Vier Beschuldigte gefasst. 18 Goldklumpen sichergestellt: Wohl eingeschmolzene Teile der Beute. Suche nach restlichen Münzen läuft. DNA-Spur vom Tatort führte zu Serie von Einbrüchen. LKA gab heute viele Details bekannt.
(ty) Der Sonderkommission "Oppidum" des bayerischen Landeskriminalamts (LKA) unter Federführung der Staatsanwaltschaft von Ingolstadt ist am Dienstag die Festnahme von vier Männern gelungen, die im dringenden Tatverdacht stehen, im November vergangenen Jahres den Goldschatz aus dem Kelten-Römer-Museum in Manching gestohlen zu haben. Das wurde heute aus dem bayerischen Innenministerium erklärt. Einer der gefassten Tatverdächtigen hatte laut LKA bei seiner Festnahme eine Tüte mit 18 Goldklumpen bei sich – insgesamt rund 500 Gramm. Vieles spricht dafür, dass es sich dabei um eingeschmolzene Teile des rund 3,7 Kilo schweren Manchinger Kelten-Schatzes handelt. Die Ermittlungen, auch zum Verbleib der restlichen Beute, laufen weiter auf Hochtouren. Es besteht die Hoffnung, dass diese Münzen noch nicht eingeschmolzen wurden. Wir fassen zusammen, was bislang bekannt ist und wie die Ermittler auf die Spur der Beschuldigten kamen.
Acht Monate nach dem spektakulären Einbruch ins Kelten-Römer-Museum in Manching, bei dem über Nacht der Goldschatz gestohlen worden war, ist den Ermittlern jedenfalls ein Durchbruch gelungen. Wie das LKA und die Staatsanwaltschaft aus Ingolstadt bekanntlich bereits am gestrigen Mittwoch mitgeteilt hatten, fand in Zusammenhang mit dieser Tat an diesem Dienstag im Großraum Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern) eine Festnahme- und Durchsuchungs-Aktion statt. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach gestern schon von einem "herausragenden Ermittlungs-Erfolg". Am heutigen Donnerstag gaben LKA-Vizechef Guido Limmer und der Leitende Oberstaatsanwalt Nicolas Kaczynski von der Staatsanwaltschaft aus Ingolstadt im Rahmen einer Presse-Konferenz weitere Details bekannt. Auch Innenminister Herrmann sowie Markus Blume (CSU), der bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, waren dabei.
Umfangreiche Absuch-Maßnahmen fanden rund um das Museum statt; dabei waren auch Taucher im Einsatz.
Das Kelten- und Römer-Museum von Manching war in der Nacht zum 22. November vergangenen Jahres seiner wertvollsten Artefakte beraubt worden. Wie heute noch einmal zusammenfassend erklärt wurde, durchtrennten zunächst unbekannte Täter kurz nach 0.30 Uhr in einem Telekom-Verteilerhaus in Manching mehrere Glasfaser-Kabel. Infolge dessen fiel in rund 13 000 Haushalten über mehrere Stunden die Internet- und Telefon-Anbindung aus. Etwa eine Stunde später, um 1.26 Uhr, wurde ins Kelten-Römer-Museum eingebrochen. "Innerhalb von neun Minuten hebelten die Täter zwei verriegelte Türen sowie die Boden-Vitrine mit dem Keltenschatz von Manching auf und entwendeten den größten im 20. Jahrhundert bei Grabungen gefundenen keltischen Goldfund aus dem 1./2. Jahrhundert vor Christus", so das LKA. Die Alarm-Anlage des Museums hatte nach Erkenntnissen des LKA zwar ausgelöst, der Alarm wurde aber wegen des Internet- und Telefon-Ausfalls nicht übermittelt.
Der Einbruch-Diebstahl sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Die Staatsanwaltschaft aus Ingolstadt und die Kunst-Fahnder des bayerischen LKA übernahmen die Ermittlungen. Hierfür wurde eigens die 25-köpfige Sonderkommission "Oppidum" eingerichtet. Im Zuge von umfangreichen Suchmaßnahmen rund um das Museum – auch unter Mithilfe der Taucher-Gruppe von der bayerischen Bereitschaftspolizei – waren laut heutiger Mitteilung im nahe gelegen Pichler Weiher sowie in der Paar zwei blaue Brecheisen, eine Astschere und ein Seitenschneider gefunden worden (siehe Foto unten). Neben dem Museum sei von den Ermittlern außerdem eine Funk-Antenne entdeckt worden. Alle sichergestellten Gegenstände seien kriminaltechnisch untersucht worden. Dabei sei an einem der Gegenstände auch eine DNA-Spur gesichert worden.
Bei Absuch-Maßnahmen gefundene Werkzeuge.
Ein Datenbank-Abgleich dieser Spur in der bundesweiten DNA-Datenbank sowie im benachbarten Ausland führte, so wurde heute dargelegt, zu acht weiteren so genannten Spur-Spur-Treffern – so nennt man das Übereinstimmen von Spuren beziehungsweise Merkmalen an verschiedenen Tatorten. "Hierbei handelte es sich jeweils um ähnlich gelagerte Diebstähle im gesamten Bundesgebiet und Österreich", wurde dazu erläutert. "Auch hier wurden vor dem eigentlichen Einbruch in mehreren Fällen Kabel durchtrennt, um Alarm-Anlagen umgehen zu können." Die besagten Einbrüche fanden den Angaben zufolge seit dem Jahr 2014 in Nienhagen, Pressath, Edermünde, Winsen, Bad Aibling, Heilsbronn und Schwarzheide sowie im österreichischen Krems statt. Die Taten sollen von drei der vier nun festgenommenen Männern begangen worden sein.
"Auch bei den Einbrüchen waren die Täter stets gleich ausgerüstet", wurde heute bekannt gegeben. Sie trugen demnach schwarze Overalls mit Sturmhauben und hatten jeweils baugleiche Brecheisen, Schraubendreher und einen Winkelschleifer mit mehreren Trennscheiben dabei. Um gegebenenfalls noch vorhandene Alarm-Anlagen zu stören, benutzten sie nach LKA-Erkenntnissen einen so genannten Funk-Jammer. "Vor Angehen des eigentlichen Einbruch-Objektes kappten sie Telefon-Glasfaser-Kabel in Verteilerkästen oder Häusern." Die Auswertung von Akten zu ähnlichen Straftaten, die die Soko "Oppidum" in großem Umfang geprüft habe, habe zu einem Tatverdacht gegen einen 42-jährigen Deutschen aus Schwerin geführt, wurde heute erläutert.
Ein Archivfoto des gestohlenen Goldschatzes.
Dieser 42-Jährige stand den Angaben zufolge im Verdacht, an einem Einbruch-Diebstahl im April des Jahres 2018 in Nordrhein-Westfalen beteiligt gewesen zu sein. Bei der Überprüfung der Person geriet laut LKA ein weiterer Mann, ein 46-jähriger Deutscher, ebenfalls in den Fokus der Ermittler. In den darauf folgenden Wochen und Monaten der intensiven Ermittlungs-Arbeit – mit Unterstützung des Landeskriminalamts von Mecklenburg-Vorpommern – erhärteten sich die Verdachts-Momente gegen diese beiden bis dato ermittelten Tatverdächtigen sowie außerdem gegen einen 50-jährigen Deutschen, wohnhaft in Schwerin. Auch das wurde heute offiziell bekannt gegeben. Und so ging es dann weiter:
Am vorgestrigen Dienstag seien die drei genannten Tatverdächtigen mit Unterstützung von Spezial-Einheiten vorläufig festgenommen worden. Den Angaben zufolge klickten die Handschellen im Landkreis Ludwigslust-Parchim, in Schwerin und in Halle (Westfalen). Die nun Beschuldigten seien dann am gestrigen Mittwoch den jeweils zuständigen Ermittlungsrichtern vorgeführt worden. Diese eröffneten laut LKA dabei auch die von der Staatsanwaltschaft aus Ingolstadt beantragten sowie vom Amtsgericht in Ingolstadt erlassenen Haftbefehle. Die drei genannten Festnahmen erfolgten den Angaben zufolge "unmittelbar nach der Zusammenkunft des 46-Jährigen mit einem mutmaßlich weiteren Banden-Mitglied, einem 43-jährigen Deutschen aus Berlin". Dieser sei ebenfalls festgenommen worden.
Bei der heutigen Presse-Konferenz.
Bei seiner Festnahme habe der 43-Jährige in einer Plastiktüte insgesamt 18 Goldklumpen bei sich gehabt. Es wird davon ausgegangen, dass eine Übergabe stattfinden sollte. Eine sofortige erste Analyse mittels Mikro-Röntgen-Fluoreszenz-Analyse am kriminaltechnischen Institut des bayerischen Landeskriminalamts habe eine Material-Zusammensetzung an Gold, Silber und Kupfer ergeben, die der Zusammensetzung des Manchinger Goldschatzes entspreche. "Somit muss mit hoher Wahrscheinlichkeit derzeit davon ausgegangen werden, dass es sich hier um bearbeitete Stücke des Manchinger Goldschatzes handelt", teilten LKA und Staatsanwaltschaft Ingolstadt heute mit. Weitere Begutachtungen fänden in Zusammenarbeit mit der "Archäologischen Staatssammlung" noch statt.
Ähnlich formulierte es heute der bayerische Innenminister: "Es spricht aus Ermittler-Sicht vieles dafür, dass es sich zumindest um einen Teil des Manchinger Keltenschatzes handelt", so Herrmann. "Erste Analysen weisen in der Stoff-Zusammensetzung weitreichende Übereinstimmungen mit dem Keltenschatz auf." Außerdem wies er darauf hin, dass sich aus den derzeitigen Ermittlungs-Ergebnissen auch Hinweise auf eine Vielzahl weiterer Taten ergeben, die jetzt ebenfalls mit Hochdruck überprüft werden.
Wie heute zu den 18 sichergestellten Goldklumpen – insgesamt rund ein halbes Kilogramm – zu erfahren war, wurden mutmaßlich jeweils vier der ursprünglich jeweils um die sieben Gramm schweren Münzen zu einem größeren Batzen eingeschmolzen. Damit wären etwa 70 der insgesamt rund 480 gestohlenen keltischen Goldmünzen aus der Zeit um 100 vor Christus unwiederbringlich verloren. Minister Blume bezeichnete die Tat von Manching heute als "Anschlag auf unser kulturelles Gedächtnis". Der entwendete Goldschatz brachte laut LKA rund 3,7 Kilogramm auf die Waage.
Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt legt den Beschuldigten schweren Banden-Diebstahl in Tateinheit mit gemeinschädlicher Sachbeschädigung und Störung von Telekommunikations-Anlagen zur Last. Im Rahmen des Einsatzes wurden laut heutiger Mitteilung 28 Wohnungen, Geschäftsräume, Garten-Parzellen, ein Bootshaus und Fahrzeuge durchsucht. Insgesamt waren nach LKA-Angaben in der Spitze mehr als 100 Beamtinnen und Beamte aus Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Berlin und der Staatsanwaltschaft Ingolstadt im Einsatz. Bei den Durchsuchungen seien Overalls, Masken, Einbruch-Werkzeug, Rucksäcke, Mobiltelefone, Jammer und Bargeld sichergestellt worden. Die Ermittlungen der Soko "Oppidum" dauern indes an, wurde betont.
Aus dieser Boden-Vitrine wurde der Goldschatz gestohlen.
Laut Kaczynski von der Staatsanwaltschaft aus Ingolstadt handelt es sich bei den vier Beschuldigten um deutsche Staatsangehörige ohne Migrations-Hintergrund. Keiner von ihnen habe sich bislang zur Sache geäußert. Zwei von ihnen seien bereits wegen gleich beziehungsweise ähnlich gelagerter Taten auffällig geworden. Wie heute außerdem zu erfahren war, wohnen zwei der Männer in Schwerin, einer im Raum Schwerin und einer in Berlin. Sie arbeiteten als Fernmelde-Techniker, Buchhalter, Filial-Leiter im Einzelhandel und Beschäftigter einer Abbruch-Firma.
"Die Festnahme dieser Profi-Einbrecher-Bande ist der hochengagierten und akribischen Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft zu verdanken", lobte Innenminister Herrmann. Besonders hob er auch die enge und hervorragende Zusammenarbeit mit Ermittlern aus den anderen Bundesländern hervor, allen voran mit dem Landeskriminalamt von Mecklenburg-Vorpommern. Der Innenminister sicherte zu: "Die Ermittlungen zum Verbleib des Goldschatzes werden mit Hochdruck fortgeführt." Selbstverständlich suche man weiter nach dem Rest des Goldschatzes, betonte auch Kaczynski. Auch heute gab es diesbezüglich weitere Such-Maßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern.
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