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Über Nacht fraßen sich zwei Spezialbagger durch das seit einem Unfall einsturzgefährdete Bauwerk bei Uttenhofen – Staatsstraße vermutlich ab Sonntagmittag wieder befahrbar – 400 Tonnen Stahl und Beton 

Von Tobias Zell

Ziemlich genau vier Stunden dauerte es, bis auch der letzte Rest der insgesamt rund 400 Tonnen Beton und Stahl zu Boden gekracht war. Gegen 2.30 Uhr war damit der schwierigste Teil der nächtlichen Mission erfolgreich beendet: Der spektakuläre Abriss des Mittelstücks der Brücke über die Staatsstraße 2232 bei Uttenhofen. Bei einem kaum weniger spektakulären Crash am 16. Juli war das Bauwerk bekanntlich von einem auf einem Tieflader transportierten Bagger so arg gerammt worden, dass die Experten akute Einsturzgefahr diagnostizierten. Seitdem war das Durchfahren der Brücke für den Straßenverkehr tabu.  In der Nacht auf den heutigen Sonntag nun wurde dieses ramponierte Mittel-Stück abgerissen. 

Jetzt gleich mal die gute Nachricht für die Autofahrer: Die Sperrung der Staatsstraße kann somit heute wieder aufgehoben werden – und zwar voraussichtlich schon gegen Mittag, wie Arne Schönbrodt, der zuständige Abteilungsleiter beim Staatlichen Bauamt Ingolstadt, heute Nacht vor Ort im Gespräch mit unserer Zeitung sagte. Zunächst war davon ausgegangen worden, dass die Straße hier erst gegen Sonntagabend wieder freigegeben wird.

Die letzten Sekunden...

Es war eine generalstabsmäßige Aktion, die sich da ab Samstag, 22.20 Uhr, zwischen Uttenhofen und Rohrbach abspielte. Zwei Spezialbagger waren eigens für die nächtliche Abriss-Mission herangekarrt worden. Per Schwertransport, denn jeder von ihnen wiegt 43 Tonnen. Bevor die Kolosse loslegen konnten, waren im Arbeitsbereich so genannte Bagger-Matten auf der Staatsstraße verlegt worden. Das sind ziemlich dicke Holzdielen, die die Fahrbahn vor Beschädigungen durch die Baggerketten und herabfallende Trümmer schützen. 

Dann nahmen die beiden Spezial-Maschinen planmäßig ihre Arbeit auf und fraßen sich – Seite an  Seite – regelrecht durch die Brücke. Es knirschte, quietsche, krachte und staubte. Insgesamt rund 400 Tonnen Beton und Stahl galt es zu zertrümmern, zu zerlegen, ja fast zu sezieren. Denn so martialisch die zwei Bagger einerseits in die Brücke griffen, hämmerten und hackten, so filigran agierten sie dann zeitweise wieder, wenn es zum Beispiel darum ging, die zum Vorschein kommenden Stahlstäbe vom Beton zu trennen, oder wenn man an den Rändern des Mittelstücks peinlich genau darauf achten musste, die beiden anderen Segmente des Oberbaus nicht anzugreifen.

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Immer wieder wechselten die Bagger dazu im Laufe der vier Stunden ihr Vorderteil: vom riesigen Meißel über die große Schaufel bis hin zu verschiedenen Greifern, die im aufgewirbelten Staub fast den Eindruck erweckten, als würden sich da zwei Dinosaurier im Nebel winden. Trotz der späten Stunde hatten sich einige Schaulustige eingefunden, die das außergewöhnliche Treiben persönlich beäugen wollten. Einige hatten sich am Bahndamm niedergelassen. Denn Züge verkehrteren in dieser Nacht hier nicht. 

Der Abriss konnte ja überhaupt nur erfolgen, weil bei der Deutschen Bahn wegen eigener Bauarbeiten zwischen Rohrbach und Baar-Ebenhausen ohnehin eine Streckensperrung anstand. Die wurde extra erweitert, damit das Brücken-Teil abgerissen werden konnte. Denn ein solcher Eingriff ist, wie Schönbrodt, erklärte, nur bei ruhendem Zugverkehr möglich. Zum einen wegen „der Verbundwirkung“ der Brückenteile. Und zum anderen, weil während der Bagger-Arbeiten sicherheitshalber die Oberleitung stillgelegt werden musste.

 

So war der Zeitplan für die Abriss-Aktion im Wesentlichen durch die Bahn vorgegeben: Von Samstag, 22.20 Uhr, bis Sonntag, 6.30 Uhr, mussten zumindest die Arbeiten direkt an der Brücke über die Bühne gehen. Puffer: Keiner. So herrschte denn auch eine gewisse Erleichterung, als bereits gegen 2.30 Uhr das letzte Stück des Brücken-Überbaus zu Boden donnerte. Damit war klar: Der Zeitplan wird eingehalten.

Danach ging es an die weiteren Aufräumarbeiten. Denn es galt, die Straße von den Trümmern zu befreien. Überhaupt hatte man beim Staatlichen Bauamt in den vergangenen Wochen mit Hochdruck daran gearbeitet, die Staatsstraße schnellstmöglich wieder freigeben zu können. „Das ist eine der Hauptverkehrs-Achsen im Landkreis“, sagt Schönbrodt vom Staatlichen Bauamt und berichtet von rund 10 000 Fahrzeugen, die hier im Schnitt täglich unterwegs sind. Zum Vergleich: Der Durchschnitt auf bayerischen Staatsstraßen liege bei 3900.

 

Wie es nun aber mit der Brücke weitergeht, ist noch unklar. Die Experten werden erst einmal die beiden verbliebenen Stücke des Überbaus – das über die Bahnstrecke und das über den Wirtschaftsweg – genauestens unter die Lupe nehmen. Im Laufe der kommenden Woche, so Schönbrodt, werde sich entscheiden, ob auch diese beiden Segmente erneuert werden müssen. Er schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass noch einmal die Abrissbagger anrücken müssen, als recht hoch ein. 

Sollte das so kommen, dann blieben von der Brücke am Ende nur die Pfeiler und die Widerlager erhalten, der Rest würde erneuert. Einen theoretisch mögliches Zeitfenster für die Entfernung der beiden restlichen Stücke gäbe es schon: Von 21. bis 24. August ist die Bahnstrecke ohnehin wieder gesperrt. Ob dieser Termin auch praktisch in Frage kommt, sei indes noch unklar, sagt Schönbrodt, der aber die Zusammenarbeit mit der Bahn immer wieder in höchsten Tönen lobt. Völlig offen ist noch, wann die Brücke wieder komplettiert wird. Und auch der Schaden ist nicht zu beziffern, so lange man nicht weiß, ob die übrigen beiden Teile weg müssen. 

Gewiss ist aber zumindest, dass die Autofahrer auf dem Staatsstraßen-Abschnitt zwischen Rohrbach und der Abzweigung Walkersbach jetzt keine nervigen Umwege mehr in Kauf nehmen müssen. Und was ebenfalls bleibt, ist die Ironie, dass zwei große Bagger eine Brücke per Auftragsarbeit demolieren mussten, weil sie zuvor von einem kleinen Bagger derart ramponiert worden war, dass man keine Wahl mehr hatte.

 

Gegen 11.30 Uhr war am besagten 16. Juli ein 39-jähriger Lkw-Fahrer mit seinem Tieflader, auf dem sich der Bagger befand, auf der Staatstraße von Pfaffenhofen in Richtung Rohrbach unterwegs, als es zu dem spektakulären Crash kam. Da der Bagger nach Ermittlungen der Polizei falsch auf dem Tieflader geladen war, ragte dessen Arm zu hoch hinaus und riss beim Durchfahren der Brücke tragende Teile aus dem Betonwerk. Direkt hinter dem Tieflader fuhr ein Pkw, der von herabfallenden Betonteilen völlig zerstört wurde. Wie durch ein Wunder erlitt das Ehepaar im Alter von 60 und 66 Jahren, das in dem Auto saß, nur leichte Verletzungen.  

Nach dem Brücken-Crash mussten die Bahnstrecke und die Staatsstraße sofort gesperrt werden. Der Zugverkehr, der parallel zur Straße unter der Brücke hindurchführt, konnte am nächsten Tag wieder aufgenommen werden; die Staatsstraße war hier seitdem gesperrt. Bekanntlich attestierten Experten der Brücke akute Einsturzgefahr, weshalb gut 50 Mann des THW anrückten, um das Bauwerk mit Hilfe einer speziellen Schwerlast-Konstruktion abzustützen. In der vergangenen Nacht kam es erneut zu einem Großeinsatz – aber diesmal ging es nicht darum, die Brücke vor dem Einsturz zu bewahren. Ganz im Gegenteil.

Bisherige Beiträge zum Thema:

Heute Nacht wird das marode Brücken-Stück abgerissen

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