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Große "Fridays For Future"-Aktion heute auf dem Hauptplatz. Bericht mit großer Bilder-Galerie.

Von Alfred Raths

Weltweit demonstrieren heute vor allem junge Menschen in zahlreichen Ländern für eine konsequentere und entschlossenere Klima- und Umweltschutz-Politik. Auch auf dem Pfaffenhofener Hauptplatz kamen mehrere hundert Demonstranten im Rahmen der "Fridays For Future"-Bewegung zum Klima-Streik zusammen, um ihrer Sorge Ausdruck zu verleihen sowie um die Politiker unter Druck zu setzen und zu schnellerem Agieren zu bewegen. Auf der Bühne forderten gut zwei Dutzend Redner – vom Schüler bis zum Rentner – zum Handeln auf. Das örtliche Jugendparlament kündigte an, den Klima-Notstand auszurufen.

Die Demonstranten deckten in der Pfaffenhofener City mit ihrem Protest das gesamte Themen-Spektrum der aktuellen Klima-Diskussionen ab. Sie kritisierten zum Beispiel den Bau von Ski-Liften, sprachen sich gegen SUVs aus, forderten den Abbau von Kohle- und Atomkraftwerken und verteidigten auch ihr Fernbleiben von der Schule. Organisiert wurde die hiesige Aktion von der kürzlich gegründeten lokalen "Fridays For Future"-Gruppe unter der Regie von Manuel Hummler und Maria Cabras vom Jugendparlament zusammen mit der Kreisgruppe des Bund Naturschutz (BN).

Mit dabei waren unter anderem Mitglieder und Freunde des BN, des Jugendparlaments, der "Sozialen Skulptur Hallertauer", des Vereins "Hallertauer Regional", des Pfaffenhofener Energie- und Solarvereins, der hiesigen Bürger-Energie-Genossenschaft, des Aktions-Bündnisses "Pfaffenhofen summt" und der "Mütter gegen Atomkraft". Eine Botschaft lautete: Die große Koalition arbeite auf ein Klimaziel hin, das dem Pariser Abkommen völlig widerspreche und das Ende unserer heutigen Wälder, der Korallenriffe sowie etlicher Tier- und Pflanzenarten bedeuten würde. Selbst nach monatelangen Protesten sei sie nicht bereit, ihr Klimaziel an das 1,5-Grad-Ziel anzupassen.

Hummler erinnerte an die damals 15-jährige Greta Thunberg, die den Unterrichts-Besuch vor einem Jahr erstmals verweigert hatte. "Ziel des Ganzen soll sein, auf die klimapolitischen Missstände der Politik aufmerksam zu machen." Es habe viele Diskussionen gegeben, warum die Demos während der Schulzeit stattfinden müssten. Hummler verwies auf Thunbergs Aussage: "Man braucht nicht für eine Zukunft zu lernen, die nicht lebenswert ist." Die Menschen hätten zwar vom Klimawandel gehört, "aber noch nicht realisiert, dass es so, wie es momentan aussieht, wohl tatsächlich keine Zukunft gibt, in der wir Leben wollen".

Das Verständnis sei wie in einem Film – dass bestimmt alles irgendwie zum Guten gewendet werde. "Wir leben jedoch nicht in einem Film, wo alles automatisch am Ende zum Guten gewendet wird, sondern wir müssen für unser Happy-End nachdenken, umdenken und handeln." Hummler appellierte: "Ich möchte Euch dazu aufrufen, die Verantwortung nicht länger abzugeben, sondern Euch selbst Gedanken zu machen, was jeder einzelne von Euch zu einer nachhaltigen Zukunft beitragen kann." Es gebe zwei Wege, wie der Klimawandel und seine Folgen reduzieren werden könnten – jedoch werde keiner der beiden alleine reichen.

Erstens: "Wir müssen unser Konsum-Verhalten ändern." Jeder einzelne müsse dazu beitragen, den CO2-Ausstoß zu verringern und weniger Plastik zu verbrauchen sowie darauf achten, Umwelt- und Artenschutz zu gewährleisten. "Und damit meine ich wirklich jeden." Hummler postulierte: "Schaut auch ganz speziell auf Euer Handeln und das Eures Umfelds. Traut Euch auch zu Euren Freunden zu sagen, dass sie vielleicht öfters mit dem Fahrrad, anstatt mit dem Auto in die Schule fahren oder mögliche öffentliche Verkehrsmittel benutzen sollen." Und: "Falls ihr für Euch keine Möglichkeit seht, klimaneutral zu leben, dann setzt Euch in Eurer Stadt oder in Euren Gemeinden dafür ein, dass etwas getan wird, um das zu ermöglichen. Traut Euch und werdet laut, wenn die Politik nachhaltiges Leben nicht unterstützt."

Zweitens, so Hummler: Die Produktion und Energie-Gewinnung, die unseren Lebensalltag und Luxus ermöglichten, müssten Klimaneutral passieren. Bisher seien Politik und Wirtschaft darauf ausgelegt, tonnenweise CO2 in die Umwelt zu blasen und dabei den Treibhaus-Effekt zu verstärken. Die Vorstellung, dass der Klimawandel allein durch die Reduktion des Konsum-Verhaltens auf seine natürliche Geschwindigkeit reduzieren könnte, sei eine Utopie. "Menschen ändern ihre Gewohnheiten nur sehr ungern, auch wenn sie sich dabei möglicherweise selbst zerstören."

Die Aufgabe der Politik sollte es sein, sagte Hummler, dieses Gesellschafts-Problem zu erkennen und dementsprechend zu handeln. Auch die Wirtschaft trage einen enormen Teil bei. "Es mag sein, dass es momentan noch billiger ist, Strom aus Kohle zu produzieren. Aber was bringen uns diese finanziellen Ersparnisse und das Geld in 50 Jahren, wenn die Erde dafür nichtmehr lebenswert ist?" Als konkrete Forderungen nannte er unter anderem: Kohle-Ausstieg bis zum Jahr 2030, 100 Prozent erneuerbare Energie-Versorgung bis 2035.

Auch die Kreisstadt soll laut Hummler konkret dazu beitragen. Das hiesige Jugendparlament wolle demnächst den Klima-Notstand für Pfaffenhofen ausrufen – was bedeute, dass sich die Stadträte dazu verpflichten könnten, bei Entscheidungen immer die Auswirkungen auf Klima- und Artenschutz zu berücksichtigen sowie dem höchste Priorität einzuräumen.

Christine Janicher-Buska, Kreisgeschäftsführerin des Bund Naturschutz, hält die "Fridays For Future"-Proteste für berechtigt: "Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen – bereits heute vernichtet die Klimakrise Leben und Lebensgrundlagen von Millionen Menschen weltweit." Sie verschärfe bereits bestehende Ungleichheiten, führe zu Kriegen, verletze grundlegende Menschenrechte und zwinge die Menschen zur Flucht. Weltweit streikten Kinder und Jugendliche seit Monaten jeden Freitag für ihre Zukunft. "Jetzt sind alle Menschen gefordert", so Janicher-Buska.

Als breites zivilgesellschaftliches Bündnis habe man gemeinsam dazu aufgerufen, mit "Fridays For Future" auf die Straße zu gehen – "alle zusammen für das Klima, deutschlandweit". Die Schüler hätten mit ihren Protesten gezeigt, dass sie die Politik unter Zugzwang setzen könnten. Nach dem Motto: "Wir lassen nicht zu, dass Ihr unser aller Zukunft verheizt! Wenn wir alle zusammenstehen, können wir die Regierung zum notwendigen Handeln bringen. Wir sind hier auf der Straße für eine lebenswerte Zukunft!"

Die Bewegung für Klimagerechtigkeit werde immer stärker, so Janicher-Buska. Doch die Politik komme nicht in die Gänge: "Jahrzehntelange Warnungen von Wissenschaftlern und Umweltschützern vor der Klima-Katastrophe haben die Politik nicht dazu bewogen, entscheidende Schritte einzuleiten." Damit müsse jetzt Schluss sein. Es brauche sofort eine starke Klima-Politik.

Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker (SPD) bedauerte, dass nicht noch mehr Protestierende auf den Hauptplatz gekommen waren, und betonte: Der Pariser Klimaschutz-Vertrag sei zumindest ein Standard, den man anstreben sollte. Es sei jetzt Zeit zu handeln. "Handeln für Euch besteht heute darin, Druck nach oben zu geben, Druck auf internationale Lösungen, Druck auf die Bundesregierung und Druck aufs Land und Druck auf die Stadt", sagte er an die Adresse der Demonstranten.

Herker graue es vor der Ansage, man dürfe nicht mit Verboten arbeiten. "Politik ist Gestaltungswille. Und wenn ich Dinge verändern möchte, dann muss ich Vorgaben geben", so der Rathauschef. Keiner in der Politik wolle den Menschen sagen: "Wir müssen uns alle ändern, wir müssen fundamental anfangen, aber die Politik muss die Verantwortung übernehmen und Leitplanken aufstellen." Dies sei nur möglich auf Druck von unten: "Auf Druck wie hier, am Hauptplatz von Pfaffenhofen."

"Das, was wir tun, ist bei Weitem noch nicht genug und da gäbe es noch viel mehr zu machen", so Herker. Die Stadt brauche für entsprechende Maßnahmen die Beteiligung und Zustimmung der Bürger. Und zwar auch für Maßnahmen, die ins persönliche Leben eingreifen. Und wenn es so banale Dinge seien wie ein Kreisverkehr, der den Verkehr verlangsamen und an der Stadt vorbeilenken solle.

Einer der Redner: Bürgermeister Thomas Herker (SPD).

Am Ende trage jeder selbst Verantwortung, sagte Herker: "Wenn wir morgen früh wieder an der Ladentheke stehen, wenn wir die Frage stellen, wo wir in den nächsten Urlaub hinfahren, ob der irgendwo ins Warme in Richtung Karibik geht oder auf Mauritius – oder ob wir in den Bayerischen Wald fahren." Als denkende Wesen mit moralischem Anspruch "sind wir verpflichtet zu handeln".

Als eine auch für ihn ungewöhnliche Veranstaltung bezeichnete der Landtags-Abgeordnete Karl Straub (CSU) aus Wolnzach die Demonstration. Er sei tief beeindruckt vom Engagement der Anwesenden. "Ich kann Euch heute nicht viele Versprechungen machen", gestand er ein. Die Diskussion über Verweise für Schulschwänzer habe er aber sehr wohl wahrgenommen. "Ich habe mir heute selber ein Bild gemacht", sagte er: "Es gab ja viele Vorurteile, die Schüler gehen ja nur zum Demonstrieren, um die Schule zu schwänzen. Ich glaube: Wer heute hier ist, weiß, dass es nicht so ist."

Straub proklamierte: "Vielleicht kann ich nächste Woche in München das eine oder andere tun, dass diese Schulverweise in Zukunft nicht mehr ausgesprochen werden." Er appellierte "Macht's weiter", wenngleich ihm klar ist, dass er sich damit möglicherweise nicht bei allen in seiner Partei beliebt macht. Der Abgeordnete verabschiedete sich von der Bühne mit der Zusage, alles versuchen zu wollen, um in Sachen Klimaschutz schnell etwas voranzubringen.

SPD-Kreischef Markus Käser stiftete den Hauptteil seiner Redezeit den Organisatoren der heutigen Veranstaltung und erklärte sinngemäß, dass er während seiner Schulzeit für das Klima gerne auf die Straße gegangen wäre und dafür auch Repressalien in Kauf genommen hätte. Neben GfG-Stadtrat Manfred "Mensch" Meyer als Vertreter des Bienenschutz-Bündnisses "Pfaffenhofen summt" und ÖDP-Kreisrat Siegfried Ebner traten etliche weitere Redner im Wechsel mit Kindern und Jugendlichen auf die Bühne, um ihre Statements vor dem Publikum abzugeben. Unter ihnen waren nach eigenem Bekunden auch Schüler des Pfaffenhofener Schyren-Gymnasiums.

Am Rande des Geschehens: Der AfD-Abgeordnete Johannes Huber (links).

Der Bundestags-Abgeordnete Johannes Huber (AfD) aus Nandlstadt war als Beobachter des Geschehens gekommen. Unserer Zeitung sagte er noch vor den Reden: "Man muss aufpassen, dass der Wandertag in den Schulen nicht zweckentfremdet wird für einseitige politische Veranstaltungen." Die Demo am Hauptplatz habe zwar das Thema Klimaschutz "aber man hört immer wieder, eigentlich geht es über das ganze große Thema Antikapitalismus". Es sei zum Schulstreik aufgerufen und behauptet worden, dass der Physik-Unterricht keinen Sinn mehr habe. Kindern könne deshalb nicht geraten werden, sich hier zu beteiligen. "Ich bin gespannt, ob lokale CSU-Vertreter heute dabei sein werden", so Huber. "Was auch deren Links- und Grünrutsch mit verdeutlichen würde."

Huber warnte vor dem Hintergrund des Klimagipfels vor einer Quote für Elektro-Autos. "Dann muss man nämlich in unserer Industrie-Region aufpassen." Viele seien davon abhängig, welche Arbeitsplatz-Bedingungen bei Audi herrschten. Wenn es dort Probleme gäbe und Arbeitsplätze abgebaut würden wegen eingeführter verpflichtender Quoten, "dann kann man wirklich sagen, dass die Politik verantwortlich ist für den Verlust mancher Arbeitsplätze von Familienvätern von diesen Kindern, die heute demonstrieren". Diesen Widerspruch müsse man verdeutlichen. Huber prophezeit indes große Veränderungen, auch finanziell. "Hier kommen große Kosten auf uns zu."

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Bisherige Beiträge zum Thema:

"Fridays For Future": Große Demo in der Pfaffenhofener Innenstadt

"Wenn Unerhörtes und Provokantes getan wird, wie eben diese Schulstreiks" (Leserbrief)

AfD: Befreiungen von der Schulpflicht zur Demo-Teilnahme nicht akzeptabel


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