Das Therapie-Becken an der Pfaffenhofener Ilmtalklinik bleibt wohl erst einmal erhalten – Auf Kosten des Landkreises, der dafür bis 2020 insgesamt 260 000 Euro zahlen müsste.
(zel) Mit der Ankündigung, das Therapie-Becken im Pfaffenhofener Krankenhaus schließen zu wollen, hatte die Geschäftsführung der Ilmtalklinik-GmbH für Aufregung gesorgt. Aus Gründen des Brandschutzes sowie aus finanziellen Erwägungen heraus soll das Warmwasser-Becken zum Ende Juni dicht gemacht werden. „Sind denn jetzt alle verrückt geworden?“, entfuhr es Franz Niedermayr, dem Landrats-Kandidaten der FDP, angesichts dieses Vorhabens, von dem angeblich der Aufsichtsrat der Klinik vorab gar nicht informiert war. Und auch die Pfaffenhofener Rheuma-Liga, deren Mitglieder das sechs auf drei Meter große Becken regelmäßig nutzen, zeigte sich wenig begeistert. 900 Unterschriften wurden gesammelt, wie gestern zu erfahren war. Doch jetzt scheint eine versöhnliche Lösung in Sicht.
In der gestrigen Sitzung des Kreistags zeichnete sich eine breite Einigkeit – quer durch die Fraktionen – ab, das Therapie-Becken an der Klinik zu erhalten. „Wir sollten die Wassertherapie weiter ermöglichen“, hatte Landrat Martin Wolf (CSU) die Richtung vorgegeben. Vieles spricht seiner Ansicht nach dafür, dass man die nötigen Brandschutzmaßnahmen erledigt und wieder aufsperrt. Dann allerdings nicht mehr auf Kosten der Klinik-GmbH, sondern auf Rechnung des Landkreises. Um die Zukunft des Beckens erst einmal bis zum Jahr 2020 zu sichern, müsste der Kreis etwa 260 000 Euro hinlegen: Erst einmal zirka 60 000 Euro für dringend nötige Brandschutz-Maßnahmen sowie jährlich 50 000 Euro für den laufenden Betrieb. Danach sieht es derzeit aus, wenngleich noch nichts beschlossen wurde.
Klar ist: Wenn das Therapie-Becken an der Klinik weiterbetrieben werden soll, dann auf Kosten des Landkreises. Denn man kann von einer Firma, und eine solche ist die Krankenhaus-Gesellschaft ja, kaum erwarten, dass sie ein Wasser-Becken betreibt, mit dem sie draufzahlt. Zumal derzeit ja gerade umfangreiche Maßnahmen unternommen werden, um die hochdefizitäre Ilmtalklinik-GmbH aus den tiefroten Zahlen zu führen. Im vergangenen Jahr betrug das Defizit aus dem reinen Klinik-Geschäftsbetrieb knapp fünf Millionen Euro, wie gestern bekanntgegeben wurde. Zu decken haben dieses Minus die beiden Gesellschafter, die Kreise Pfaffenhofen (85 Prozent) und Kelheim (15 Prozent), gemäß ihrer Anteile.
Das ist ein weiterer Grund dafür, dass das Therapie-Becken aus der Klinik-Bilanz raus soll – denn man würde sonst auch noch fremdes Geld, nämlich vom Kreis Kelheim, versenken. Die Kelheimer Goldbergklinik hat ihr Therapie-Becken übrigens bereits dichtgemacht: "Die Sanierung wäre unwirtschaftlich gewesen. Daher wurde es geschlossen", erklärte Geschäftsführerin Dagmar Reich heute auf Anfrage unserer Zeitung. "Für den Betrieb eines Akutkrankenhauses ist ein Therapie-Becken nicht mehr zwingend erforderlich."
Nach rund 30 Jahren soll also nun das Therapie-Becken an der Pfaffenhofener Ilmtalklinik geschlossen werden, da laut Geschäftsführung eine aufwändige Brandschutzsanierung ansteht und sich zudem der Betrieb nicht rechnet. Wirtschaftlich zu betreiben sein werde das Becken indes nie, legte Klinik-Chef Ingo Goldammer dar. Außerdem ist im Rahmen der anstehenden, rund 70 Millionen Euro teuren Generalsanierung des Krankenhaus-Komplexes – die diesen Gebäude-Teil im Jahr 2020 erreicht – eine Modernisierung des Bewegungsbads auch gar nicht vorgesehen. „Eine Förderung des Freistaats Bayern für Therapiebecken ist nicht mehr möglich“, erklärte gestern Kreiskämmerer Walter Reisinger zum Hintergrund.
Das besagte Becken hat eine Wassertemperatur von 32 Grad und eine Wasserfläche von 18 Quadratmetern. Im Rahmen der physikalischen Therapie werden hier unter anderem Leistungen angeboten, die aufgrund ärztlicher Verordnung erbracht werden. Zudem findet Baby- und Kleinkinder-Schwimmen statt. Regelmäßig und langfristig genutzt wird das Becken auch von Rheuma-Patienten aus der Region. Nach Angaben der Klinikleitung nutzen insgesamt zirka 185 Personen pro Woche das Bewegungsbad.
Wie Landrat Wolf angekündigt hatte, wurden von der Kreisverwaltung bereits Überlegungen angestellt, um weiterhin die Warmwasser-Therapie anbieten zu können. So wurde zum Beispiel Kontakt mit der Geschäftsführung des heilpädagogischen Förderzentrums in Pfaffenhofen aufgenommen, dort gibt es nämlich auch ein Warmwasser-Becken. Allerdings sei dieses bereits komplett belegt – und auf Nachfrage bei der Regierung von Oberbayern, die das Becken maßgeblich gefördert hat, „wird einer weiteren außerschulischen Nutzung aus schulfachlichen Erwägungen nicht zugestimmt“, erklärte Reisinger.
Die übrigen Schwimmhallen des Landkreises – in Pfaffenhofen und Geisenfeld – haben eine mit den Schulen und Schwimmvereinen abgestimmte Wassertemperatur von 28 Grad. Rheuma-Patienten brauchen aber mindestens 31 Grad, wie Renee Wenninger, die Vize-Vorsitzende der Pfaffenhofener Rheuma-Liga, betont hatte. Im Hallenbad in Manching gibt es laut Reisinger zwar ein kleines Nichtschwimmer-Becken mit 31 Grad – dieses wurde aber von der Kommune bezahlt und Therapieangebote seien hier auch nicht vorgesehen. Vor diesem Hintergrund ergeben sich nach Einschätzung der Landkreis-Verwaltung nun drei mögliche Modelle zum Erhalt des Bewegungsbads.
Variante 1:
Der Landkreis bezahlt die einmalige Investition für die erforderlichen Brandschutz-Maßnahmen in Höhe von rund 60 000 Euro und übernimmt das jährliche Defizit in Höhe von etwa 50 000 Euro für die Jahre bis 2020. Das wären Gesamtkosten für die nächsten vier Jahre in Höhe von rund 260 000 Euro. Im Anschluss erfolgt die Generalsanierung des Gebäude-Teils und das Becken wird aufgelöst. Der weitere Betrieb eines Bewegungsbads soll dann in dem neuen Pfaffenhofener Hallenbad erfolgen, das Stadt und Kreis demnächst zusammen bauen und finanzieren.
Variante 2:
Zunächst müsste – wie bei Variante 1 – das Bewegungsbad für rund zwei Monate geschlossen werden, um die erforderlichen Brandschutz-Maßnahmen durchzuführen. Gesamtkosten, wie oben ausgeführt: 260 000 Euro. Dann wäre ab dem Jahr 2021 im Rahmen der Generalsanierung das Bewegungsbad mit von der Klinikgeschäftsführung kalkulierten Kosten in Höhe von rund 500 000 Euro grundlegend zu erneuern sowie dann mit einem Zuschuss des Landkreises in Höhe von jährlich 40 000 Euro weiter zu betreiben. Bei dieser Alternative fielen also Investitionskosten von insgesamt rund 560 000 Euro an – plus jährliche Betriebskosten in den nächsten vier Jahren von rund 50 000 Euro per anno sowie nach der Generalsanierung von jährlich rund 40 000 Euro.
Variante 3:
Das Bad wird komplett privatisiert und an Physiotherapeuten vermietet. Die bei Variante 2 erläuterten Investitionskosten in Höhe von 560 000 Euro würden dafür ebenso anfallen. „Ob diese Variante mit einem eigenwirtschaftlichen Betreiber möglich ist, müssten erst entsprechende Markterhebungen zeigen“, erklärte Reisinger. Der Pfaffenhofener Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) hakte hier gleich ein: Man möge sich gar keine Illusionen machen, denn man werde keinen privaten Betreiber finden.
Von Seiten der Kreisfinanzverwaltung wurde grundsätzlich – ungeachtet der möglichen Variante – darauf hingewiesen, dass es sich bei den Ausgaben für den Erhalt und Betrieb des Therapie-Beckens an der Klinik um eine „rein freiwillige Leistung des Landkreises“ handeln würde und dass keine Verpflichtung dazu besteht. Die Schaffung von Bezugsfällen gelte es zu beachten, gab Reisinger zu bedenken.
Reinhard Heinrich, der Chef der CSU-Fraktion, sprach sich dafür aus, das Therapie-Becken zu erhalten. Das sei man den Menschen schuldig, man müsse das Thema ernst nehmen. Max Hechinger, Sprecher der FW-Fraktion, warb für Variante 1 und regte an, entsprechende Gespräche mit der Stadt über die Kosten aufzunehmen. Seiner Meinung nach muss man die Kosten der Varianten 1 und 2 genau gegenüberstellen. Ein Weiterbetrieb des Therapie-Beckens an der Klinik könnte indes auch gut für das Image des Krankenhauses sein, befand er.
Auch Kerstin Schnapp (Grüne) und Manfred Russer (CSU) sprachen sich für den Erhalt der Warmwasser-Therapie aus. Ebenso Prechter: „Selbstverständlich gehört sich das Bad weiter betrieben.“ Martin Schmid (SPD) signalisierte ebenfalls Zustimmung. Christian Staudter (AUL) mahnte, man müsste „schon versuchen, Alternativen zu finden“, und forderte, man möge noch einmal ganz genau prüfen, ob denn das Becken im heilpädagogischen Förderzentrum in Pfaffenhofen nicht doch genutzt werden könnte.
Der Pfaffenhofener Bürgermeister Thomas Herker (SPD) wies darauf hin, dass in der Kreisstadt in erster Linie ein Schulbad mit gewissen Erweiterungen errichtet werde. Ein reines Therapie-Becken ist seinen Worten zufolge im Zuge des Neubaus eigentlich nicht geplant. Grundsätzlich hält er aber diesbezüglich eine Kooperation für möglich – letztlich dürfte es ums Geld gehen.
Beschlossen wurde in der gestrigen Sitzung zu diesem Thema letztlich nichts, die Tagesordnung sah auch nur eine Information vor. Man wolle den Fraktionen nun Gelegenheit zur Beratung geben, sagte Wolf auf Anfrage unserer Zeitung. Parallel dazu will der Landkreis Gespräche mit der Stadt wegen des Hallenbad-Neubaus führen, an dem sich der Kreis finanziell beteiligt. Wolf geht davon aus, dass ein Beschluss über die Zukunft des Therapie-Beckens an der Ilmtalklinik vielleicht schon in der April-Sitzung des Kreistags erfolgten könnte. Er sieht jedenfalls eine klare Tendenz, den Brandschutz zu sanieren und das Becken dann auf Kosten des Landkreises wieder zu eröffnen. Damit wäre das Becken zumindest bis 2020 gesichert.
Bisherige Beiträge zum Thema:
Rettungsanker für das Therapie-Becken?
Rundumschlag zur Ilmtalklinik: "Sind jetzt alle verrückt geworden?"