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In jüngster Vergangenheit gab es kaum Anträge und nur selten echte Debatten. Wie beurteilen die sieben Bewerber die Situation? Hier die Antworten.

(ty) Am 15. März, spätestens aber in der Stichwahl zwei Wochen später, wird der Landrats-Posten im Kreis Pfaffenhofen neu vergeben. Sechs Männer und eine Frau gehen ins Rennen: Albert Gürtner (FW), Andreas Herschmann (SPD), Karl Huber (Bürgerliste), Thomas Neudert (FDP), Martin Rohrmann (CSU), Kerstin Schnapp (Grüne) und Claus Staudhammer (AfD). Unsere Zeitung hat allen dieselben Fragen gestellt und veröffentlicht im Rahmen einer Serie die Antworten zu jeweils einer Frage. In der elften Folge wollten wir wissen: "Angesichts mancher zuletzt wenig ergiebiger Sitzungen des Kreistags könnte man mit spitzer Zunge sagen: Es wäre besser, solche Termine als Video-Konferenzen abzuhalten, dann würde man zumindest das Klima schonen – weil nicht zig Leute extra nach Pfaffenhofen fahren müssen. Rechtlich dürften Video-Sitzungen allerdings problematisch sein. Jedenfalls wirkt der Kreistag mitunter politisch leblos, es gab in jüngster Vergangenheit selten echte Debatten und kaum Anträge. Wie beurteilen Sie das?"

Albert Gürtner (Freie Wähler):

"Der Kreistag lebt von den Diskussionen der Kreisrätinnen und Kreisräte. In den letzten Jahren gab es aber oft reine Informations-Veranstaltungen. Die Sitzordnung erinnert ja auch eher an eine Schulklasse. Ich möchte im Kreistag die Sitzordnung verändern, damit man sich bei Diskussionen wieder anschaut. Anträge werden derzeit von der Landkreis-Spitze eher zögerlich behandelt. Ein Beispiel: Ich hatte im Dezember 2018 den Antrag gestellt, eine Auslagerung des Kreisbauhofs zu prüfen und das Ergebnis vorzustellen. Trotz mehrerer Nachfragen kam das Thema erst zwölf Monate später in die Sitzung, um irgendein Grundstück zu kaufen. Kostenplanung, Standort-Optimierung und Mitarbeiter-Befragung fehlten. Das sagt viel aus. 

Oder nehmen wir das Beispiel PFC-Verunreinigung am Flugplatz Manching und die Gefährdung der Anwohner. Hier habe ich den Antrag gestellt, das im Kreistag zu behandeln und über mögliche Lösungen zu diskutieren. Das wurde mehrmals vom Landrat abgelehnt: Das sei eine Angelegenheit der Staatsbehörde und dafür sei der Kreistag nicht zuständig. Die Kreisräte sollen sich aus der Zeitung informieren. Dabei könnte die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Sofortmaßnahmen zur Beseitigung der Grundwasser-Verschmutzung anordnen. Warum sie sich nicht traut, bleibt eine offene Frage. Eine Diskussion im Kreistag wurde nicht zugelassen. Als Landrat werde ich das ändern, der Kreistag muss in Zukunft wieder über die wichtigen Themen diskutieren. Für reine Informations-Veranstaltungen ist die Zeit zu schade."

Andreas Herschmann (SPD):

"Den Eindruck der politischen Leblosigkeit kann ich bestätigen. Stillstand im Landkreis haben wir in vielen Bereichen. Beim öffentlichen Personennahverkehr, bei der Familien-Freundlichkeit, bei der Energiewende. Das liegt in erster Linie an der Bremser-Fraktion CSU. Der Landkreis liegt seit über 70 Jahren in CSU-Verantwortung. Das Ergebnis ist ein politischer Scherbenhaufen und die rote Laterne in vielen öffentlichen Bereichen. Deshalb braucht es im Kreistag neue Mehrheiten und neue Themen-Allianzen.

Video-Konferenzen? Video-Sprechstunden für Bürger kann ich mir vorstellen. Aber für die politische Diskussion brauchen wir das menschliche Zusammentreffen und die Diskussion im Kreistag. Es kommt letztlich eben auf die politische Kultur an. Heimliche Steuer-Gremien wird es bei mir nicht geben. Geheim-Treffen der CSU im Landratsamt zur Vorbereitung von Sitzungen, wie sie mir berichtet wurden, an denen nicht selten auch noch Leute beteiligt waren, die selbst gar nicht in den Kreistag gewählt wurden, finden bei mir sicher nicht statt."

Karl Huber (Bürgerliste):

"Politik wird von Menschen gemacht, die Meinungen austauschen, diskutieren, entscheiden und Beschlüsse fassen. Ich halte deswegen Video-Konferenzen nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus faktischen Gründen für nicht praktikabel. Die Live-Übertragung der Sitzungen im Netz wäre ein zusätzliches Info-Angebot an die Bevölkerung. Der Kreistag setzt sich ab Mai neu zusammen. Ergebnisse von Wahlen lösen dynamische Prozesse aus, es wird neue Kreisräte, neue Ideen, neue Vorschläge geben. Und bekanntlich wohnt jedem Anfang ein Zauber inne. Wenn jedes neue Kreistags-Mitglied positiv gestimmt ist, seine Lebenserfahrung und Stärken einbringt, wird es viele interessante Diskussionen geben. Ich hoffe, dass im Kreistag dann ein frischer Wind weht, nicht zuletzt durch die Bürgerliste.

Der Kreistag hat es durch die Gestaltung der Geschäftsordnung, die zu Beginn der Wahlperiode neu erlassen wird, selbst in der Hand, ob er sich Aufgabengebiete zur Behandlung vorbehält oder an beschließende Ausschüsse verweist. In den vergangenen zwei Perioden gab es verhältnismäßig viele beschließende Ausschüsse, in denen Themen abschließend diskutiert und behandelt wurden. Im Bau- und Vergabe- sowie im Umweltausschuss  wurden Entscheidungen mit großer Tragweite final diskutiert und abgestimmt, ohne dass die Themen im Kreistag auf der Tagesordnung standen. Im Kreistag wie in Ausschüssen wurden über die sechs Jahre relativ wenig Anträge gestellt. Gibt es mehr Anträge, wird mehr und intensiver diskutiert und die Sitzungen sind interessanter."

Thomas Neudert (FDP):

"Es ist zu hoffen, dass der Wähler uns einen Kreistag bestimmt, der wieder aktiver und lebendiger sein wird, im positiven Sinn. Auch eine verstärkte Teilnahme der Bevölkerung zum Beispiel durch Livestream-Übertragungen würde sich meiner Meinung positiv auf das Gremium auswirken, da dies die Debatten-Kultur fördern würde und für eine bessere Transparenz sorgt."

Martin Rohrmann (CSU):

"Der Kreistag, insbesondere die Kreispolitik lebt von dem Engagement seiner Kommunalpolitiker. Mangelnde Debatten können das Resultat von gut vorbereitenden Sitzungs-Unterlagen oder von vorher ausgiebig geführten Abstimmungs-Prozessen sein. Fehlende Anträge aus den politischen Fraktionen zeigen meist auch eine allgemeine Zufriedenheit mit der Arbeit der Verwaltungsführung und der politischen Mandatsträger als Ganzes. Eine Übereinstimmung in politischen Gremien deutet auf ein gutes Miteinander hin. Die Kommunalpolitiker stellen die Sachpolitik vor die Parteipolitik, was ein sehr gutes Zeichen ist. Solange die Bürgerinnen und Bürger Profiteure von solchen Weichenstellungen sind, läuft bei uns alles richtig. 

Politisch gehören natürlich die Diskussion und die Debatte in den Vordergrund. Es gibt immer verschiedene Vorstellungen und Sichtweisen zu einem Thema. Gerade die unterschiedlichen Argumente müssen ausgetauscht werden. Diese gilt es sichtbar und transparent zu machen. Wichtig ist mir dabei auch weiterhin eine weitreichende Abstimmung der Beteiligten untereinander.

Obwohl Video-Konferenzen ohne die direkte Anwesenheit der politischen Mandatsträger nicht möglich sind, spreche ich mich offen dafür aus, künftig auch die Sitzungen des Kreistags aufzeichnen zu lassen, sodass der interessierte Bürger diese bequem von zu Hause aus verfolgen kann. So kann man politische Arbeit im Rahmen der Digitalisierung nachvollziehbar und lebhaft machen."

Kerstin Schnapp (Grüne):

"Die letzten Sitzungen waren geprägt von Informations-Tagesordnungspunkten. Wo will man da streiten und um Inhalte ringen, wenn eine Studenten-Gruppe über Digitalisierung referiert oder das Landratsamt als Staatsbehörde einen Vortrag zum Katzenschutz hält? Die Zusammenstellung der Tagesordnungen mögen andere beurteilen – möglicherweise auch die Wähler.

Mein Ansatz für lebendige Debatten lautet: mehr echte Beschluss-Vorlagen und weniger Blabla. An Alpha-Tieren, die ihre Standpunkte klar machen können und Themen vorantreiben, herrscht im Landkreis Pfaffenhofen nämlich kein Mangel. "

Claus Staudhammer (AfD):

"Video-Konferenzen wird es nicht geben können. Bei Abstimmungen gibt es einen klar definierten rechtlichen Rahmen. Es wird bei Präsenz-Sitzungen bleiben. Die Debatten-Kultur im Kreistag ist wirklich unterirdisch. Ich denke, die Fraktionen sind mittlerweile zu ähnlich, an wirklich brisantere Themen traut sich keine heran, da fehlt es bei manchen an Haltung. Die Anliegen der Bürgerschaft thematisch mit in den Kreistag zu nehmen, vermisse ich. Davon habe ich zumindest in den von mir besuchten Sitzungen so gut wie nichts wahrgenommen.

Dies sollte sich ändern. Weg vom reinen Verwalten, weg von Nebensächlichkeiten und hin zur Wirklichkeit. Und das bedeutet vor allem mehr relevante Themen mit mehr Ergebnis-Orientierung. Was auffällt, ist, dass vieles auf externe Berater verlagert wird. Dadurch wir es bequem. Die Beschäftigung mit Inhalten generiert zur Nebensache für einige, was wiederum zu mangelnder Beteiligung führt. Vielleicht täuscht mich auch der Eindruck und manche sind nach fast sechsjähriger Tätigkeit im Mandat einfach nur amtsmüde."

Bisherige Fragen und Antworten:

Fragen an die Landrats-Kandidaten (10): War die Generalsanierung ein Fehler?

Fragen an die Landrats-Kandidaten (9): Wie steht es um die Führungs-Erfahrung?

Fragen an die Landrats-Kandidaten (8): Von Bürgermeistern und Alpha-Tieren

Fragen an die Landrats-Kandidaten (7): Gibt es ein Nord-Süd-Problem?

Fragen an die Landrats-Kandidaten (6): Der Kreisumlagen-Hebesatz

Fragen an die Landrats-Kandidaten (5): Fachkräfte, Wohnraum, Flächenverbrauch

Fragen an die Landrats-Kandidaten (4): Zuständigkeiten und ihre Grenzen

Fragen an die Landrats-Kandidaten (3): Jetzt geht's um ÖPNV und Mobilität

Fragen an die Landrats-Kandidaten (2): Die Ilmtalklinik und das jährliche Defizit

Fragen an die Landrats-Kandidaten (1): Zum Auftakt geht's um Digitalisierung


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