Leserbrief des Pfaffenhofener Stadtrats Manfred "Mensch" Mayer (GfG) zu den Beschlüssen über die Gestaltung der Landratsamt-Fassade und die Nutzung des Innenhofs
Auf der gestrigen Sitzung des Bau- und Vergabe-Ausschusses des Kreistags – bei der ich als Zuhörer anwesend war – standen die Neugestaltung der Fassade und die Nutzung des Innenhofes des Pfaffenhofener Landratsamts auf der Tagesordnung. Wer die Hoffnung hatte, dass sich der Ausschuss für Mut und Gemeinwohl und gegen Biederkeit und Autolobby entscheidet, sieht sich nun doppelt enttäuscht. Denn: Grüne Fassade und autofreie Innenhof-Oase für die Bürgerinnen und Bürger wurden abgelehnt! Beide Entscheidungen sind nach meiner Auffassung sowohl inhaltlich als auch in der Art und Weise ihrer Entstehung mehr als äußerst fragwürdig.
Was gab bei dem 15-köpfigen Kreis-Ausschuss den Ausschlag für eine 8:7- oder 7:8-Entscheidung für oder gegen eine Fassaden-Variante? Die personelle Zusammensetzung. Die war – und ist – bedingt durch An- und Abwesenheit von Rätinnen und Räten bei offenen und engen Entscheidungen dem Zufall ausgesetzt. Es ist geradezu abenteuerlich fahrlässig, dass wir uns bei einer Entscheidung von solcher Tragweise überhaupt so einer zufälligen knappen Konstellation aussetzen. Um das auszuschließen, sollte in solchen Fällen besser der gesamte Kreistag oder noch besser die Bürgerschaft direkt entscheiden.
Grundsätzlich bedenklich – und geradezu demokratiegefährdend – sind die standardmäßig angewendeten Mehrheit-mit-einer-Stimme-Entscheidungen. „Ja oder Nein“, „Hop oder Top“, „friss oder stirb“ entspricht nicht dem Gemeinwohl und ist überholter Ausdruck einer rücksichtlosen Mehrheitsmentalität nach dem Motto: Wir haben die Mehrheit und können quasi tun was wir wollen. 50,5 Prozent bestimmen also über 49,5 Prozent!?
Was wir brauchen, sind Entscheidungsprozesse, die Konsens anstreben und ermöglichen. Es kann nicht um Machtspiele oder persönliche Vorlieben gehen, sondern es gilt Lösungen zu finden, die gemeinwohlorientiert wirksam und für alle tragbar sind. Das lässt keine großen Widerstände entstehen, denn es gibt keine Verlierer und keine Sieger.
Echte Entscheidungsprozesse beinhalten per se eine ganz ausführliche und fundierte Informationsphase. Die war leider bei beiden Entscheidungen zum Landratsamt nicht gegeben. Eine unrühmliche Rolle kommt hier Planer und Architekt Benjamin Hardt zu. Dieser hat bei der landratsamt-internen Info-Veranstaltung wie auch vor der gestrigen Abstimmung eigentlich nur seine Variante ins rechte Licht gerückt und die Grün-Variante subtil diskreditiert. Bei der Bürgerdialog-Veranstaltung im Hofberg-Saal gelang ihm dies nicht, denn dort stellte der Ideengeber für eine Fassaden-Begrünung, Landschaftsarchitekt und Stadtplaner Heinz Kindhammer, diese Variante selbst vor. Bei unvoreingenommener Gegenüberstellung beider Varianten fand die Putzfassade kombiniert mit der Begrünungsvariante eine eindeutige und breite Zustimmung.
Fakt ist, dass die Technik der Begrünung vielerorts erprobt und zuverlässig beherrschbar ist. Landrat Martin Wolf hat bei einem Behördenbau in Österreich zudem selbst eine begutachtet. Es ist also eine Mär zu behaupten, die Technik sei unausgegoren und das Grün bringe nur Ungeziefer und Schmutz. Blumenkästen vor dem Fenster sind ja in unserer Gegend nicht selten und nicht unüblich. Deshalb sind auch nach einer Begrünung bei einem geöffneten Landratsamt-Fenster Überfälle von Aliens auszuschließen.
Fakt ist auch, dass das Gebäude des Landratsamts schon wegen seiner schieren Größe – und es wird nach dem Umbau noch wuchtiger, weil breiter – eine zentrale Stelle des Hauptplatzes dominiert. Dieser Zweckbau lässt sich nicht verstecken! Er kann gar nicht zwecks Masse – genauso wenig wie die Zugspitze oder der Mount Everest – bei einer so genannten zurückhaltenden Fassaden-Gestaltung übersehen werden. Hier braucht es deutlich untergliedernde gestaltende Eingriffe. Ansonsten wird nach jahrelanger Planung wieder versäumt, von der bisher zentral hässlichsten Fassade im Stadtzentrum entscheidend den architektonischen Schandfleck-Charakter zu nehmen und sie endlich zu einem echten freudigen Hingucker werden zu lassen.
Zu bedenken gilt auch, dass bei ortsprägenden Gestaltungs-Entscheidungen an öffentlichen Gebäuden, die Stimmen der Bewohnerinnen und Bewohner vor Ort ausschlaggebend sein sollten. Obwohl nur von einer informellen Bürgerbeteiligung gesprochen werden kann, so war die Tendenz bei den Pfaffenhofener Stadträten und Bürgern eindeutig für Grün und für Innenhof-Oase. Das sollten bei solchen Abstimmungen gerade die Räte aus dem Landkreis berücksichtigen. Mein Geschmack und meine Vorliebe als Pfaffenhofener sollte auch nicht den Ausschlag geben, wie zum Beispiel ein Gebäude in Manching oder in Wolnzach auszuschauen hat.
Echte Bürgerbeteiligung braucht auch echtes Eingehen und Präsentieren von Bürgervorschlägen. Wohin ist die Variante von Hermann Singer mit dem Erker verschwunden? Wer hat die ausgesiebt? Gerade bei einer Nichtbegrünung wäre dies ein beachtenswerter Vorschlag gewesen, der die Fassade gliedert und ihr die Monstrosität nimmt.
Bei der Innenhof-Nutzung wurde gar nur ein Vorschlag vorgestellt. Und der hatte Parkplätze! Welche Möglichkeiten es gäbe, den Platz zum hochwertigen innerstädtischen Aufenthalts- und Rückzugsraum zu gestalten, wurde überhaupt nicht dargestellt. Da dürfen wohl nur Fußgänger und Radler davon träumen! Denn der Innenhof des Landratsamts bekommt zur Krönung der Fassade acht Auto-Stellplätze und wird somit tagsüber zum Parkplatz degradiert!
Zusammenfassend gilt zu sagen, dass die Entscheidungen des Ausschusses eine Niederlage für mehr Grün in der Stadt und einen Sieg für die Autolobby bedeuten! Es bleibt zu hoffen und es gilt auch dahingehend mitzuwirken, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Manfred „Mensch“ Mayer
Pfaffenhofener Stadtrat (Wählergruppe „Gemeinsam für Gemeinwohl“, GfG), Referent für Grünanlagen
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