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Die 17 Millionen Euro teure Generalsanierung und Erweiterung des Pfaffenhofener Landratsamts wirft viele Fragen auf und geht sicher nicht als Meisterstück in die Geschichte ein

Ein Kommentar von Tobias Zell

Die Geschichte der 17 Millionen Euro teuren Generalsanierung und Erweiterung des Pfaffenhofener Landratsamts läuft keineswegs Gefahr, als Meisterstück der Entscheidungsträger in die Geschichte einzugehen. Zu viele Fragen drängen sich auf, manches läuft schief, vieles unglücklich, und das eine oder andere passt einfach hinten wie vorne nicht. Aus der Entfernung betrachtet wirkt das eher wie eine Provinzposse. 

1. Die Giebel-Affäre

Sie mag  – so seltsam das klingt – noch die harmloseste Episode dieser Geschichte sein. Peinlich zwar, aber letztlich wohl zu verschmerzten. Wir erinnern uns: Nachdem sich die Kreisbehörde bei seinem eigenen Anbau über einen vom Verwaltungsgericht verhängten Baustopp hinweggesetzt (man hatte „den Beschluss anders gelesen“) und somit dem Schwarzbau gefrönt hatte, waren die sonnigen Zeiten hier Vergangenheit. Im übertragenen Sinne, weil sich das Landratsamt viel Spott gefallen lassen musste, da ausgerechnet die Genehmigungsbehörde es offenbar bei sich selbst nicht so genau nahm mit Recht und Ordnung. Und auch im wörtlichen Sinne, da ein Nachbar ja gegen den umstrittenen Giebel klagte, weil der einen für ihn nicht hinnehmbaren Schatten auf sein Haus warf.

Und als das Verwaltungsgericht dann beim Ortstermin den Vertretern des Landkreises wenig Hoffnung darauf machte, dass der Giebel stehen bleiben kann, und zudem angesichts des ignorierten Baustopps empört war, trat man von Seiten des Beklagten nolens volens den Rückzug an. Nun kam also der Giebel weg – er wurde abgerissen und durch eine Dachschräge ersetzt. Damit kann der Nachbar leben, und der Bauherr muss es halt. Wie hoch die Mehrkosten für dieses unrühmliche Intermezzo ausfallen, ist noch nicht offiziell verkündet worden. Ausgegangen war man von rund 90 000 Euro – zu tragen letztlich vom Steuerzahler.

2. Die Fassaden-Gestaltung

Während also hinten schon fleißig gebaut wurde (sogar mehr als erlaubt), weiß man noch gar nicht, wie es am Ende vorne aussehen soll. Klingt komisch, ist aber so. Denn die Beantwortung der Frage nach der Gestaltung der Fassade zum Hauptplatz hin hat man sich bis zum Schluss aufgehoben. Man mochte da nichts übereilen und vor allem wollte und will man die Bürger einbeziehen. Eine erste Runde dazu gab es schon im vergangenen Jahr – und herausgekommen sind zwei wesentliche Erkenntnisse, die Landrat Martin Wolf (CSU) dieser Tage noch einmal zusammengefasst hat.

Erstens wird der Übergang zum Rentamt luftiger gestaltet: Der Torbogen kommt weg, eine moderne Glasbrücke hin. Zweitens verzichtet man darauf, ein drittes Obergeschoss draufzusetzen: Weil es ohne vielleicht schöner aussieht oder sich besser einfügt ins Stadtbild – was allerdings dazu beiträgt, dass man auch nach der 17 Millionen Euro teuren Baumaßnahme nicht alle Angestellten in dem Gebäude unterbringt.

3. Selber bauen und trotzdem Miete zahlen

So kommt es also – der Landrat hat das jetzt erstmals offiziell eingeräumt – zu der schwer vermittelbaren Situation, dass man einerseits 17 Millionen auf den Tisch legt, um das alte Gebäude zu sanieren und zu erweitern, und dass man andererseits weiterhin Miete für zusätzliche Büros bezahlen muss, weil man seine Leute wieder nicht unterkriegt. Angesichts dieses Dilemmas wird die Frage der Außengestaltung im wahrsten Sinne des Wortes zur Fassade. Denn das eigentliche Problem ist ein grundsätzliches. Die Vermieter, die dem Landkreis ihre Räume anbieten dürfen, damit der seine Angestellten unterbringt, wird das freilich freuen. Doch dieses Szenario hat auch Schattenseite.

4. Der Wirtschaft Flächen rauben

Das Problem ist, dass die Räume, die das Landratsamt dann in der Stadt belegt, nicht mehr für Wirtschaft, Gewerbe und Handel zur Verfügung stehen. Oder anders gesagt: Auf der einen Seite leistet man sich ein Kommunalunternehmen für Strukturentwicklung (KUS), das den Landkreis jährlich um die 750 000 Euro kostet, und das die Wirtschaft weiterbringen soll. Und auf der anderen Seite entzieht man der Wirtschaft Flächen, weil man sie für Beamten-Schreibtische braucht.

Einen kleinen Vorgeschmack gab es ja schon: Im alten Rentamt, das dem Landkreis gehört, wurde nach dem Willen von Landrat Wolf ein freigewordenes Ladenlokal dem Gewerbe entzogen, weil man diese gut 50 Quadratmeter übergangsweise als Ausweichbüros braucht – wegen der angesichts der Generalsanierung herrschenden Raumknappheit. Danach soll dieser Laden angeblich wieder verpachtet werden. Was angezweifelt werden darf, weil man ja inzwischen weiß, dass auch nach der Sanierung und Erweiterung weiterhin Raumnot herrschen wird.

5. Die Frage nach dem Sinn

In den vergangenen zehn Jahren wurden im Landratsamt 53 neue Stellen geschaffen; heuer kommen weitere zehn hinzu. Und man weiß also jetzt schon, dass man die Mitarbeiter nicht alle unterbringen kann. Nun gibt es also auf mittlere bis lange Sicht vermutlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder nach wie vor externe Räume anmieten, was Geld kostet. Oder doch noch irgendwann irgendwo einen Ergänzungsbau errichten, was auch Geld kostet, dafür hätte man aber zumindest was Eigenes. Beide Varianten führen die laufende 17-Millionen-Maßnahme ad absurdum. Es drängt sich unweigerlich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Sanierung und Erweiterung auf.

Es war aber halt politisch gewollt, das Landratsamt nicht auszulagern. Aus heutiger Sicht wäre allerdings ein Neubau auf der grünen Wiese wohl die vernünftigere Lösung gewesen. Da hätte man so (groß) bauen können, wie es wirklich nötig gewesen wäre. Hätte sich genügend Flächen für künftige Erweiterungen sichern können. Hätte ausreichend Parkplätze schaffen können. Und in der Innenstadt hätte man ein Areal in bester Lage gewonnen, das man wirklich zukunftsträchtig entwickeln könnte. Ein solches City-Center (oder wie immer man nennen würde) hätte die Innenstadt sicher nicht weniger belebt als von Raumnot geplagte Behördenmitarbeiter, die sich mittags eine Leberkäs-Semmel mit süßem Senf holen.

6. Ausgeträumt!

Aber das Landratsamt soll nun mal in der City bleiben. Und deshalb muss man jetzt auch  die Fassade aufhübschen. Böse Zungen könnten sagen: Die Bürger sollen durch die Fassaden-Verschönerungs-Diskussion auch davon abgelenkt werden, dass die ganze 17-Millionen-Euro-Sanierung im Grunde ein Witz ist. Aber gut, gestalten wir also die Fassade neu. Verschönern wir sie – was wahrlich nicht schwer ist, weil nahezu jegliche Veränderung an diesem Klotz unweigerlich zu einer Verbesserung führt. Und damit die Bürger hinterher auch zu ihrem „neuen“ Landratsamt stehen, dürfen sie mitreden bei der Gestaltung. Das nennt sich Bürgerbeteiligung.

7. So genannte Bürgerbeteiligung

Im Rahmen dieser so genannten Bürgerbeteiligung stehen nun also drei Varianten zur Diskussion. Das Problem ist dabei allerdings, dass es keine echten Alternativen sind, die da auf dem Tisch liegen, da sich diese Varianten im Grundsatz kaum unterscheiden. Es geht letztlich bloß mehr um die Frage, ob die Fenster paarweise gruppiert werden oder nicht. Ob man die Fassade verputzt oder mit Naturstein verkleidet. Und ob man noch ein bisschen was von der Außenmauer begrünt oder nicht. Eine echte Wahl sieht anders aus. Zwar sollen Kombinationsmöglichkeiten aus den drei Varianten möglich sein. Doch recht viel weiter darüber hinaus dürfen die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung eigentlich schon nicht mehr gehen, wie Landrat Wolf bereits recht klar signalisiert hat. 

8. Ist das echte Bürgerbeteiligung?

Nein, ist es nicht – eher Bürgerbeteiligung light oder Bürgerberuhigung. Denn echte Bürgerbeteiligung ist ergebnisoffen. Was hier aber serviert wird, sind drei Fleischgerichte: Rouladen, Kalbsgulasch und Ochsenfetzen. Nicht dasselbe zwar, aber halt doch alles vom Rindvieh. Friss oder stirb. Man klatscht jetzt den Leuten drei recht ähnliche Fassaden-Varianten hin und gibt ihnen das Gefühl, dass sie mitreden dürfen. Dass am Ende die Kreispolitiker entscheiden müssen, ist ohnehin klar. Sollte sich aber im Rahmen dieser so genannten Bürgerbeteiligung tatsächlich eine Variante als besonders beliebt herausstellen, dann kann man die ganz generös nehmen – weil man ja im Vorfeld sowieso nur die Möglichkeiten zur Diskussion gestellt hat, die einem selbst in den Kram passen. Bedenkenloser konnte man von Seiten der Verantwortlichen vermutlich noch nie in eine Bürgerbeteiligung gehen. 

9. Innenhof

Es müsste – wenn schon Bürgerbeteiligung – auch um die Frage gehen, wie der Innenhof des Landratsamts künftig aussehen soll. Autofrei oder nicht? Ohne wäre freilich schöner. Aber der Landrat hat schon gesagt, dass das aus seiner Sicht nicht gewünscht ist. Weil die Amtsleiter und die hochrangigen Besucher der Behörde nicht die Zeit haben, im Parkhaus gegenüber ihr Auto abzustellen und dann über die Straße zu gehen. Im Zuge eines effektiven Behörden-Ablaufs brauche man diese Stellflächen dringend, sagte Wolf sinngemäß. (Im Zuge eines effektiven Behördenablaufs wäre es indes auch gut, wenn man die Mitarbeiter in einem für schlappe 17 Millionen Euro sanierten und erweiterten Gebäude unterbringen könnte.) Jedenfalls darf man eher nicht davon ausgehen, dass es zum Beispiel in der Frage, ob der Innenhof autofrei werden soll, eine Bürgerbeteiligung gibt. Denn da könnte ja etwas herauskommen, was man nicht will. 

10. Fazit

Der Landkreis Pfaffenhofen saniert und erweitert derzeit für 17 Millionen Euro sein Landratsamt, weiß aber jetzt schon, dass es zu klein sein wird und man danach wieder Büros anmieten muss, die damit der heimischen Geschäftswelt entzogen werden. Man startet nun eine so genannte Bürgerbeteiligung, in der die Leute über drei Varianten diskutieren dürfen, die vorher ausgesucht worden sind und die sich nicht wirklich grundsätzlich unterscheiden. Man lässt die Bürger hier mitreden, weil es im Grunde egal ist, was rauskommt. Ob begrünt, von Naturstein bedeckt oder mit paarweisen Fenstern versehen: Es ist alles nur Fassade. Denn die eigentlichen Probleme, die liegen dahinter.

 

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