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Heute wurden die neuen Außenbereiche des Kindergartens eröffnet – der politische Streit um ein Spielgerät hatte für eine Provinz-Posse gesorgt

(zel) Ein 11. September wird nach den Terroranschlägen des Jahres 2001 auf das World-Trade-Center in der Weltgeschichte wohl nie mehr ein Tag werden können, der mit recht vielen positiven Erinnerungen verbunden ist. Im Kleinen aber, daheim vor der Haustür, ist das mitunter möglich. Da kann man die schrecklichen Anschläge von 9/11 zeitweise vergessen und sich manche Sorge von unbeschwerten Kindern weglächeln lassen. In Reichertshausen wurden heute just an einem 11. September die beiden neuen Außenbereiche des Gemeinde-Kindergartens offiziell eröffnet. Und Bürgermeister Reinhard Heinrich (CSU) traute sich deshalb zu sagen, dass es zu diesem Datum auch schöne Dinge geben kann. Lachende Kinder, gut gelaunte Eltern, Lieder im Grünen und Gratis-Eis.

Der Sommer hatte sich noch einmal zurückgemeldet zu diesem für Reichertshausen so erfreulichen Anlass. An die Provinz-Posse, die sich im Vorfeld um diese neuen Kindergarten-Außenbereiche abgespielt hatte, mochten angesichts der heutigen Eröffnung die meisten eigentlich gar nicht mehr denken. Doch Rathauschef Heinrich ersparte es dem Publikum nicht, die Chronologie noch einmal in Erinnerung zu rufen. Nachdem der Gemeinderat im Februar 2014 einen Grundsatzbeschluss gefasst hatte, lag im Juni eine erste Kostenberechnung auf dem Tisch. Die lautete auf rund 180 000 Euro – und wurde abgelehnt. Ein „Kosten-Schock“ sei das gewesen, sagte Heinrich.

Für Kinder gibt es natürlich Spannenderes als die Rede von Bürgermeister Reinhard Heinrich.

Daraufhin musste der Rotstift angesetzt werden. „Schweren Herzens“, so der Bürgermeister, habe man einiges gestrichen. Und war letztlich auf eine abgespeckte Variante gekommen, die mit 160 000 Euro beziffert wurde. Über die wurde dann im Juli 2014 im Ratsgremium abgestimmt – und wieder gab es keine Mehrheit. Lediglich fünf CSU-Gemeinderäte samt ihrem Bürgermeister votierten dafür, alle anderen sieben winkten ab. Ins Zentrum der Diskussion war eine Spiel- und Bewegungsanlage gerückt, an der sich wegen der Kosten von rund 20 000 Euro die politischen Geister schieden.

Nun kochten die Emotionen hoch. Es wurde heftig debattiert und fast schon gestritten, sogar ein Runder Tisch zur Versachlichung wurde einberufen und einige Spielgeräte-Befürworter rüsteten sich angeblich bereits für ein Bürgerbegehren. Selbst in der Umgebung von Reichertshausen verstand so mancher neutrale Beobachter die Welt nicht mehr. Wollten die Spielgeräte-Ablehner ausgerechnet auf Kosten der Kinder ihre politische Macht demonstrieren?

Der neue Außenbereich direkt vor dem Kindergarten.

Ein erneuter Anlauf im Gemeinderat brachte schließlich die erhoffte Entscheidung. Nun hob die Mehrheit des Gremiums doch noch für das Spielgerät die Hand – vier Mitglieder wollten ihre ablehnende Haltung aber nicht aufgeben: Vize-Bürgermeister Erwin Renauer (UWG), der Dritte Bürgermeister Benjamin Bertram-Pfister (SPD) sowie FW-Fraktionschefin Marianne Knoll und Lorenz Dick (UWG) blieben eisern, konnten aber nichts mehr verhindern. Diese Abstimmung erfolgte übrigens am 11. September 2014, also genau vor einem Jahr.

Heute nun konnten die beiden Außenbereiche offiziell ihrer Bestimmung übergeben werden. Im Januar hatte der Pfaffenhofener Bauträger Hans Irchenhauser (Firma Arcus), wie berichtet, noch 3500 Euro locker gemacht hat, um die Anschaffung des politisch umstrittenen Spielgeräts zu unterstützen. Nicht zuletzt wegen dieser Spende sowie wegen fleißiger ehrenamtlicher Helfer aus Kindergarten, Elternbeirat und Elternschaft, die mit anpackten, werde die endgültige Kostenberechnung von 160 000 Euro wohl nahezu per „Punktlandung“ erreicht, verkündete der Bürgermeister heute.

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„Die schwersten Geburten bringen tatsächlich so manches Mal die schönsten Kinder hervor“, sagte Heinrich heute mit Blick auf die turbulente Vorgeschichte. Freilich, räumte er ein, 160 000 Euro seien viel Geld. Aber sinnvoller und gewinnbringender, als für die Kinder, könne man es doch gar nicht anlegen, betonte er und erntete Applaus. „Fühlt Euch wohl in Eurem Kindergarten“, rief er den Sprösslingen zu und versprach im selben Atemzug jedem ein Eis, das wenig später verteilt wurde.

In weiteren Reden dankte praktisch jeder jedem, der an der Umsetzung beteiligt war. Die Kinder sangen Lieder, bekamen dann endlich ihr Eis und durften sich schließlich draußen austoben, während es drinnen Getränke und ein reichhaltiges Büffet gab.

Den Gemeinde-Kindergarten von Reichertshausen besuchen zum Start ins Jahr 2015/16 insgesamt 79 Kinder in vier Gruppen, erklärte Leiterin Andrea Schweiger auf Anfrage unserer Zeitung. Im Laufe des Kindergartenjahrs werde die Zahl der Sprösslinge auf 90 steigen – damit sei die Einrichtung dann fast ausgelastet. Betreut werden die Kinder von einem elfköpfigen Team. 

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Provinz-Posse mit Happy-End


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