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Zusage aus Berlin für Pilotprojekt mit mobilen Elementen bei Frickendorf, Giegenhausen und Raffenstetten. Der Staat trägt die Kosten, die Gemeinde muss nur die nötigen Flächen beschaffen und bezahlen.

Von Tobias Zell 

Jahrelang hat man in der Gemeinde Schweitenkirchen den Lärmschutz an der A9 herbeigesehnt. Immer wieder gab es Rückschläge, Enttäuschungen, Frust. Dabei reden wir vom meistbefahrenen Autobahn-Abschnitt in Europa, wie der Abgeordnete Erich Irlstorfer (CSU) betont. Er verkündete heute die gute Nachricht, ein paar Wochen vor der Bundestags-Wahl: Der Lärmschutz kann jetzt auf Staatskosten gebaut werden, die Kommune muss lediglich die Flächen bereitstellen. Auf einer Länge von 1,5 Kilometern sollen im Rahmen eines Pilotprojekts mobile Elemente aufgestellt werden.

Der Bundestags-Abgeordnete Erich Irlstorfer, der aus Freising herübergefahren war, um heute Nachmittag im Schweitenkirchener Vereinsheim die frohe Botschaft im Rahmen eines Pressegesprächs zu offenbaren, hat es bereits schwarz auf weiß. „Sehr geehrter Herr Abgeordneter, lieber Erich“, schrieb kein Geringerer als Bundesverkehrsminister und Parteifreund Alexander Dobrindt, „in mehreren Schreiben und persönlichen Gesprächen hast Du mir die Situation an der A9 im Bereich der Gemeinde Schweitenkirchen beschrieben und Dich nachdrücklich für Lärmschutz-Maßnahmen eingesetzt.“ Er habe „alles in Bewegung gesetzt“, sagt Irlstorfer selbst. Mehrfach hatte er in der Vergangenheit versichert, er werde „lästig“ sein, bis es eine Lösung gebe für diesen Lärmschutz.

Nun ist sie offenbar da, die Lösung. Und sie kommt so simpel und pragmatisch daher, dass man sich fragt, wieso man da nicht viel früher draufgekommen ist. „Ich freue mich, Dir heute die grundsätzliche Zustimmung zu einem Pilotvorhaben mitteilen zu können“, schreibt Dobrindt, „das den Einsatz von aktiven Lärmschutz-Maßnahmen ermöglicht.“ Auf insgesamt 1,5 Kilometern sollen demnach auf Höhe der Ortsteile Frickendorf, Giegenhausen und Raffenstetten Lärmschutzwand-Elemente errichtet werden. Diese können, so heißt es weiter, „zu einem späteren Zeitpunkt versetzt und in den endgültigen Lärmschutz im Zuge des achtstreifigen Ausbaus der A9 integriert werden“. 

Der achtspurige Vollausbau der Autobahn steht bekanntlich noch aus. Im Zuge des erfolgten Ausbaus der Standspur zur temporären vierten Fahrspur war bekanntlich kein Lärmschutz errichtet worden. Der Hintergrund ist bekannt: Ein baulicher Lärmschutz ist nur bei einem so genannten Vollausbau der Autobahn inklusive – und hier wurde zwar der Standstreifen zur praktisch vierten Spur ausgebaut, doch das ist formal gesehen eben kein Vollausbau. Das muss man nicht verstehen, selbst Irlstorfer nennt es „paradox“ und räumt ein, sich gefragt zu haben, wie man das den Bürgern vermitteln soll. 

Doch Frust und Ärger weichen nun der Freude. „Ins Gelingen verliebt“ sei man, sagte Irlstorfer heute. Jetzt sei „ein ganz wesentlicher Schritt getan, dass wir nach vielen Jahrzehnten das Thema endlich umsetzen können“. Das Hauptziel aller Beteiligten sei immer gewesen, eine „Verbesserung für die Menschen“ zu erreichen, „das haben wir nie aus den Augen verloren“. Wenngleich Dobrindt wie Irlstorfer bei der CSU ist, will der Freisinger nicht, dass der Eindruck entsteht, das mit dem Lärmschutz habe nur deshalb geklappt. Hier gehe es nicht um Parteipolitik, sondern um die Menschen, erklärte er sinngemäß. Und dass die gute Nachricht kurz vor der Bundestags-Wahl am 24. September verkündet werden konnte – Zufall oder Taktik? Darauf will Irlstorfer gar nicht recht eingehen. Für ihn zählt der Erfolg. „Wir sind froh, dass wir geliefert haben.“

Gute Nachrichten, gute Laune: Bürgermeister Albert Vogler (links) und der Abgeordnete Erich Irlstorfer heute beim Pressetermin.

Dass Schweitenkirchen nun ohne den besagten Vollausbau der A9 in den Genuss eines auf Staatskosten errichteten Lärmschutzes kommt, ist für Irlstorfer auch „kein Präzedenzfall“. Das will er betont wissen. Hier gehe es eben um ein Pilotprojekt: verschiedene Materialien sollen getestet werden, es sollen Erprobungen und Messungen stattfinden. Ein zukunftsweisendes Vorhaben sei das, von dem man sich Erkenntnisse für den Lärmschutz im Allgemeinen erwarte. 

Und, darauf wies auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in einem Schreiben an den hiesigen Landtags-Abgeordneten Karl Straub (CSU) hin: Die Lärmschutz-Elemente, die hier errichtet werden sollen, „können zu einem späteren Zeitpunkt versetzt und in den endgültigen Lärmschutz im Zuge des achtstreifigen Ausbaus der A9 integriert werden“. Damit, „besteht nun endlich die Möglichkeit, die Lärmsituation für die betroffenen Anwohner in Schweitenkirchen spürbar zu verbessern“.

Voraussetzung für das Pilotprojekt sei, dass die Gemeinde die Flächen, auf denen die Lärmschutz-Wände aufgestellt werden sollen, im Grunderwerb beschaffe und kostenfrei zur Verfügung stelle, ergänzt Herrmann und konkretisiert damit die Nachricht von Dobrindt. Präzedenzfall hin, Pilotprojekt her. „Wie das Ding heißt, ist mir ziemlich egal“, sagte heute der Schweitenkirchener Bürgermeister Albert Vogler (CSU). Hauptsache, der Lärmschutz kommt endlich und seine Kommune muss nicht Unsummen bezahlen. „Die Kosten trägt nicht die Gemeinde“, stellte Irlstorfer heute klar. Nur den nötigen Grund müsse die Gemeinde kaufen oder pachten. Alles andere übernehme der Staat: Der Löwenanteil komme von Bund, auch Bayern beteilige sich. 

Zuletzt hatte es danach ausgesehen, als müsste Schweitenkirchen bis zum Vollausbau der A9 warten, um den Lärmschutz zu bekommen – oder selbst tief in die Tasche greifen. Zwar hatte das Bundesverkehrsministerium bereits seine Zustimmung zur Realisierung des Lärmschutzes gegeben, doch das entpuppte sich bei näherer Betrachtung eher als Mogelpackung. Denn die Baukosten sollten demnach von der Gemeinde getragen werden. Um die 2,5 Millionen Euro waren ursprünglich im Gespräch. Das sei weder realistisch noch zumutbar, hatte Vogler damals schon gesagt. Irlstorfer kündigte Nachverhandlungen an, verbuchte weitere Teilerfolge. Auch Landrat Martin Wolf (CSU) machte Druck. Nun ist anscheinend der Durchbruch gelungen. „Ein Riesen-Erfolg“, sagt Vogler.

„Wir haben jetzt die rechtliche Grundlage, dass sofort begonnen werden kann“, verdeutlicht Irlstorfer. Wann mit der Umsetzung zu rechnen sei, dazu wollte er sich heute aber keinerlei Prognose entlocken lassen. Das sei noch unklar. Jetzt sei erst einmal die Stunde der Planer. „Zur Abstimmung der weiteren Schritte wird die Autobahn-Direktion Südbayern in Kürze Kontakt mit der Gemeinde Schweitenkirchen aufnehmen“, heißt es vom bayerischen Innenminister.

Die jüngsten Daten zum Verkehrsaufkommen auf der A9 bei Schweitenkirchen stammen laut Irlstorfer aus dem Jahr 2010, seit damals wird von rund 100 000 Fahrzeugen täglich gesprochen – davon zwölf Prozent Schwerlast-Verkehr. Eine aktuelle Prognose gehe bis zum Jahr 2025 von einem Anstieg auf 147 000 Fahrzeuge pro Tag aus, davon 20 Prozent Lastwagen. 

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