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Wegen der neuerlichen Spanner-Affäre hat sich der ehemalige Scheyerner Bürgermeister Albert Müller heute vor dem Landgericht zu verantworten

(zel) Mit der Verurteilung des ehemaligen Scheyerner Bürgermeisters Albert Müller zu einer Geldstrafe in Höhe von 5250 Euro wegen der neuerlichen Spanner-Affäre war der Fall nicht erledigt. Denn gegen das Urteil, das im März vom Münchner Amtsgericht gesprochen worden war, haben sowohl Müllers Verteidigerin Regina Rick als auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittel eingelegt, weshalb es nun heute Nachmittag vor dem Münchner Landgericht in die nächste Instanz geht.

Wie berichtet, war Müller am 11. März wegen Beleidigung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 75 Tagessätzen zu jeweils 70 Euro verurteilt worden. Damit bestätigte das Amtsgericht exakt die Höhe der Geldstrafe, die auch der Strafbefehl vorgesehen hatte, den Müller aber nicht akzeptiert hatte, weshalb es ja überhaupt erst zu der Gerichtsverhandlung gekommen war.

Bei der mit dem Akzeptieren eines Strafbefehls verbundenen Geldstrafe wird freilich immer von einem geständigen Täter ausgegangen. Müller hatte sich allerdings vor Gericht zu Sache überhaupt nicht geäußert. Die Staatsanwältin hatte, auch deshalb, in der Verhandlung eine höhere Geldstrafe – nämlich 90 Tagessätze – gefordert. Und so waren dann letztlich beide Seiten nicht zufrieden mit dem Urteil des Amtsgericht: Der Staatsanwaltschaft war die verhängte Geldstrafe zu niedrig und Müllers Anwältin hatte auf Freispruch plädiert. 

Müller wurde verurteilt, weil er im Sommer vergangenen Jahres auf einer Rolltreppe am Münchner Stachus Frauen mit einer Digitalkamera unter den Rock gefilmt beziehungsweise fotografiert hat. Auf der Speicherkarte fanden sich 99 entsprechende Bilder und 27 Videos. Ein Zeitungsverkäufer hatte Müller bei seinem voyeuristischen Treiben beobachtet und daraufhin die Polizei alarmiert, die ihn dann auch auf frischer Tat ertappte. Den Beamten hat sich Müller dann widersetzt und um sich geschlagen; dabei wurde ein Polizist verletzt. Außerdem soll er versucht haben, seine Kamera zu zerstören.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts wurden von beiden Seiten Rechtsmittel eingelegt. Und deshalb befasst sich nun heute ab 15 Uhr im Sitzungssaal 208 die 25. Strafkammer des Landgerichts München I erneut mit dem Fall. Einen ausführlichen Vorbericht lesen Sie hier: Spanner-Affäre wird nun vor dem Landgericht verhandelt 

Erinnerungen an 2009 

Der aktuell im Raum stehende Fall ruft die Erinnerungen an das Jahr 2009 wieder wach. Damals sah sich Müller schon einmal mit Spanner-Vorwürfen konfrontiert. Ihm wurde vorgehalten, sich in einer Damentoilette auf einem Parkplatz an der A9 bei Paunzhausen als Spanner verdingt zu haben. Verkleidet mit einer blonden Perücke soll er mit Hilfe eines Spiegels versucht haben, in eine WC-Kabine zu spähen. Das angebliche Opfer dieser Spanner-Attacke, eine 26-jährige russische Studentin, soll daraufhin schreiend aus dem Toiletten-Gebäude gelaufen sein. Ihre beiden Begleiter haben sich, so hieß es weiter, das Autokennzeichen des Unholds notiert – und das führte die Beamten zum Scheyerer Bürgermeister Alfred Müller. Bei ihm zu Hause, wo die Polizisten wenig später vorstellig wurden, fand man eine Videokamera sowie offenbar heimlich gemachte Aufnahmen von einer spärlich bekleideten Frau. 

Müller indes hatte für alles eine Erklärung: Auf dem Rastplatz gewesen zu sein, bestritt er ohnehin nie. Aber nicht er sei auf dem Frauen-WC gewesen, sondern eine Anhalterin, die er mitgenommen habe. Ausfindig gemacht wurde die allerdings ebenso wenig wie die russische Studentin, die das Opfer der Spanner-Attacke gewesen sein soll. Dass Zeugen aussagten, die blonde Person – ihrer Meinung nach ein Mann mit Perücke – sei nach dem Vorfall ins Auto gestiegen und weggefahren, begründete Müller sinngemäß so: Ihm sei es an dem Tag nicht so gut gegangen, deshalb habe er die Anhalterin ans Steuer seines Wagens gelassen und sich selbst auf die Rückbank zurückgezogen. Die Spanner-Aufnahmen auf der Videokamera erklärte Müller einmal damit, dass er das Gerät seinem inzwischen gestorbenen Bruder geliehen habe. Ein anderes Mal teilte er mit, er habe die Kamera einem Bekannten geborgt. 

Die Ermittlungen gegen Müller wurden damals in beiden Fällen eingestellt. Dass er das pikante Video gemacht habe, war ihm nicht zweifelsfrei nachzuweisen. Und auch die angebliche Spanner-Aktion im Autobahnklo blieb ohne Folgen. Die Staatsanwaltschaft fand keinen Straftatbestand, den sie hätte verfolgen können – einen Spanner-Paragrafen gibt es eben nicht. Strafrechtlich war der Fall damit erledigt. Nicht aber dienstrechtlich. Denn die Landesanwaltschaft als oberste Disziplinarbehörde für Beamte bewertete die Lage anders und legte den Fall nicht zu den Akten. Die Disziplinarkammer am Verwaltungsgericht befand Müller für schuldig und brummte ihm drei Jahre lang eine Gehaltskürzung von 20 Prozent auf. 

Doch Müller zog vor den Verwaltungsgerichtshof – und bekam im Dezember vergangenen Jahres Recht. „Die Geschichte mit der Anhalterin wirkt konstruiert“, so der Richter, aber es sei nicht „völlig ausgeschlossen“, dass sie stimme. Und dass es, wie Müller behauptete, sein inzwischen verstorbener Bruder gewesen sei, der das besagte Filmchen gedreht habe, sei auch nicht widerlegbar. Und da es „im Zweifel für den Angeklagten“ heißt, war auch die Gehaltskürzung vom Tisch. Damit war diese Geschichte erledigt. Heute nun geht es um die Frage: Ist es strafbar, Frauen unter den Rock zu fotografieren?

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