Aktueller Facebook-Post von Florian Simbeck sorgt für heftige Reaktionen – Er selbst spricht angesichts des Wirbels von "Dorfdeppen", die Junge Union legt dem SPD-Kreisrat indes den Rückzug aus der Politik nahe.
Von Tobias Zell
Es geht um einen aktuellen Facebook-Beitrag, um einen nach wie vor nicht lustigen Faschings-Panzer und um vermeintliche Dorfdeppen. Die Hauptdarsteller: Auf der einen Seite SPD-Politiker Florian Simbeck, im Hauptberuf Schauspieler und Comedian. Auf der anderen Seite Fabian Flössler, Geschäftsführer der Jungen Union (JU) und Geschäftsführer der CSU im Kreis Pfaffenhofen. Simbeck hat etwas ins Internet gestellt, was bei Flössler & Co. nicht nur Kopfschütteln auslöst, sondern die Frage, ob Simbeck „überhaupt noch geeignet ist, sein Amt als Kreisrat auszuüben“. Zumindest indirekt wird der Sozialdemokrat dazu aufgefordert, sein Mandat niederzulegen und sich aus der Politik zu verabschieden. Simbeck selbst reagiert gelassen: Erstens schulde er der JU keine Erklärung. Und zweitens sei es jedem selbst überlassen, ob er sich als „Dorfdepp“ gemeint fühle.
Die neuerliche Aufregung findet ihren Ursprung in einer verjährten Narretei aus der Gemeinde Reichertshausen, die nicht witzig war. Beim Faschingszug des OCV Steinkirchen war bekanntlich im vergangenen Jahr, mitten in der höchsten Flüchtlingskrise, ein im Stile eines Wehrmachts-Panzers gebauter Wagen mitgetrollt, der die Aufschriften „Ilmtaler Asylabwehr“ und „Asylpaket III“ trug. Das Gefährt sorgte für eine Welle der Empörung, brachte den Verantwortlichen harsche Kritik ein, warf gar ein braunes Licht auf die Kommune und den OCV und rief nicht zuletzt auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan.
Simbeck selbst hatte mit dem Panzer nichts zu tun. Allerdings wohnte er damals noch in Reichertshausen und sah deshalb das Gefährt – wie Hunderte von anderen Zuschauern auch. Er fotografierte den „Asylabwehr“-Panzer und veröffentlichte die Bilder auf Facebook – inklusive eines Kommentars, in dem er seiner Entrüstung Ausdruck verlieh und die Aktion scharf verurteilte. Das wiederum nahmen ihm einige übel – ein Nestbeschmutzer sei er, so lauteten noch die harmloseren Vorhaltungen. Die Welle der Empörung über den Panzer schwappte derweil quer durchs Land, zahlreiche Medien berichteten. Den Verantwortlichen für diese ungewollte Aufmerksamkeit glaubten manche in Simbeck gefunden zu haben.
Jetzt, gut ein Jahr später, gibt es erneut Aufregung um einen Facebook-Beitrag von Simbeck. Wieder geht es um den Panzer. „Das ist ja eine nette Überraschung“, postete er gestern. „Mein Foto vom Reichertshausener Asylbewerber-Tötungspanzer wird Teil einer Ausstellung in Paris zum Thema Flucht und wie wir damit umgehen.“ Und offenbar an die Protagonisten von damals gerichtet, fügte er hinzu: „Freut euch, ihr seid berühmt und jetzt sogar noch mehr ein Stück Zeitgeschichte.“
Die Verbal-Attacken an die Adresse von Simbeck ließen nach diesen Zeilen nicht lange auf sich warten. Inzwischen wird schon wieder heiß und kontrovers diskutiert. Auch Simbeck selbst bleibt dran: „Hahahaha“, kommentierte er, „jetzt kommen wieder die ganzen Dorfdeppen herausgekrochen. Dabei sind sie selber mit dem Scheißding durch die Gegend gefahren und regen sich darüber auf, wenn es jemand fotografiert.“ Wer auf den Fotografen schimpfe, der einen bei einer öffentlich dämlichen Aktion fotografiere, leide unter Realitätsverlust. Und: „Wer mit was auch immer in einem Faschingsumzug durch die Gegend fährt, muss damit rechnen, dass er damit auch fotografiert wird und kann am Ende die Verantwortung für die öffentliche Wahrnehmung nicht dem Fotografen in die Schuhe schieben.“
Auf den Plan gerufen sieht sich auch die Junge Union. Die stellt sich nämlich angesichts dieses neuen Facebook-Beitrags die Frage, ob Simbeck „überhaupt noch geeignet ist, sein Amt als Kreisrat auszuüben“. Flösslers Ratschlag an den SPD-Politiker lautet wörtlich: „Wer so mit ehrenamtlich Tätigen eines traditionsreichen Vereins umgeht, sollte sich einen Rückzug aus der Kommunalpolitik wirklich ernsthaft überlegen.“
Unabhängig davon, wie man zu dem Faschings-Panzer stehe, so Flössler, zeige sich „durch das erneute Aufwärmen“ der Geschichte durch Simbeck, dass diesem „anscheinend jeglicher Respekt gegenüber den Bürgern Reichertshausens“ fehle, insbesondere gegenüber den Mitgliedern des OCV Steinkirchen. „Wer mit Begriffen wie ,Dorfdeppen’ oder dergleichen um sich schmeißt, zugleich aber Kreisrat der SPD – angeblich ja Anwalt der kleinen Leute – ist, sollte sich einige Tage zurückziehen und ernsthaft überlegen, aus der Kommunalpolitik auszusteigen“, proklamiert Flössler in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung. Offenkundig bringe Simbeck zum Ausdruck, „dass er schon Probleme mit der ländlichen Bevölkerung hat“. Der Kreis Pfaffenhofen sei nun aber ländlich geprägt.
Zugleich fordert die Junge Union den SPD-Kreisvorsitzenden Markus Käser auf, sich von Simbeck zu distanzieren. In diesem Zusammenhang bleibt freilich nicht unerwähnt, dass Käser aktuell für den Vorsitz der Sozialdemokraten im Freistaat kandidiert. „Bayern ist seit jeher ländlich geprägt. Der ländliche Raum ist die Stütze Bayerns“, weiß Flössler und meint: „Wenn es Käser tatsächlich um das Wohl Bayerns und der bayerischen Bevölkerung geht, sollte er Simbeck zum Rückzug bewegen und sich selbst von ihm distanzieren.“
Immerhin seien Simbeck und Käser ja seit Jahren enge Freunde. Und Simbeck sei „einer der führenden Unterstützer“ Käsers, urteilt Flössler. „Ein Rückzug Simbecks würde seiner Meinung nach deshalb „wohl für jede Seite positive Folgen“ haben. „Zum einen für ihn selbst, zum anderen aber vor allem für die Bevölkerung im Landkreis und allen Ehrenamtlichen in unseren Vereinen, die sich Jahr um Jahr engagieren, um Tradition und Freude bei uns zu erhalten“, folgert der JU- und CSU-Kreisgeschäftsführer aus der ganzen Debatte, die sich – wie er findet – „mittlerweile als nichts weniger als eine Farce darstelle“. Eine Debatte indes, die von den Christsozialen nun zusätzlich befeuert werden dürfte.
Simbeck selbst wollte heute auf Anfrage unserer Zeitung den ganzen Wirbel und die Einlassungen von Flössler & Co. eigentlich gar nicht kommentieren. „Ich schulde der JU keine Erklärung“, sagt er nur. Zudem sei es ja jedem selbst überlassen, ob er sich als „Dorfdepp“ angesprochen fühle. Auf Facebook stellte er noch klar: „Nicht jeder, der in einem Dorf lebt, ist ein Dorfdepp. Aber es können durchaus welche dort leben.“
Käser lässt auf Anfrage wissen: „Was die JU angeht, bin ich mir nicht sicher, ob die besten Wissenschaftler ausrechnen könnten, wie wurst es mir ist, wenn die wieder mal ein Trittbrett für hysterische Pressemitteilungen gefunden haben.“
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