In Pfaffenhofen-Förnbach soll die Hälfte einer Spiel- und Grünfläche zum Bauland werden: Die Bürger wehren sich – auch, weil sie einst für das Areal kräftig zur Kasse gebeten wurden
(ty) Die heile Welt ist aus den Fugen geraten: 240 Unterschriften wurden gesammelt und im Pfaffenhofener Rathaus eingereicht. Mit ihrem Einspruch wollen die Bürger im Ortsteil Förnbach verhindern, dass ein Doppelhaus gebaut wird, wo jetzt ein Spielplatz ist. „Verdichtung“, sei das, sagen die Befürworter. Ein Anachronismus, finden die Gegner. Außerdem wurden die Anwohner seinerzeit für die Errichtung des 2500 Quadratmeter großen Spiel- und Grün-Areals kräftig zur Kasse gebeten. Im Recht scheinen beide Seiten: die eine moralisch, die andere formal.
Eine Kletterwand, zwei Schaukeln und eine Federwippe. Allzu viele Spielgeräte sind hier nicht mehr installiert. „Die Rutsche hat die Stadt abgebaut“, weiß Franz Niedermayr. Der FDP-Stadtrat aus Förnbach unterstützt die Anwohner in ihrem Protest gegen die Pläne der Kommune. An die 30 Menschen haben sich zum Termin auf der Kuppe versammelt. Die gleicht einem Feldherrenhügel. Nicht nur wegen der wunderbaren Aussicht auf nahezu das gesamte Stadtgebiet von Pfaffenhofen – auch weil die Damen und Herren, die hier wohnen, sich kämpferisch geben.
Streitobjekt schon vor Jahrzehnten
Sie wollen verhindern, was die Stadt plant: Ein Doppelhaus, dort wo jetzt noch der Spielplatz ist. Der soll dafür verkleinert und nach Osten verlegt werden. Doch im Osten fällt der Hügel wesentlich steiler ab als im Westen – und außerdem scheint dort nicht so die Sonne hin. Für Ballspiele sei das abschüssige Gelände ungeeignet, heißt es unter anderem in den umfangreichen schriftlichen Einsprüchen gegen die 3. Änderung des Bebauungsplanes Nummer 89 „Förnbach-Auf der Höhe“, die hier angestrebt wird.
Schon einmal war die Fläche Streitobjekt. Vor knapp 35 Jahren beschäftigte sich das Verwaltungsgericht mit dem gut 2500 Quadratmeter umfassenden Areal. Es war seinerzeit mit Klagen gegen Erschließungsbeitragsbescheide für die Grunderwerbskosten befasst und hat sich in diesem Zusammenhang mit dem Einwand der Kläger beschäftigt, der Spielplatz sei nicht erforderlich beziehungsweise eine Größe von etwa 1200 Quadratmetern sei völlig ausreichend. Dazu stellte das Gericht fest, der Spielplatz sei keine überdimensionierte Einrichtung und die Größe der Anlage bewege sich in einer Dimension, die nicht zu beanstanden sei.
Die Förnbacher wenden sich gegen die Pläne der Stadt, haben 240 Unterschriften gesammelt und Einwendungen eingereicht.
Das Landratsamt bekam damit im Grunde Recht: Es hatte nämlich im Zuge des der Klage vorausgehenden Widerspruchsverfahrens die städtischen Beitragsbescheide für rechtmäßig erachtet. Und das Gericht hat die Klagen der Anlieger gegen die städtischen Beitragsbescheide abgewiesen. Die Anwohner wollten die Spiel- und Erholungsfläche seinerzeit auf gut 1000 Quadratmeter begrenzen. Denn sie mussten sich ja massiv an den Erschließungskosten beteiligen. „Insgesamt haben die Anlieger damals zirka 148 000 DM gezahlt,“ erinnert sich Jakob Hainzelmaier.
Seiner Meinung nach wurden seinerzeit die 2500 Quadratmeter als Spielplatz und allgemeine Erholungsfläche definiert. Der Rentner verweist angesichts der nun angestrebten Bebauungsplan-Änderung auch auf die Bürgerbeteiligung, die in Pfaffenhofen immer propagiert werde, aber hier nicht stattfinde: „Das ist sehr heimlich gelaufen, mit der Umplanung“, schimpft er. „Es war reiner Zufall, dass eine Anwohnerin hier Leute gesehen hat, die alles vermessen haben.“ Hainzelmaier hätte hier lieber eine Obstwiese – als Begegnungsstätte für Jung und Alt. „Mir schwebt ein Mehrgenerationen-Spielplatz vor.“
Bürgermeister Herker wehrt sich
Mangelnde Bürgerbeteiligung lässt sich Bürgermeister Thomas Herker (SPD) indes nicht vorwerfen: „Die Maßnahmen in unserem Spielplatz-Konzept sind seit Jahren öffentlich zugänglich“, betont er. 2012 ist dieses verabschiedet worden; nach und nach wird es nun abgearbeitet. Mit dem Verkauf von etwa der Hälfte des 2500 Quadratmeter großen Spiel- und Erholungs-Areals als Baugrund will die Stadt auch die Förnbacher Spielplatz-Sanierung finanzieren. Der Erlös soll in die Umgestaltung und Aufwertung der verbliebenen Fläche fließen, heißt es aus der Stadtverwaltung. Man verweist außerdem auf abgehaltene Vor-Ort-Termine Ende vergangenen Jahres – die gebe es im Rahmen der Bürgerbeteiligung überall, wo das Spielplatz-Konzept weiter umgesetzt werde.
Rathauschef Herker weiß freilich, dass die Anwohner damals gehörig blechen mussten für den Spielplatz, der nun teilweise zum Baugrund werden soll. Doch sie werden ihr Geld nicht wiedersehen. „Am Anfang war der Wunsch nach Rückerstattung der Erschließungskosten. Das hätten wir gern getan. Aber es gibt nach 40 Jahren keinen Rechtsanspruch mehr, deshalb können wir auch keine Steuermittel dafür verwenden“, stellt Herker klar. Deshalb haben die Förnbacher jetzt ein anderes Ziel: Sie wenden sich gegen die Änderung des Bebauungsplans und damit gegen die Umwidmung eines Teils der Fläche zum Baugrund.
FDP-Stadtrat Franz Niedermayr (links) unterstützt die Förnbacher.
Vermutlich im April werden die Einsprüche der Anwohner im Bauausschuss behandelt. Ihre Argumente sind vielfältig: Die Neugestaltung des Platzes lasse sich bei Beibehaltung des Areals kostengünstiger verwirklichen. Die Verhältnisse sprächen hier gegen die Notwendigkeit einer baulichen Verdichtung. Aufgrund der demographischen Entwicklung sei die geplante Maßnahme nicht nachvollziehbar. Es handle sich um einen landschaftlich sensiblen Bereich, der – einmal zerstört – unwiederbringlich sei. Man erinnert an die Kleine Landesgartenschau 2017, für die Pfaffenhofen viele neue Bäume pflanzt. Hier dagegen solle Grünfläche vernichtet werden.
Der Bürgermeister verweist dagegen auf Bürger in anderen Stadtteilen: Die protestieren mitunter sogar gegen einen neuen Spielplatz. „Da heißt es, der Lärm senke den Wert der Eigentumswohnungen“, sagt er: „Egal, was man macht: Es stößt nicht immer auf ungeteilte Zustimmung.“
In der Tat, denn selbst in der Pfaffenhofener Lokalpolitik gehen die Meinungen auseinander. Im Bauausschuss wurde im vergangenen September kontrovers debattiert, am Ende fiel die der Aufstellungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplans denkbar knapp mit 7:6 Stimmen. Für den Aufstellungsbeschluss stimmten Bürgermeister Thomas Herker (SPD) sowie die Stadträte Andreas Herschmann, Markus Käser, Adi Lohwasser, Julia Spitzenberger (alle SPD), Peter Heinzlmair und Andreas Kufer (beide FW). Dagegen votierten Hans Prechter, Thomas Röder, Franz Schmuttermayr, Michael Kaindl (alle CSU), Reinhard Haiplik (ÖDP) und Roland Dörfler (Grüne).
Auf der Seite der Förnbacher steht außerdem, neben dem eingangs genannten Stadtrat Franz Niedermayr (FDP), auch Manfred „Mensch“ Mayer. Dem Einspruch der Bürger sei „vollumfänglich stattzugeben“, findet der GfG-Stadtrat. Seiner Ansicht nach wäre der Beschluss des Bauausschusses „wegen der übergeordneten Bedeutung am besten durch eine Behandlung im Stadtrat durch eine breite Mehrheit zu revidieren“.
Übrigens: Altbürgermeister Prechter beantragte im September, das Thema nicht im Bauausschuss, sondern im Stadtrat zu behandeln – denn dieser habe auch das Spielplatz-Konzept verabschiedet, so seine Argumentation. Herker hielt dem entgegen, dass für die Änderung eines Bebauungsplans laut Geschäftsordnung der Bauausschuss zuständig sei. Prechters Antrag wurde jedenfalls mit 4:9 Stimmen abgelehnt – er bekam nur von seinen Parteifreunden Röder, Schmuttermayr und Kaindl Unterstützung.
GfG-Stadtrat Mayer steht hinter den Förnbachern
Jedes einzige der von den Förnbachern vorgebrachten Einspruchs-Argumente sei schon für sich genommen stichhaltig und schwerwiegend, urteilt GfG-Stadtrat Mayer, „in ihrem Verbund zwingen sie geradezu der Beachtung und Zustimmung“. Bei der ganzen Angelegenheit sei ihm ohnehin „schleierhaft“, sagt er, „warum einer Reißbrettplanung gegenüber dem erklärten Bürgerwillen und einer nachhaltigen Zukunftsplanung der Vorzug gegeben wird“. Stadtrat und Stadtverwaltung brauchen seiner Ansicht nach – um ihren Auftrag, für das Gemeinwohl zu wirken, erfüllen zu können – Bürgerdialog, Bürgerbeteiligung und Bürgerengagement. „Ein stures Festhalten an der Bauland-Ausweisung widerspräche gravierend diesem Anspruch und macht ihn mehr als unglaubhaft“, fasst Mayer zusammen.
In Förnbach versteht man die Welt ohnehin nicht mehr: „Bei Erstellung des Spiel- und Erholungsplatzes wurde die Größe behördlicherseits und durch ein Gericht für notwendig erachtet und durchgesetzt“, heißt es in einem der Einsprüche – „jetzt, fast 40 Jahre später, bei stark vergrößerter Bevölkerung, sagen dieselben Behörden, der Platz kann auch erheblich verkleinert werden.“
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