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Der Kreis Pfaffenhofen braucht schon wieder mehr Personal: Die Kosten explodieren, Alternativen sind überschaubar, Büros fehlen auch – und am Ende trifft es die Gemeinden

Von Tobias Zell

Im Landkreis Pfaffenhofen sind die Personalkosten in den vergangenen zehn Jahren regelrecht explodiert – von 9,92 Millionen Euro im Jahr 2005 auf gut 14,80 Millionen, die für heuer im Kreis-Etat vorgesehen sind. Man muss kein Mathe-Genie sein, um zu erkennen: Das ist eine Zunahme um fast fünf Millionen Euro oder 50 Prozent. Allein für heuer sieht der Haushaltsplan die Schaffung von gut zehn neuen Stellen vor.  

Und im kommenden Jahr geht es munter weiter mit der Aufstockung des Personals, wie heute in der Sitzung des Kreisausschusses deutlich wurde. Weitere 8,5 Planstellen sollen her – Kostenpunkt: rund 340 000 Euro pro Jahr. Hauptgrund: Der nicht abreißende Zustrom von Asylbewerbern, der vor allem von den Sachgebieten „Soziales, Senioren“ und „Familie, Jugend, Bildung“ bürokratisch begleitet werden muss. Der Arbeitsaufwand könne mit der aktuellen Personaldecke „definitiv nicht mehr bewältigt werden“, hieß es dazu von der Kreisverwaltung.

"Anwachsende Aufgabenfülle"

Landrat Martin Wolf (CSU) sprach von einer „im riesigen Tempo anwachsenden Aufgabenfülle“ in Zusammenhang mit dem Zustrom von Flüchtlingen. Waren zum Ende vergangenen Jahres im Kreis noch 550 Asylbewerber untergebracht, sind es aktuell etwa 1050 – und man geht anhand der jüngsten Prognosen davon aus, dass es bis zum Jahreswechsel rund 2400 sein werden. Dieser Anstieg bedeutet auch mehr Arbeit für die Behörde. Insgesamt hat man für das kommende Jahr sogar einen zusätzlichen Bedarf von 13 Mitarbeitern errechnet. Glücklicherweise konnte man aber noch so genannte Stellenreste „zusammenkratzen“, die sich auf 4,5 Planstellen summieren. Bleibt also der tatsächliche Bedarf von 8,5 weiteren Mitarbeitern.

Eine echte Wahl hat der Landkreis bei der Aufstockung des Personals wohl nicht. Denn der Freistaat Bayern übernimmt zwar die Sachkosten für die Unterbringung der Flüchtlinge, die Personalkosten haben aber die Landkreise zu tragen. Und die müssen sich – mangels Alternativen – letztlich über die Kreisumlage das Geld wieder von ihren Gemeinden holen. Darauf wiesen Albert Vogler (CSU), der Bürgermeister von Schweitenkirchen, und sein Manchinger Amtskollege Herbert Nerb (FW) heute ausdrücklich hin. Dennoch: „Es ist unbestritten, dass wir diese Stellen brauchen“, sagte Christian Staudter, AUL-Kreisrat und Bürgermeister von Geisenfeld. Der Kreisausschuss empfahl dann auch einhellig dem Kreistag, die Planstellen-Erhöhung zu genehmigen.

Wohin mit den Mitarbeitern?

Der Dritte Landrat Josef Finkenzeller (FW) wollte allerdings wissen, wo man denn diese zusätzlichen Leute unterbringen wolle. Bekanntlich wird zwar derzeit das Pfaffenhofener Landratsamt für satte 17 Millionen Euro generalsaniert und erweitert – doch dass man auch danach zu wenig Büros haben wird, weiß man längst. Kreiskämmerer Walter Reisinger berichtete: Man könnte im Kreisbauhof Büroräume herrichten, möglicherweise die Landratsamt-Außenstelle Vohburg erweitern – und natürlich weiterhin auf dem freien Markt Räume anmieten. Büros pachten, um die eigenen Mitarbeiter unterzubringen, kostet natürlich zusätzlich Geld. 

Jens Machold (CSU), Bürgermeister von Wolnzach, brachte die Idee ins Spiel, dass man die für die Asylbewerber zuständigen Landratsamt-Mitarbeiter doch in den Rathäusern einquartieren könnte – er sicherte im Namen seiner Gemeinde jedenfalls schon mal Bereitschaft zu. Macholds Idee ist nicht nur pragmatisch, sondern hat mindestens zwei handfeste Vorteile. Erstens: Die Mitarbeiter wären dann gleich vor Ort und somit viel näher dran an den zu betreuenden Flüchtlingen. Und zweitens: Der Landkreis müsste nicht externe Räume anmieten.

Ludwig Wayand (CSU), der Bürgermeister von Baar-Ebenhausen, wollte daran erinnert wissen, dass man erst für dieses Jahr neue Stellen zur Bewältigung des Zustroms von Asylbewerbern genehmigt habe – und heute nun ging es um eine weitere Aufstockung. „Die Personal-Situation gibt mir schon zu denken für die nächsten Jahre“, mahnte er. Landrat Wolf konnte da nur attestieren: „Die Finanz-Diskussion wird sich in den kommenden Jahren komplett verändern.“ Wer einen Blick auf die Zahlen wirft, wird schnell erkennten, dass man wahrlich kein Hellseher sein muss, um zu dieser Prognose zu gelangen.

Entwicklung der Personalkosten des Landkreises Pfaffenhofen. Quelle: Landratsamt

Der diesjährige Kreishaushalt umfasst ein Rekordvolumen von 107 Millionen Euro – das ist eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 9,8 Millionen Euro oder gut zehn Prozent. Einem Rekord strebt der Landkreis auch bei den Personalausgaben entgegen – die betragen demnach heuer gut 14,8 Millionen Euro und sind damit so hoch wie nie. Wie aber kommt es, dass binnen einer Dekade die Personalkosten von knapp zehn auf rund 15 Millionen Euro in die Höhe geschossen sind? Dafür gibt es vor allem zwei Gründe. Alleine die Tariferhöhungen machen über diese zehn Jahre inzwischen rund 2,46 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr aus. Eine weitere Steigerung um 2,12 Millionen pro Jahr erklärt sich dadurch, dass seit 2005 über 53 (!) neue Stellen geschaffen wurden. 

Warum aber so viele neue Stellen? Zur Begründung werden von Seiten der Behörde „massive Aufgabenmehrungen“ ins Feld geführt. Ein Großteil davon, rund 30 Prozent, im sozialen Bereich. Zum Beispiel zur Errichtung der „Koordinierenden Kinderschutzstelle“, zur Installation von Jugendsozialarbeitern an Schulen, zur Aufstockung des allgemeinen Sozialdienstes, zur Stärkung der Betreuungsstelle und nicht zuletzt im Asylbereich. Allein im Jugendamt habe sich die Zahl der Mitarbeiter in den vergangenen zehn Jahren um gut 20 erhöht, erklärt Kreiskämmerer Walter Reisinger schon vor einiger Zeit gegenüber unserer Zeitung.

Mehr Leute, mehr Kosten

Zusätzliches Personal war auch nötig für die „Koordinierungsstelle für bürgerschaftliches Engagement“, für das „Bündnis für Familien“, für den Landkreis als Bildungsregion, zum Ausbau des Klimaschutz-Managements und für das Engagement des Landkreises im Rahmen des EU-Förderprogramms „Leader“. Im Bauamt wurden im vergangenen Jahrzehnt fünf neue Stellen geschaffen, im Ausländeramt vier und in der Zulassungsstelle fünf. 

Im oberbayerischen Vergleich stand der Landkreis Pfaffenhofen zuletzt, was die Personalkosten angeht, noch recht gut da. Im Jahr 2013 gab man 112,50 Euro pro Einwohner aus. Zum Vergleich: Der oberbayerische Schnitt lag bei knapp 125 Euro. Bezirksweit wies der Kreis Pfaffenhofen die sechst-niedrigsten Personalkosten je Einwohner aus – Spitzenreiter war der Kreis Dachau mit gerade einmal 104 Euro pro Einwohner. Im Kreis Pfaffenhofen dürfte sich diese Zahl nun allerdings gewaltig ändern: Allein die zehn für heuer einkalkulierten neuen Stellen schlagen wohl mit jährlichen Mehrkosten von mindestens 400 000 Euro zu Buche. Und die für das nächste Jahr avisierten 8,5 zusätzlichen Mitarbeiter kosten ungefähr weitere 340 000 Euro per anno.

Am Ende trifft es die Gemeinden

In den Gemeinden sieht man diese Personalkosten-Entwicklung des Landkreises naturgemäß mit einer gewissen Skepsis. Denn über die Kreisumlage finanzieren die Kommunen bekanntlich den Landkreis zu einem großen Teil. So überweisen die 19 Gemeinden heuer insgesamt 51,5 Millionen an den Landkreis – das sind (weil die wirtschaftlichen Zeiten gut sind) rund sieben Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr. In diesen sieben Millionen enthalten sind auch rund 600 000 Euro, die aus der Erhöhung des Umlage-Satzes von 44,5 auf 45,0 Punkte resultieren. Von den 51,5 Millionen Euro aus den Gemeinden bleiben heuer 29,2 Millionen Euro beim Landkreis, die restlichen 22,3 Millionen müssen als Umlage an den Bezirk überwiesen werden.

Über die Erhöhung der Kreisumlage war im Vorfeld heiß diskutiert worden. Denn die Gemeinden sind freilich darauf bedacht, möglichst wenig Geld an den Landkreis zu bezahlen, damit ihnen vor Ort mehr für eigene Investitionen bleibt. Darum haben nicht zuletzt die zahlreichen einflussreichen Bürgermeister, die auch im Kreistag sitzen, Druck gemacht – weshalb sich Landrat Wolf letztlich mit einer Erhöhung der Kreisumlage um 0,5 Punkte zufrieden geben musste. Niedriger war der Umlage-Satz im oberbayerischen Vergleich nur in München.

Hochbezahlte Stellen?

Die genannten 600 000 Euro, die den Kommunen heuer durch die minimale Erhöhung der Kreis-Umlage zusätzlich abgeknöpft werden, erscheinen aber wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn sie reichen nicht einmal aus, um auch nur die Hälfte des Personalkostenanstiegs auszugleichen, auf den der Landkreis heuer zusteuert. Gab er im vergangenen Jahr noch 13,5 Millionen Euro für seine Mitarbeiter aus, sind es heuer die genannten 14,8 Millionen. Das bedeutet also von einem Jahr aufs andere eine Zunahme um satte 1,3 Millionen. In den vergangenen zehn Jahren gab es keinen vergleichbaren Anstieg. 

Doch es könnte noch deutlich mehr werden. Denn in der heutigen Sitzung des Kreisausschusses wurde auch über die Einrichtung eines Bildungs-Managements und Bildungs-Monitorings diskutiert. Bekanntlich hat sich der Landkreis um das Siegel „Bildungsregion in Bayern“ beworben – die Verleihung des Prädikats wird im Januar erwartet. Nun soll der nächste Schritt gemacht werden – und der ist alles andere als billig. Die Rede ist von der Schaffung von zwei hochbezahlten Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter. Hier ist zwar mit einem Zuschuss von 50 Prozent zu rechnen – den Landkreis würde das aber pro Jahr dennoch 120 000 bis 170 000 Euro kosten.

Nochmal eine halbe Million mehr?

Nimmt man diese Summe und addiert dazu die Kosten für die oben genannten 8,5 neuen Planstellen, kommt man auf rund 500 000 Euro. Damit würden sich also die Personalkosten des Landkreises auf einen Schlag erneut deutlich erhöhen. Von 13,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr auf 15,3 Millionen im kommenden Jahr – mögliche Lohn-Erhöhungen noch gar nicht berücksichtigt. Den Bürgermeistern dürfte das jetzt schon die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Eine Erhöhung der Kreisumlage scheint nur noch eine Frage der Zeit. Die geht voll zu Lasten der Gemeinden. Und die haben sich bekanntlich kürzlich schon im Rahmen einer Art freiwilligen Selbstverpflichtung bereit erklärt, notfalls für die Unterbringung von Asylbewerbern aus eigener Kasse Gebäude zu errichten. 

Das alles ist den Mitgliedern des Kreisausschusses freilich wohlbewusst, weshalb sie sich bezüglich der beiden Luxus-Stellen heute nicht zu einer Empfehlung an den Kreistag hinreißen ließen. Stattdessen wurde einstimmig gefordert, dass im Kreistags detaillierte Informationen darüber vorgelegt werden sollen, was denn diese beiden hochbezahlten Leute konkret tun sollen. „Ich will niemanden einstellen, der nur beschreibt, was anderen arbeiten“, betonte Machold.  „Wenn wir nicht aufpassen und die Verwaltung weiter aufblähen, werden wir das irgendwann nicht mehr finanzieren können“, prophezeite Finkenzeller. „Wir sollten nicht auf jeden Zug aufspringen“, warnte auch Martin Schmid, SPD-Fraktionschef und Vohburgs Bürgermeister.

Und nur die Ehrenamtlichen nicht verlieren

In der Sitzung heute wurde außerdem deutlich, dass man sich von den beiden Stellen auch ein Engagement zur Integration von Flüchtlingen erhofft. Zugleich aber sollten sie eigentlich das Thema „Bildungsregion“ vorantreiben – und das dürfe man bei allen Herausforderungen in Sachen Asyl nicht vergessen, erinnerte Kerstin Schnapp, die Kreischefin der Grünen. Unterm Strich blieb die Frage, was diese beiden hochbezahlten Leute den nun wirklich arbeiten sollen. Die Antwort soll es in zwei Wochen im Kreistag geben – dann soll auch eine Entscheidung fallen.

Wichtig war dem Gremium heute aber, zu betonen, dass man die ehrenamtlichen Helfer, die bei der Betreuung der Asylbewerber unverzichtbare Dienste leisten, stärken und entlasten will. Ohne sie geht nämlich gar nichts mehr. Und wenn man sich die Personalkosten-Explosion des Landkreises anschaut, dann darf eines sicher nicht passieren: Dass man die Ehrenamtlichen verliert. Denn wenn der Landkreis für all das, was sie unentgeltlich leisten, Leute einstellen müsste, dann...  – das mag sich gar keiner ausrechnen. So oder so: Der finanzielle Spielraum des Landkreises wird in den kommenden Jahren deutlich geringer ausfallen. Und falls er deshalb die Kommunen stärker zur Kasse bittet, engt er deren Möglichkeiten ein. Gefragt scheint die Quadratur des Kreises.

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