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Edgar Munz (46) entdeckte beim Spaziergang im Wald die Überreste eines erlegten Wildschweins. Der dafür verantwortliche Jäger wurde vom Pfaffenhofener Landratsamt ermahnt und belehrt, doch das ist dem Tierrechtler und Veganer zu wenig – Er will jetzt Anzeige erstatten. 

Von Tobias Zell 

Was für Edgar Munz am Sonntag mit einem schönen Spaziergang im Schnee begann, endete mit einer „grausamen Entdeckung“. So formuliert er es selbst gegenüber unserer Zeitung. In einem Waldstück in der Nähe des Reichertshofener Ortsteils Wolnhofen fand der 46-Jährige die Überreste eines toten Wildschweins. Konkret, so berichtet er, handelte es sich um den Kopf des Tiers sowie um das Fell, im Fachjargon Decke genannt. Besonders merkwürdig erschien Munz dabei, dass der Kadaver eine gelbe Ohrmarke mit einer Kennung trug. 

Der selbst erklärte Tierrechtler und Veganer aus Reichertshofen wurde sofort stutzig, dokumentierte den Fund fotografisch und markierte sich die Stelle auf einer Karte. Diese Informationen ließ er unserer Zeitung zukommen. Auch anderen Medien stellte Munz das Material zur Verfügung. Die zuständige Polizeiinspektion ist bereits von dem Fall informiert und das Pfaffenhofener Landratsamt hat nicht nur recherchiert, sondern bereits reagiert. Morgen will Munz offiziell Anzeige erstatten, wie er am späten Dienstagabend im Gespräch mit pfaffenhofen-today bestätigte.

 

„Ich war zusammen mit meiner Freundin spazieren, wir wollten dann an die Paar und sind dazu durch den Wald gegangen“, erzählt Munz. „Dort haben wir dann die Wildsau entdeckt, sie war mitten im Baumbestand gelegen, etwa 200 Meter vom nächsten befestigten Weg. Nur Decke und Kopf waren da, auch das Gerippe war nicht mehr vorhanden.“ Der Anblick, das zeigt sich anhand der Fotos, ist wahrlich kein schöner. „Das hat uns regelrecht angewidert“, sagt Munz. 

Die gelbe Ohrmarke entging ihm freilich nicht, die Sache kam ihm schon deshalb höchst seltsam vor. Er macht auch gar keinen Hehl daraus, dass er sich Schlimmstes ausgemalt hat. „Meine düstersten Gedanken waren sofort: Wurden hier gezüchtete Wildschweine ausgesetzt, um den Jägern als Zielscheibe zu dienen? Wenn ja, warum wurde es zurückgelassen? Nur verwundet und jämmerlich verreckt?“ Anhand der Ohrmarke, so die Hoffnung des 46-Jährigen, müsse doch der Halter oder Züchter oder Jäger ausfindig zu machen sein. Munz wandte sich mit der Bitte um Aufklärung an die lokalen Medien.

 

Beim Pfaffenhofener Landratsamt, durch entsprechende Anfragen auf den Fall aufmerksam geworden, ging man der Sache umgehend nach – und hat auch recht schnell handfeste Erkenntnisse gewonnen. Die so genannte Wildursprungsmarke, die im Ohr des Kadavers gut erkennbar ist, sei vom Landratsamt Eichstätt ausgegeben worden, berichtete heute eine Sprecherin der Pfaffenhofener Kreisbehörde. 

Was es mit dieser gelben Marke auf sich hat, erklärt sie so: „Die Wildursprungsmarke wird am toten Tier angebracht und ermöglicht es, das Ergebnis der Trichinenprobe einem bestimmten Tier zuzuordnen. Diese Marken „werden an den jeweiligen Revierjäger ausgegeben – Voraussetzung dafür ist, dass er die Berechtigung hat, eine Trichinenprobe zu entnehmen“. Inzwischen weiß man sogar noch mehr.

Sowohl der Jäger, der diese Wildursprungsmarke vom Landratsamt Eichstätt erwarb, als auch der Jäger, der das Tier letztlich in Besitz hatte, haben sich bereits unabhängig voneinander beim Pfaffenhofener Landratsamt – bei der Unteren Jagdbehörde beziehungsweise beim Veterinäramt – gemeldet, hieß es dort heute auf Anfrage unserer Zeitung. Demnach stelle sich der Sachverhalt wie folgt dar: „Der Revierjäger hatte eine Gesellschaftsjagd veranstaltet und das Wildschwein an einen Jagdgast abgegeben. Dieser hat den Kopf und die Decke dann im Wald abgelegt.“ Der Rest des Tiers wurde offenbar verwertet.

 

Die schlimmsten Befürchtungen von Munz, wonach das Tier womöglich jämmerlich verreckt sein könnte, haben sich jedenfalls nicht bestätigt. Schon die Tatsache, dass der Kadaver die gelbe Ohrmarke trägt, lässt darauf schließen, dass sie schlicht erlegt worden ist. Wie ein Sprecher der Geisenfelder Polizei heute Nachmittag auf Anfrage erklärte, sei das Tier im Dezember geschossen worden – man wisse auch, von wem. Nach momentanem Stand ist der Fall für die Polizei aber kein Fall. Man gehe davon aus, dass der Jäger die Wildsau-Überreste vergraben habe – und dass Wildtiere sie wohl wieder an die Oberfläche beförderten. Für die Polizei sei die Sache nach derzeitigem Stand erledigt. 

Das dürfte sich am morgigen Mittwoch ändern. Denn wie Edgar Munz am Dienstagabend gegenüber unserer Zeitung bestätigte, will er morgen auf jeden Fall zur Geisenfelder Polizei fahren und Anzeige erstatten. „Wir sind Veganer und Tierrechtler, das hat uns regelrecht angewidert und wir finden so etwas nicht in Ordnung“, sagt er. 

Im Falle einer Anzeige – im Raum steht möglicherweise eine Ordnungswidrigkeit – wäre das Landratsamt am Zug, das gegebenenfalls für die Verfolgung und Ahndung zuständig ist. Reagiert hat die Kreisbehörde bereits. „Beide Personen wurden über das korrekte Verhalten belehrt und ermahnt“, so eine Behördensprecherin – gemeint sind der Jäger, der die Ohrmarke erworben hat, sowie der Waidmann, der den Kadaver in dem Waldstück abgelegt hat. Zwar dürfe man die Überreste von erlegten Tieren durchaus im Wald ablegen – aber dann so, dass kein öffentliches Ärgernis erregt werde.

 

Zum Hintergrund: „Wildabfälle einschließlich Aufbruch sind gemeinwohl-verträglich zu beseitigen“, wird aus dem Landratsamt erklärt. Dabei seien boden-, naturschutz- und wasserrechtliche sowie hygienische Bestimmungen dahingehend zu berücksichtigen, dass durch die Beseitigung keine Gefährdungen für Boden, Wasser und Natur sowie keine Beeinträchtigungen der Gesundheit von Mensch und Tier eintreten dürfen. „Nach den Grundsätzen guter jagdlicher Praxis bedeutet das, dass Aufbrüche oder Teile von Wild nicht offen sichtbar und abseits von Wegen zu beseitigen sind.“ Dies gelte auch für die Ausbringung an einem so genannte Luderplatz. So solle verhindert werden, dass zum einen Haustiere, zum Beispiel Hunde, mit den Überresten in Kontakt kommen, und dass zum anderen öffentliches Ärgernis erregt wird.

Mit der erfolgten Belehrung und Ermahnung ist für das Pfaffenhofener Landratsamt nach eigenen Angaben das Verfahren abgeschlossen. Eine Anzeige liege bislang nicht vor. Das dürfte sich, wie gesagt, morgen ändern. Mit einer Ermahnung für den Verursacher der ganzen Aufregung wolle sich Munz nicht zufrieden geben. „Einfach in den Wald geschmissen – mich wühlt das sehr auf“, sagt er. „Ich werde Anzeige erstatten.“ 

Hier hat Edgar Munz nach eigenen Angaben die Überreste des Wildschweins gefunden.


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