter. Er hoffe, dass nun wieder Ruhe einkehre. "Dieser schlimme Fall von Kirchenschändungen ist eine Provokation für alle Menschen im Freistaat Bayern. Sie fordert uns dazu auf, über Sinn und Bedeutung von Kirchen in unserem Land nachzudenken."

  

Am gestrigen Nachmittag hatte sich die Sachbeschädigungsserie von Farbschmierereien fortgesetzt, indem der zu diesem Zeitpunkt noch unbekannte Täter die Kirchen in Bellenberg und in Illerberg verunstaltete. In Bellenberg beschmierte er im Inneren die Wände, den Altar, das Orgelgehäuse und sakrale Gegenstände mit schwarzer und silbergrauer Farbe. An dem Gotteshaus in Illerberg wurde die Außenfassade mit den gleichen Farben beschmiert, teilte die Polizei mit. An beiden Kirchen sei „ein beträchtlicher Sachschaden“ entstanden der jedoch noch nicht genau beziffert werden könne.

Nach einem Zeugenhinweis sei es gelungen, durch weitere Ermittlungen einen eventuellen Tatverdächtigen zu identifiziert. Im Rahmen der Fahndungsmaßnahmen ergriff dann eine Zivilstreife am gestrigen Abend diesen Verdächtigen gegen 21 Uhr in Vöhringen, als er zu Fuß auf dem Heimweg war. „Im Rucksack des 19-Jährigen aus dem Landkreis Neu-Ulm konnte eine Rechnung über den Kauf einer Farbspraydose aufgefunden werden“, teilte die Polizei mit. 

Die Staatsanwaltschaft ordnete eine Wohnungsdurchsuchung bei dem 19-Jährigen an. „Dort konnten Farbspraydosen, die zur Tatbegehung benutzt wurden, aufgefunden und sichergestellt werden.“ Der junge Mann habe nach anfänglichem Leugnen alle bisherigen 13 Sachbeschädigungstaten eingeräumt – über das Motiv seines Handelns schwieg er. „Somit konnten nun alle 13 Taten mit einem erheblichen Gesamtsachschaden geklärt werden“, meldete das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West. 


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