Ab morgen Abend soll wieder freie Fahrt auf der Staatsstraße 2232 zwischen Pfaffenhofen und Geisenfeld herrschen – Zwei Spezialbagger im Einsatz – Bahnstrecke in diesem Bereich extra gesperrt
Von Tobias Zell
Seit dem folgenreichen Crash vom 16. Juli auf der viel befahrenen Staatsstraße 2232 zwischen Pfaffenhofen und Geisenfeld, als ein auf einem Tieflader transportierter Bagger gegen die Brücke bei Zierlmühe nahe Uttenhofen krachte, ist der betroffene Abschnitt gesperrt. Die Staatsstraße ist seither zwischen der Abzweigung nach Walkersbach und Rohrbach nicht befahrbar – die Verkehrsteilnehmer müssen umständliche Umleitungen in Kauf nehmen. Doch jetzt kommt die gute Nachricht: Das marode Mittelteil des Brücken-Überbaus soll in der kommenden Nacht abgerissen werden. Und wenn alles nach Plan läuft, dann ist die Straße voraussichtlich ab morgen Abend wieder befahrbar, sagt Arne Schönbrodt, der zuständige Abteilungsleiter beim Staatlichen Bauamt Ingolstadt, im Gespräch mit unserer Zeitung.
In dieser Nacht soll alles nach einem akribischen Plan über die Bühne gehen. Denn die außergewöhnlichen Arbeiten müssen zwischen heute, 22.20 Uhr, und morgen, 6.30 Uhr, erledigt werden. Zeitlichen Spielraum gibt es nicht. Das liegt darin begründet, dass die Brücke nicht nur über die Staatsstraße führt, sondern auch über die Bahnstrecke München–Nürnberg. Und „wegen der Verbundwirkung“ der Brückenteile kann das demolierte Überbau-Stück nur bei ruhendem Zugbetrieb entfernt werden, erklärt Schönbrodt. Außerdem müsse aus Sicherheitsgründen während der Abriss-Arbeiten auch die Oberleitung stillgelegt werden.
Dieses Bild bot sich nach dem Crash.
So gesehen hat das Staatliche Bauamt Glück im Unglück, weil die Bahn derzeit bei Reichertshofen umfangreiche Baumaßnahmen vornimmt und deshalb der Zugverkehr ohnehin immer wieder zeitweise zum Erliegen kommt. So auch an diesem Wochenende, an dem seit heute früh und bis morgen, 14 Uhr, zwischen Rohrbach und Baar-Ebenhausen eine Vollsperrung der Gleise herrscht. Für den Brückenabriss wird die Sperrung extra acht Stunden lang bis Pfaffenhofen ausgeweitet. Die Bahn bietet Schienen-Ersatzverkehr an.
Gäbe es diese längst terminierte Gleis-Sperrung nicht, würde sich das Brücken-Drama vermutlich noch eine halbe Ewigkeit hinziehen. Gleis-Sperrungen müssen nämlich in der Regel viele Monate vorher angekündigt und genehmigt werden – denn dahinter steckt eine umfangreiche Logistik. Da geht es nicht zuletzt darum, dass die Auswirkungen – wie geänderte Zeiten, Umleitungen und Schienen-Ersatzverkehr – koordiniert und in den Gesamtfahrplan eingearbeitet werden müssen.
Zurück zur Brücke. Acht Stunden haben die Abriss-Experten also heute Nacht Zeit, um das Mittelteil herauszubrechen. Dafür kommen laut Schönbrodt zwei große Bagger zum Einsatz, die sich durch den Stahl und Beton des Brücken-Überbaus „knabbern“. Herangekarrt werden die Spezial-Maschinen per Schwertransport. Und weil die Arbeiten unter großem Zeitdruck erfolgen und man sich keine Verzögerungen erlauben kann, steht sogar noch ein dritter Bagger als Reserve bereit.
Nächtlicher THW-Einsatz zum Abstützen der einsturzgefährdeten Brücke.
Auf der Staatsstraße werden so genannte Bagger-Matten ausgelegt, damit der Fahrbahn-Belag nicht beschädigt wird. Denn die Trümmer werden nicht nur zu Boden krachen, sie müssen danach ja auch noch zerkleinert und abtransportiert werden. Am Ende wird dann die Straße noch abschließend gereinigt – und wenn wirklich alles nach Plan läuft, herrscht morgen Abend endlich wieder freie Fahrt. Das ist auch bitter nötig, denn auf diesem Abschnitt der Staatsstraße fahren normalerweise etwa 10 000 Fahrzeuge pro Tag, sagt Schönbrodt.
Erledigt ist der Fall aber auch nach dem Abriss des Mittelteils noch lange nicht. Zu prüfen gilt es nämlich, ob der Schaden an der Brücke allein durch den Austausch des ramponierten Mittelteils behoben werden kann oder ob der komplette Überbau erneuert werden muss. Die beiden anderen Überbau-Stücke liegen über der Bahnstrecke beziehungsweise über einem Wirtschaftsweg. Nicht nur heute Nacht, sondern auch in den kommenden Tagen werden Statik- und Brücken-Experten das Bauwerk noch einmal unter die Lupe nehmen.
Wie berichtet, schätzt Schönbrodt die Wahrscheinlichkeit, dass auch die beiden weiteren Überbau-Abschnitte ausgetauscht werden müssen, als hoch ein. Sollte das so kommen, dann blieben von der Brücke am Ende nur die Pfeiler und die Widerlager erhalten, der Rest würde erneuert. Einen theoretisch mögliches Zeitfenster für die Entfernung der beiden restlichen Überbau-Stücke gäbe es schon: Von 21. bis 24. August ist die Bahnstrecke ohnehin wieder gesperrt. Ob dieser Termin aber auch praktisch in Frage kommt, sei noch unklar, sagt Schönbrodt, der aber die Zusammenarbeit mit der Bahn in höchsten Tönen lobt.
Die ramponierte Brücke stammt übrigens aus dem Jahr 1978. Solche Bauwerke haben nach den Worten von Schönbrodt normalerweise eine durchschnittliche Lebensdauer von 80 Jahren. Regelmäßige Prüfungen hätten der Brücke stets besten Zustand attestiert. Das hat sich durch den Bagger-Crash vom 16. Juli im wahrsten Sinne des Wortes schlagartig geändert. Nach dem Unfall bot sich ein Bild, das fast schon an einen Granaten-Einschlag erinnerte: Betonbrocken lagen herum, Metallteile hingen heraus. Man musste kein großer Experte sein, um zu der Einschätzung zu gelangen, dass zumindest über das mittlere Brückenstück wohl niemand mehr fahren wird.
Gegen 11.30 Uhr war am besagten Tag ein 39-jähriger Lkw-Fahrer mit seinem Tieflader, auf dem sich der Bagger befand, auf der Staatstraße von Pfaffenhofen in Richtung Rohrbach unterwegs, als es zu dem spektakulären Crash kam. Da der Bagger nach ersten Ermittlungen der Polizei falsch auf dem Tieflader geladen war, ragte dessen Arm zu hoch hinaus und riss beim Durchfahren der Brücke tragende Teile aus dem Betonwerk. Direkt hinter dem Tieflader fuhr ein Pkw, der von herabfallenden Betonteilen völlig zerstört wurde. Wie durch ein Wunder erlitt das Ehepaar im Alter von 60 und 66 Jahren, das in dem Auto saß, nur leichte Verletzungen.
Nach dem Brücken-Crash mussten die Bahnstrecke und die Staatsstraße sofort gesperrt werden. Der Zugverkehr konnte am nächsten Tag wieder aufgenommen werden; die Staatsstraße ist seitdem im Bereich der Unfallstelle gesperrt. Bekanntlich attestierten Experten der Brücke sogar akute Einsturzgefahr, weshalb gut 50 Mann des THW in der Nacht auf 17. Juli Nacht im Einsatz waren, um das Bauwerk mit Hilfe einer speziellen Schwerlast-Konstruktion abzustützen. Heute Nacht kommt es nun wieder zu einem Großeinsatz – aber diesmal soll das marode Mittelstück nicht vor dem Einsturz bewahrt, sondern abgerissen werden.
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