Gewerkschaft: 4800 Beschäftigte haben neben ihrer regulären Stelle einen Minijob. Ein Plus von 65 Prozent binnen zehn Jahren.
(ty) Rund 4800 Menschen im Kreis Pfaffenhofen haben neben ihrer regulären Stelle noch einen Minijob. Damit stieg die Zahl der Zweitjobber innerhalb von zehn Jahren um 65 Prozent, wie die Gewerkschaft "Nahrung, Genuss, Gaststätten" (NGG) heute mitteilte. Immer mehr Menschen im Landkreis seien auf einen Zweitjob angewiesen. Die NGG beruft sich dabei auf neue Zahlen der Arbeitsagentur. Demnach sind Zusatz-Jobs in Restaurants, Gaststätten und Hotels im Kreis Pfaffenhofen besonders verbreitet: "In der Branche gab es im Juni 2019 rund 700 Zweitjobber – das sind 81 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor", so die NGG.
Gewerkschafter Rainer Reißfelder spricht von einer Schieflage auf dem Arbeitsmarkt: "Im Schatten des Booms der vergangenen Jahre sind viele sozialversicherungs-pflichtige Stellen entstanden, die oft kaum zum Leben reichen", kritisiert er. Nebenjobs müssten dann die Haushaltskasse aufbessern. "Aber wer auf einen Zweitjob angewiesen ist, der arbeitet meist am Limit – auf Kosten von Familie, Freunden und Freizeit", betont Reißfelder, Geschäftsführer der NGG Oberpfalz. Nach Den Worten des Gewerkschafters trifft der Boom bei den Nebenjobs langfristig auch die heimische Wirtschaft.
"Gastronomen und Bäckermeister, die über den Fachkräfte-Mangel klagen, aber gleichzeitig auf 450-Euro-Kräfte setzen, schneiden sich ins eigene Fleisch. Minijobber können keine Hotelfachleute ersetzen", sagt Reißfelder. Doch Fachkräfte gewinne man nur mit ordentlichen Löhnen – "so hoch, dass die Beschäftigten keinen Zweitjob mehr brauchen". Außerdem müssten sich die Arbeitgeber stärker um Nachwuchs kümmern, fordert die NGG. "Eine Lehre im Lebensmittel-Handwerk oder im Gastgewerbe kommt für Schulabgänger nur infrage, wenn der Lohn und die Ausbildungs-Bedingungen stimmen", so der Reißfelder.
Die NGG sieht nach eigenem Bekunden aber auch die Politik in der Verantwortung. Die Zunahme der Zweitjobs sei auch "das Ergebnis einer verfehlten Arbeitsmarkt-Politik" der Nullerjahre. "Mit einer Reform könnte die Bundesregierung Minijobs voll in die Sozialversicherung einbeziehen", sagt Reißfelder. "Allerdings sollten die Arbeitgeber den größten Teil der Beiträge zahlen." Das mache reguläre Stellen attraktiver und verschaffe den Minijobbern heute eine bessere Absicherung.