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Die Situation um ein missglücktes und zwei geplante Bürgerbegehren wird langsam verwirrend. Über die jüngste Entwicklung und einen neuerlichen Patzer. 

Von Alfred Raths

Zunehmend unübersichtlich wird in Reichertshofen, wer als Protagonist für welches der nun wohl bald zwei Bürgerbegehren mitmischt. Das mag auch an der jeweiligen Namensgebung liegen: Die Interessen-Gemeinschaften "Ja zum historischen Rathaus" hängt sich nun an die geplante Neuauflage des kürzlich wegen eines Formfehlers gescheiterten Bürgerbegehrens der "Initiative für die Generalsanierung der Paarhalle Reichertshofen", das zum Ziel hat, die Paarhalle zu erhalten und zu sanieren. Gemeinsame Sache machen wollen die Akteure auch bei einem weiteren Bürgerbegehren, das demnächst aufgelegt werden soll und dessen Ziel es ist, das historische Rathaus zu erhalten und gleichzeitig auf einen Neubau zu verzichten. Die Gemeinderäte haben bereits beschlossen, ein neues Rathaus am Unteren Markt zu errichten und das alte Rathaus für andere Zwecke herzurichten – während die Zukunft der Paarhalle aus kommunaler Sicht offen ist. 

 

Die Vertreter der Interessen-Gemeinschaft "Ja zum historischen Rathaus" trafen sich nach einem ersten Meinungsaustausch im Juni kürzlich zu einem weiteren Termin mit den Bürgervertretern aus allen im Gemeinderat vertretenen Fraktionen sowie Bürgermeister Michael Franken (JWU). Abermals ging es dabei um die Frage, wie mit dem Vorhaben der Kommune umgegangen werden soll, am Unteren Markt eine neues Rathaus zu bauen und das alte Rathaus mit blick auf eine Bürgernutzung zu sanieren. Dazu gibt es bereits einen einhelligen Beschluss des Gemeinderats aus dem Januar dieses Jahres.

Gegenüber unserer Zeitung sagte gestern der hiesige SPD-Vorsitzende Wolfgang Freudenberger, der zusammen mit seiner Frau Jutta für die Interessen-Gemeinschaft "Ja zum historischen Rathaus" spricht, dass auch in der jüngsten Gesprächsrunde weiterhin einige Punkte nicht zufriedenstellend geklärt werden konnten. Demnach seien die Bemühungen für eine Sanierung des historischen Rathauses zur Weiternutzung weder in der Feinuntersuchung zur Vorbereitung des Architektur-Wettbewerbs noch im Nutzungskonzept für das Rathaus am Unteren Markt ersichtlich – und die Abwägungen der Alternativen zum Standort des Rathauses seien nicht überzeugend.

 

"Es sollten die Alternativen wie etwa die Entkernung und Neugestaltung des jetzigen Rathauses auch untersucht werden", fordert Wolfgang Freudenberger. Ein entsprechendes Konzept sei nach Auskunft der Gemeinderäte und des Bürgermeisters nicht entwickelt worden, da der Gemeinderat aufgrund der Ergebnisse der Feinuntersuchungen den Grundsatz-Beschluss für einen Neubau des Rathauses am Unteren Markt gefasst habe. Freudenberger moniert in diesem Zusammenhang, dass frühere Gedanken in Richtung Rathaus-Neubau auf der grünen Wiese, Neubau als Ersatz für die Paarhalle oder ein Neubau in der Schlossgasse verworfen worden seien, ohne sie schriftlich zu fixieren.

Als weiteren kritischen Punkt sehen die Freudenbergers die kommunale Finanzplanung bis ins Jahr 2026. Demnach seien im Investitions-Programm unter "Einrichtung für die gesamte Verwaltung" von 2017 bis 2021 rund sechs Millionen Euro eingestellt. Dabei stelle sich die Frage, ob die 6,9 Millionen Euro für die Sanierung des alten Rathauses und der geplante Neubau des Rathauses überhaupt gesichert seien. Laut Gemeinde, so Freudenberger, seien im Finanzplan 2017 bis 2021 und für die Jahre 2018 bis 2021 rund 21 Millionen Euro für Baumaßnahmen vorgesehen. Der Schuldenstand betrage zum 31. Dezember 2021 laut Finanzplan 4,05 Millionen Euro. "Wir fragen uns daher, wie nach dem Jahr 2021 die Sanierungs-Finanzierung klappen soll, wenn nach dem möglichen Neubau 4,05 Millionen Euro Schulden da sind." Und darin sei eine eventuelle Sanierung der Paarhalle noch nicht einmal enthalten.

 

Freudenberger moniert darüber hinaus, dass von Gemeindeseite behauptet werde, für Sanierungen und Umbauten eines Rathauses gebe es keine staatlichen Zuschüsse. Dass es diese aber doch geben könne, sei etwa mit Vohburg oder Beilngries bewiesen. "Auch die Rathäuser in Bad Aibling und Feldafing wurden auch aus Städtebau-Förderung bezuschusst", so Freudenberger. "Außerdem wird es so kommen, dass bei einer Paarhallen-Sanierung einige Vereine dort hineingehen. Dann stellt sich die Frage, ob der Platz im alten Rathaus in der bislang vorgesehenen Größe überhaupt nötig ist." Und, so Freudenberger weiter: Was passiert nach dem Umzug der Bücherei in ein neues Rathaus-Gebäude mit dem derzeitigen Bücherei-Gebäude? Die Antwort gibt er selbst: "Da ist kein Konzept vorhanden."

"Unser Resümee nach dem Treffen ist, dass alle Themen aus unserem Fragenkatalog angesprochen wurden, aber auf unsere Vorschläge beziehungsweise Kompromisse nicht eingegangen wurde", fasst Freudenberger im Gespräch mit unserer Zeitung zusammen und beklagt: Es sei keine Kompromiss-Bereitschaft für Alternativen erkennbar. "Von der Lösung Rathaus am Unteren Markt will man einfach nicht abrücken, somit bleibt als Ausweg nur ein Bürgerbegehren." Dies wolle man nun zusammen mit der "Initiative für die Generalsanierung der Paarhalle Reichertshofen" auf den Weg bringen.

 

Der Text werde in Kürze formuliert und dann solle es auch schon losgehen. Als Verantwortliche des Bürgerbegehrens werden laut Freudenberger er selbst sowie Georg Hempel und Karl Schweiger zeichnen. Gleichzeitig werde die Interessen-Gemeinschaft "Ja zum historischen Rathaus" das jüngst wegen Formfehlern gescheiterte Bürgerbegehren der "Initiative für die Generalsanierung der Paarhalle Reichertshofen" unterstützen, wonach die Paarhalle zu sanieren, zeitgemäß auszustatten sowie die Anbauten im Norden und Süden der Halle abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen seien. Als Verantwortliche dieses Bürgerbegehren wollen, so heißt es, der örtliche CSU-Chef Ernst-Peter Klinker sowie SPD-Frontmann Wolfgang Freudenberger und Karl Schweiger zeichnen. 

Noch eine Panne

Übrigens ist es bei der angekündigten Rücknahme des wegen zweier Formfehler im ersten Anlauf verpatzten Paarhallen-Bürgerbegehrens – mit der man der offiziellen Feststellung der Unzulässigkeit zuvorkommen wollte – zu einer weiteren Panne gekommen. "Die Vertreter des Bürgerbegehrens waren bei mir mit dem Schreiben zur Rücknahme der Bürgerbegehrens", bestätigte Rathauschef Franken unserer Redaktion. Das Schreiben enthielt seinen Worten zufolge allerdings lediglich drei Unterschriften – anstatt die aller sechs als Verantwortliche genannten Personen. "Aus Sicht der Verwaltung", sagt Franken, sei das Bürgerbegehren "damit formell nicht zurückgenommen". Dies sei der Gemeinde-Verwaltung auch so von der Rechtsaufsicht am Pfaffenhofener Landratsamt bestätigt worden. Die Bürgerbegehren-Zurücknehmer in spe wollen nun die noch fehlenden drei Unterschriften einholen.

Bisherige Beiträge zum Thema:

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