Logo
Anzeige
Anzeige

Die CSU hätte die Frage, ob die Pfaffenhofener Hauptplatz-Durchfahrt wirklich gesperrt werden soll, am liebsten per Bürgerentscheid beantwortet. Rathauschef Herker (SPD) hält das für verfrüht.

Von Tobias Zell

Spätestens, seit der Pfaffenhofener Stadtrat mehrheitlich und grundsätzlich beschlossen hat, die Hauptplatz-Durchfahrt zu sperren, wird ebenso heiß wie kontrovers diskutiert. Die einen finden das toll, die anderen Wahnsinn. Die CSU sieht es differenziert: Für sie ist es schlicht der dritte Schritt vor dem ersten, deshalb war man dagegen. Nun wollen die Christsozialen, dass alle Kreisstädter über die Maßnahme befinden. Sie strengen nach eigenen Angaben ein Bürgerbegehren an, das freilich in einen Bürgerentscheid münden soll. Bürgermeister Thomas Herker (SPD) hält das für verfrüht, bezeichnet zugleich aber auch ein Ratsbegehren als denkbar. Wir haben die Hintergründe zusammengefasst.

 

„Nach umfangreichen Beratungen hat sich der CSU-Ortsverband Pfaffenhofen entschlossen, gegen das am 8. November im Stadtrat beschlossene Verkehrskonzept, das einen Grundsatzbeschluss mit einer Sperrung der Hauptplatz-Durchfahrt vorsieht, ein Bürgerbegehren anzustrengen“, erklärte  der Ortsvorsitzende Christian Moser heute per Pressemitteilung. „Gerade die Stimmungs- und Meinungsbilder, die wir als CSU aus den einzelnen Bürgerversammlungen und im Meinungsaustausch mit vielen Geschäftstreibenden erhalten haben, bestätigen uns darin, unsere Haltung weiter in den demokratischen Prozess einzubringen“, so Moser.  

Die CSU-Fraktion hatte in der besagten Sitzung die anvisierte Sperrung der Durchfahrt zwischen Oberem und Unterem Hauptplatz vehement kritisiert und Kompromiss-Vorschläge ins Spiel gebracht. Letztlich hatte das Gremium aber mit 18:12 Stimmen den Grundsatz-Beschluss gefasst, wonach ein mehrstufiges Konzept zur Umgestaltung des Hauptplatzes umgesetzt werden soll – das unter anderem die Sperrung der Durchfahrt sowie letztlich wohl auch den Wegfall von Parkplätzen auf dem Hauptplatz beinhaltet. Wie Bürgermeister Thomas Herker (SPD) sagte, sei eine Umsetzung erster Schritte bereits im Spätsommer nächsten Jahres möglich. Spätestens, wie er erklärte.

 

Das revolutionäre Konzept sieht im ersten Schritt neben der Herausnahme des Durchgangsverkehrs über den Hautplatz – also am Landratsamt vorbei – vermutlich auch eine Streichung von möglicherweise bis zu 40 der vorhandenen Pkw-Stellplätze am Hauptplatz vor. Um diese wegfallenden Parkplätze zu kompensieren, soll es künftig keine Dauerparker mehr in der Tiefgarage unter der Post geben. Damit würden hier bis zu 110 unterirdische Stellflächen in unmittelbarer Hauptplatz-Nähe frei. Außerdem sollen die Sonnenstraße und der Hofberg für den Durchgangsverkehr gesperrt werden – sonst könnte man die Hauptplatz-Sperrung ja umfahren.

Rathauschef Herker sprach von einer „Wende in der städtischen Verkehrs-Politik“. Grundsätzliche Zustimmung für das Konzept kam zwar von der CSU um Fraktionschef Martin Rohrmann, der betonte: „Wir sind für eine Verkehrsberuhigung.“ Doch die Reihenfolge der anvisierten Schritte bezeichnete er als „schlichtweg nicht zielführend“ sowie letztlich als „Schmarrn“. Erst, wenn die flankierenden Maßnahmen gegriffen hätten, dann könne man die Hauptplatz-Durchfahrt dichtmachen. So aber befürchtet die CSU zum Beispiel eine Zunahme des Verkehrs in der Schulstraße. Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) hatte als Kompromiss vorgeschlagen, die Hauptplatz-Durchfahrt erst einmal nur für den Schwerverkehr zu untersagen und für Pkw weiter zu gestatten – er hatte damit aber keinen Erfolg.

 

Letztlich beschloss der Stadtrat mehrheitlich Folgendes: „Dem vorgestellten Verkehrskonzept Innenstadt wird im Grundsatz zugestimmt. 
Dafür hat zunächst die Herausnahme des Durchgangsverkehrs aus der unmittelbaren Innenstadt, damit verbunden die Entkoppelung von Oberem und Unterem Hauptplatz und die Sperrung von Hofberg und Frauenstraße für den Durchgangsverkehr zu erfolgen.

Es ergeht weiterhin Auftrag an die Verwaltung, bis Februar 2018 eine Ausarbeitung zur Umgestaltung der Spitalstraße ebenso vorzubereiten wie entsprechende Vorfahrts- und Abbiegeregelungen am Altstadtstring und zu Details beziehungsweise Alternativen zu einer Poller-Setzung am Hauptplatz inklusive der damit verbundenen Betrachtung Stellplatz-Situation; darüber hinaus sind Details eines zugehörigen Parkierungskonzepts wie Vorschläge zu temporären verkehrsleitenden Maßnahmen in der Hohenwarter Straße und im Bereich der Evangelischen Kirche zu erarbeiten.

Die Verwaltung wird ferner beauftragt, darüber hinaus die dauerhafte Umgestaltung der Hohenwarter Straße und des Bereichs der evangelischen Kirche zeitnah anzugehen, 2018 Planungen für ändern Neukonzeption des Stadtbus-Systems mit Wirkung für 2020 vorzubereiten und weiterhin die Umsetzung der Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur in Pfaffenhofen zu betreiben.“

 

Seither wird jedenfalls ebenso intensiv wie kontrovers diskutiert. Für die Christsozialen um ihren Frontmann Moser geht es hier aber ganz offensichtlich um eine Entscheidung, die nicht nur von einigen Stadträten, sondern am besten von allen Bürgern getroffen werden soll. „Der CSU-Ortsverband sieht sich als Vertreter und Anwalt all jener, die – auch nach intensivem Studium des Konzepts – weiterhin ernsthafte Bedenken gegen die Entscheidung des Stadtrats haben“, erklärte Moser heute. „Wir möchten allen Bürgern, die die geplante Schrittfolge des Verkehrskonzepts für bedenklich halten, die Möglichkeit geben, dass ihre Meinung Gehör findet.“ Dazu nutze man das anerkannte und demokratische Instrument eines Bürgerbegehrens nach Artikel 18a der bayerischen Gemeindeordnung. 

Ein Bürgerbegehren muss laut Gemeindeordnung in Kommunen mit einer Größe von bis zu 30 000 Einwohnern – Pfaffenhofen begrüßte dieser Tage seinen 26 000 Einwohner – von mindestens acht Prozent der Gemeindebürger unterschrieben werden. Ist dies der Fall, dann kommt es in der Regel zum Bürgerentscheid. Ist ein Bürgerentscheid gültig, dann hat er die Wirkung eines Stadtrats-Beschlusses. Ein Bürgerentscheid kann innerhalb eines Jahres nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden – es sei denn, dass sich die zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat. 

„Wir gehen ergebnisoffen in dieses Bürgerbegehren“, unterstreicht CSU-Chef Moser . „Wenn sich zeigt, dass die Menschen in großer Zahl mit dem Verkehrskonzept zufrieden sind, werden wir den Prozess nicht mit Gewalt weiterbetreiben. Sollten aber die Bedenken in der breiten Bevölkerung anhalten, werden wir unsere Haltung mit Hilfe des Bürgerbegehrens voranbringen.“ Das Bürgerbegehren trage den Titel „Lebendiger Hauptplatz ohne Hindernisse“ und werde bereits in den nächsten Tagen starten. Und: Dieser Vorstoß wird Mosers Worten zufolge nicht nur von den Christsozialen ausgehen, „sondern einen breiten Schulterschluss auch mit vielen Geschäftstreibenden der Stadt darstellen“.

Wie Moser gegenüber unserer Zeitung erklärte, sei der konkrete Text für das Bürgerbegehren bereits kurz vor der Fertigstellung. Einige Geschäftsleute hätten schon zugesagt, die Unterschriften-Listen auszulegen. Außerdem wolle die CSU selbst aktiv um Unterstützer werben. Ferner solle es eine eigene Internet-Seite dazu geben. Ein Bürgerbegehren muss – so die gesetzliche Vorgabe – eine mit Ja oder Nein zu entscheidende Fragestellung und eine Begründung enthalten sowie bis zu drei Personen benennen, die berechtigt sind, die Unterzeichnenden zu vertreten. Laut Moser wird er selbst eine dieser drei Personen sein. Die beiden anderen sind seinen Angaben zufolge keine Parteimitglieder – das will man auch als Signal verstanden wissen. 

„Uns geht es mit dem Bürgerbegehren gerade nicht um ein Einfrieren des Status Quo, sondern um eine maßvolle Weiterentwicklung des Hauptplatzes, die niemanden zurücklässt oder ausschließt“, heißt es aus der Pfaffenhofener CSU. Die Ziele des Verkehrs-Entwicklungsplans und viele darin enthaltenen Maßnahmen erachte man als sinnvoll. Nach Dafürhalten der Christsozialen macht die Stadt jedoch mit der kürzlich mehrheitlich beschlossenen Vorgehensweise den dritten Schritt vor dem ersten: „Zuerst müsste durch die Fertigstellung der Süd-Umgehung der Verkehr nach außen verlagert werden. Erst dann könnte überhaupt erst über eine Sperrung des Hauptplatz-Verkehrs nachgedacht werden.“ 

„Eine Verkehrsberuhigung funktioniert unseres Erachtens nur von außen nach innen“, so Moser. Er befürchtet zudem, dass eine Sperrung der Hauptplatz-Durchfahrt die Stadt faktisch teilen würde. „Unser Vorschlag, statt der Sperrung einen breit angelegten verkehrsberuhigten Bereich zu schaffen, verfolgt dieselben Ziele – nämlich eine Steigerung der Aufenthaltsqualität –, jedoch mit Maß und Mitte.“ Flankiert werden müsse das durch weitere verkehrslenkende Maßnahmen, die maßvoll den Durchgangsverkehr aus der Stadt heraushielten.

 

Und: „Wir setzen uns dafür ein, dass so viele Parkplätze wie möglich am Hauptplatz erhalten bleiben und dass in Zukunft dringend zusätzlicher Parkraum – zum Beispiel durch Parkhäuser – in unmittelbarer Nähe zum Hauptplatz entstehen muss“, so Moser weiter. Er fordert deshalb auch: Die in dem Verkehrskonzept genannten Standorte von möglichen Parkhäusern seien mit konkreten Grundstücks-, Bau- und Zeitplänen zu belegen. Außerdem müssten Mobilitäts-Alternativen für die Bürger geschaffen werden. Ein Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) – unter anderem mit attraktiven Pendelverbindungen an neu zu schaffende Parkflächen oder Parkhäuser – erhöhe die Akzeptanz eines verkehrsberuhigten Stadtkerns und führe zu einem Verzicht auf die Benutzung des Pkw. 

Ob das Bürgerbegehren letztlich auch zu einem Bürgerentscheid führt, hängt laut Moser nun vor allem davon ab, ob die Stadtverwaltung und die bunte Stadtrats-Koalition aus SPD, Freien Wählern, Grünen und ÖDP „bereit sind, die Bedenken, Kritikpunkte und Sorgen der Bürger und vor allem der Geschäftstreibenden der Stadt ernst zu nehmen und von einer Sperrung des Durchgangsverkehrs als ersten Schritt abzurücken“.

Herker: Legitimes Mittel, aber verfrüht 

Bürgermeister Herker bezeichnete das von der CSU angestrebte Bürgerbegehren in einer ersten Reaktion gegenüber unserer Zeitung als „legitimes Mittel“. Er halte sogar ein Ratsbegehren für denkbar – das Ergebnis könnte dann ein Bürgerentscheid sein, der nicht durch ein Bürgerbegehren, sondern durch einen Beschluss des Stadtrats angestoßen wird. Allerdings betont Herker zugleich, dass es seiner Meinung nach aktuell noch zu früh ist für Diskussionen über konkrete Verkehrs-Maßnahmen. Er wirbt dafür, erst einmal die Vorschläge abzuwarten, die gemäß dem Grundsatz-Beschluss des Stadtrats nun erarbeitet werden sollen.

Bisherige Beiträge zum Thema:

CSU kündigt Bürgerbegehren zur umstrittenen Sperrung der Hauptplatz-Durchfahrt an

"Mich sperrt Ihr damit komplett vom Hauptplatz aus"

Der neue Spielplatz im Herzen Pfaffenhofens bleibt erhalten

Pfaffenhofener Hauptplatz wird für den Durchgangs-Verkehr gesperrt

"Die Stadt darf nicht zum Totengräber des Hauptplatzes werden"

"Der autofreie Hauptplatz ist noch eine Utopie" 


Anzeige
RSS feed