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Kreischefin Kerstin Schnapp & Co. stellen ihr Programm für den Landkreis vor und teilen wohldosiert aus: Dezente Kritik am CSU-Landrat, deutlichere an der SPD und harsche an der FDP

Von Tobias Zell

Bei der Vorstellung ihres Programms für die Kreistagswahl haben die Grünen heute klar Position bezogen: Sie sagen Nein zur Privatisierung der Ilmtalklinik, Nein zu einer weiteren Autobahn-Ausfahrt, Ja zur gelben Tonne. Sie fordern eine seniorengerechtere Infrastruktur, Weitblick beim Breitband-Ausbau, einen Kulturentwicklungsplan und eine Vorreiter-Rolle des Kreises bei der Energiewende.  Außerdem erwarten sie, dass der Landkreis sich klar gegen Agro-Gentechnik stellt, die Ehrenamtlichen bei der Betreuung der Asylbewerber besser unterstützt, Bürgerbeteiligungsformate schafft und einen Beirat für behinderte Menschen einrichtet. Dezente Kritik gibt es an Landrat Martin Wolf (CSU), deutlichere an der Kreis-SPD und harsche am aktuellen Wahlkampf-Gebaren der FDP.

Die gelbe Tonne ist derzeit in aller Munde. Sie könnte im Kreis Pfaffenhofen den gelben Sack ablösen. Landrat Wolf will bekanntlich die Bürger entscheiden lassen, die Freien Wähler haben bereits einen entsprechenden Antrag gestellt und auch die Liberalen werben für die gelbe Tonne. „Wir finden es schön, dass die FDP auf diesen Zug aufspringt“, sagt die Grünen-Kreischefin Kerstin Schnapp, will aber daran erinnert wissen, dass die FDP dieses Thema zuletzt zwei Mal eben nicht behandelt haben wollte. Den von FW und Landrat angepeilten Bürgerentscheid begrüße man – weil man zuversichtlich sei, dass sich die Bürger klar für die gelbe Tonne aussprechen.

Verwundert zeigte sich Schnapp, dass die FDP die gelbe Tonne im Wahlkampf so hoch hänge. „Wenn das deren Wahlkampf-Thema ist, dann kann ich nur sagen, wir haben noch ein paar mehr.“ Zum Beispiel wollen sich die Grünen dafür einsetzen, dass der Landkreis gentechnikfrei bleibt und fordern dabei auch einen Beitritt des Landkreises zum „Bündnis Zivilcourage für einen agro-gentechnikfreien Landkreis“. Das wäre ein „deutliches Signal“ – und genau das erwarte man, so Schnapp.

Der Pfaffenhofener Stadtrat und Kreisrat Roland Dörfler sieht aber auf diesem Sektor noch weiteren Nachholbedarf. Der Ausschuss für Natur und Umwelt des Landkreises sei unter Landrat Wolf noch überhaupt niemals zusammengetreten, dabei habe das Gremium sogar beschließenden Charakter. Es gebe keine Themen, habe Angelika Furtmayr diesbezüglich mehrfach gehört. Doch das will die Stadt- und Kreisrätin, die auch Ortsvorsitzende der Pfaffenhofener Grünen ist, nicht gelten lassen.  Denn Themen in Sachen Natur und Umwelt gibt es aus Sicht der Grünen zur Genüge.

Schnapp hofft indes, dass sich durch die Kreistagswahl auch an der politischen Arbeit auf Kreisebene etwas ändert. Der SPD wirft sie sinngemäß vor, sie habe sich durch die Landratsamt-Außenstelle für Vohburg – Bürgermeister Martin Schmid ist SPD-Fraktionschef im Kreistag – von Landrat Wolf und der CSU ruhigstellen lassen. Denn obwohl Manching und Geisenfeld die laut Schnapp „mit Sicherheit geeigneteren Standorte“ gewesen wären, sei die Außenstelle plötzlich nach Vohburg gekommen. Sie vermutet, dass Martin Schmid im Gegenzug dem CSU-Fraktionschef Reinhard Heinrich „eine brave SPD“ im Kreistag versprochen habe.

Aber auch, wenn man nicht zufrieden damit sei, wie vieles auf kreispolitischer Ebene laufe (Schnapp: „Da gibt es Leute, mit denen man nicht zusammenarbeiten kann“) , müsse man als kleine Partei „nicht unter der Gürtellinie holzen“ oder „wichtige Anträge opfern“, um Aufmerksamkeit zu bekommen, kritisierte Schnapp in Richtung der FDP. Der attestierte sie ein „Kasperl-Theater vom Feinsten“ und ergänzte: „Mit gefällt der Wahlkampf-Stil der FDP derzeit überhaupt nicht.“ Außerdem wisse man nie so recht, ob das, was man aus Reihen der Liberalen höre, eine Einzelmeinung oder eine FDP-Position sei, sagte sie angesichts der Attacken des Pfaffenhofener FDP-Ortsvorsitzenden Rainer Daschner auf Manfred „Mensch“ Mayer.

Gut sei, so Schnapp, dass sich bei der Initiative Regionalmanagement (Irma) nun in Sachen Regionalmarketing was tue. Auch, wenn man leider noch kein Konzept gesehen habe, sei das „besser als nix“.

Dass Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) momentan die Energiewende „an jedem Eck sabotiert“, darunter leidet nach den Worten von Schnapp freilich auch der Landkreis. Ungeachtet der Windrad-Debatte sind die Grünen aber der Meinung, dass auch der Kreis selbst noch viel mehr zur Energiewende beitragen müsste. Die Grünen wollen erreichen, dass bei allen Neubauten und Sanierungen von Landkreis-Gebäuden der Passivhaus-Standard eingehalten wird. Und alle Kreis-Einrichtungen sollten Strom von Anbietern beziehen, die diesen nachweislich aus regenerativen Quellen gewinnen. Auch, was die Beratung und Unterstützung der Kommunen bei der Energiewende angeht, sehen die Grünen den Landkreis noch viel stärker in der Pflicht.

Für die Entsorgung von Grüngut-Abfällen zahle der Landkreis jährlich Hunderttausende von Euro, stellte Dörfler heraus. Im Jahr 2009 seien es zum Beispiel über eine Million Euro gewesen, 2012 rund 950 000 Euro. Die Grünen regten deshalb an, dass der Kreis kleinere Biogas-Anlagen errichtet, um sich das Geld für die teure Entsorgung zu sparen und um zugleich noch Energie zu produzieren. Ein von den Grünen in Auftrag gegebenes und auch bezahltes Erstgutachten habe die Umsetzbarkeit dieser Idee klar bestätigt, betont Dörfler. Die Grünen ärgert aber, dass das Thema auf kreispolitischer Ebene nicht weiter vorangetrieben werde. Ein erweitertes Gutachten, dass zusätzliche Möglichkeiten – wie die Verwertung weiterer Abfälle etwa von Firmen – unter die Lupe nimmt, könnten die Grünen jedenfalls nicht mehr aus eigener Tasche bezahlen. Und der Landkreis wolle das Thema offenbar nicht weiterverfolgen.

Sorgen machen sich die Grünen über den Personal-Einsatz in der Kreisverwaltung. Es gebe jetzt schon Bündnisse für Familien, Senioren und Bildung im Landkreis – aber zu wenig Leute für die Umsetzung, kritisiert Schnapp. Nach ihrer Einschätzung kann es auch nicht sein, dass sich bei der Betreuung von Asylbewerbern gerade mal zwei Sozialpädagogen um 200 ehrenamtlichen Helfer kümmerten – vor allem, da man ja bereits wisse, dass noch weitere Asylbewerber in den Landkreis kommen.

Was weitere Gewerbeflächen angeht, mahnen die Grünen Augenmaß und Verhältnismäßigkeit an. „Wenn man schon Flächen ausweist und versiegelt, um Betriebe anzusiedeln, dann sollten dabei schon auch Arbeitsplätze herauskommen“, betont Schnapp mit Blick auf Logistikunternehmen, die in der Regel hohen Flächenbedarf haben, aber vergleichsweise wenig Jobs schaffen. Ein klares Nein gibt es von den Grünen auch zu einer Autobahnausfahrt Bruckbach. „Es gibt genügend Autobahn-Ausfahrten im Landkreis“, sagt Dörfler.

Am Herzen liegt den Grünen auch eine Vernetzung der Naherholungsangebote im Landkreis. Was das ehrenamtliche Engagement ganz allgemein angeht, warnt nicht nur Dörfler: Man dürfe nicht immer mehr auf das Ehrenamt abwälzen – zum einen stoße man da an Grenzen, zum anderen dürfe sich der Staat nicht aus der Verantwortung stehlen.

Bei der Breitband-Versorgung drücken die Grünen aufs Tempo. Ein schneller Zugang zum Internet sei inzwischen Basis der Infrastruktur, dafür müssten Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden. Und wenn Straßen sowie Fuß- oder Radwege im Landkreis gebaut oder saniert werden, dann müssten zumindest im Zuge dieser Arbeiten schon mal Leerrohre für die spätere Verlegung von Glasfaserkabeln mitverlegt werden.


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