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Bei einem zweiten Bürgerabend in Zusammenhang mit der Bewerbung um Aufnahme in das EU-Förderprogramm "Leader" wurden weitere Stärken und Schwächen des Landkreises analysiert

(ty) Eine stärkere Vernetzung und der Zusammenhalt innerhalb der Region sowie der Erhalt der vielfältigen Natur- und Kulturlandschaft waren einige der vielen Punkte, die beim zweiten Bürgerabend in Scheyern für die Erarbeitung der zukünftigen Entwicklungsstrategie angesprochen wurden, mit der sich der Landkreis Pfaffenhofen für das europäische Förderprogramm „Leader“ bewerben will. Ebenso wie schon in der Diskussionsrunde in Manching eine Woche zuvor, hatten diesmal knapp 70 Teilnehmer die Aufgabe, Stärken und Schwächen aus ihrer Sicht zu benennen, die von den Moderatoren Ulrike und Jens Lilienbecker an mehreren großen Pinnwänden als Grundlage für die Einschätzung der Ausgangssituation aufgeschrieben und gesammelt wurden. Darunter wichtige Hinweise, „die auch für die Kommunalpolitik große Bedeutung haben“, wie der stellvertretende Landrat Josef Finkenzeller (FW) am Schluss die Veranstaltung einschätzte. Er rief die Anwesenden auf, auch kleinere Projektideen vorzuschlagen und einzubringen, die dann über das Leader-Programm möglicherweise unterstützt werden können. 

Aus Sicht  der Diskussionsteilnehmer liegt eine Stärke der Region in der Bevölkerung und „im Bürger selbst“, der sich jedoch stark mit seinem jeweiligen Ort identifiziere. Deshalb komme es in Zukunft darauf an, Brücken in Richtung „Mein Landkreis“ zu bauen“ und stärker das regionale Denken zu etablieren, wurde als Ziel formuliert. Auch dürfe es keine Spaltung in einen Nord- und Südteil des Landkreises geben, sondern es müsse eine Vernetzung angestrebt werden. 

Hervorgehoben wurde das freiwillige Engagement der Menschen, die Familienpflege, das Miteinander der Generationen insbesondere in den Vereinen und dass es ein stabiles Netzwerk im sozialen Bereich gebe, auch Betreuungseinrichtungen und Behindertenangebote sowie eine Mittags-, Nachmittags- und Ferienbetreuung. Allerdings würde vieles nur zentral in den größeren Gemeinden angeboten, weshalb gewünscht wurde, zukünftig mehr dezentral im gesamten Landkreis anzubieten. Etwa auch kleine Wohnprojekte mit Betreuung oder barrierefreie Wohnungen für den Notfall. Große Probleme gebe es derzeit durch fehlende Pflegekräfte.

Der Stellvertretende Landrat Josef Finkenzeller (rechts) bei seiner Ansprache. 

Weitere Hinweise gab es zum den vielen beziehungsweise vielfältigen Vereinen in jedem Ort und zum Vereinsleben, das noch funktionieren würde. Brauchtum, gewachsene Traditionen, die bayerische Kultur und der Erhalt der Heimat spielten eine Rolle, wurde gesagt. Der Landkreis sei lebens- und liebenswert, auch weil man hier noch seine Nachbarn kenne und um Hilfe bitten könne, falls dies einmal notwendig sei. Auch Migranten würden positiv aufgenommen, hieß es, und es gebe ein Miteinander von Einheimischen und Zugezogenen.

Gut aufgestellt für die Zukunft sahen die Teilnehmer den Landkreis durch das Bildungsangebot mit den wohnortnahen Schulen und Ausbildungsmöglichkeiten vor Ort, wie etwa der FOS Scheyern, die auch wichtig für den Zusammenhalt der Jugendlichen seien. Die begonnene Vernetzung der Schulen untereinander solle weiter ausgebaut werden, wurde angeregt. Weitere Stärken wurden in der medizinischen und in der noch vorhandenen Nahversorgung gesehen. 

Neben der Lage zwischen den Metropolen und der hohen Wirtschaftskraft mit vielfältigen und leistungsfähigen Unternehmen, gutem Mittelstand und Handwerkern – womit auch die Basis für die hohe Lebensqualität geschaffen sei – liegen die aktuellen Probleme im Fachkräftemangel, „weil München viel abzieht“, wurde erläutert, und in der Nachfolgeregelung, die in den nächsten Jahren bei über 2000 hiesigen Unternehmen anstehe. Ein bald stattfindender Unternehmertag will dies genauer thematisieren. Neue Ansätze könnte das Thema Forschung bringen, wurde erwähnt.

Schwächen wurden im Bereich der Mobilität genannt, wozu das hohe und in Zukunft weiter ansteigende Verkehrsaufkommen sowie die mangelnde Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrssystemen (außer bei den Schulbussen) etwa der Kreisstadt Pfaffenhofen gezählt wurde: „Ohne eigenes Auto wird es schwierig“, lautete hier die Erklärung. Zur Verbesserung der Mobilität wurde ein Pendelbus, der zu bestimmten Veranstaltungen wie beispielsweise zum Kulturfestival „Kunst im Gut“ in Scheuern fährt, und ein Freizeitbus inklusive Fahrradmitnahme vorgeschlagen. Sinnvoll wäre es auch, das Sortiment der mobilen Nahversorgung via „Semmelwagen“ durch regionale Produkte zu ergänzen, war eine weitere Idee.

Im touristischen Bereich wurde der Hopfen als Alleinstellungsmerkmal hervorgehoben. Allerdings werde der Tourismus in der Region noch zu sehr als „Stiefkind“ behandelt, was an der geringen Zahl von hauptamtlichen Mitarbeitern festgemacht wurde, die für Gästeinformation und -organisation zuständig seien. Deshalb sollte ein zukünftiger Schwerpunkt auf der Einrichtung der Basis-Infrastruktur gelegt werden, lautete hier ein Vorschlag. Gewünscht wurde auch, die Lücken im Radwegenetz zu schließen und die Radwege miteinander zu vernetzen, um Ausflügler anlocken zu können, die von München aus mit der S-Bahn bis zum benachbarten Petershausen gelangen.

Zur hohen Lebensqualität, die der Landkreis zu bieten hat, zählte für die Diskussionsteilnehmer auch der hohe Kultur- und Freizeitwert und aufgrund der Lage, dass man die Städte München, Nürnberg, Regensburg und Augsburg quasi vor der Haustüre habe. Im Freizeitbereich wurden als Ideen ein Badeweiher in Scheyern und eine Aufwertung des Trimm-Dich-Pfades in Pfaffenhofen aufgenommen. Wichtig sei auch, Freizeitangebote zu entwickeln, wo Jung und Alt zusammenkommen können – als Beispiel wurde der Kletterpark genannt. 

Als eine weitere Stärken des Landkreises wurde die vielfältige Naturlandschaft eingeschätzt, dass die Landschaftspflege funktioniere und es aktive Naturschutzgruppen gebe. Damit die natürliche Kulturlandschaft erhalten bleibe, wurden als Ziele die Artenvielfalt sowie die Koordinierung der Umweltbildung formuliert. Auch eine Location sei sinnvoll, wo die Umweltbildung an zentraler Stelle angeboten und weiterentwickelt werden könne, war ein weiterer Hinweis.

Hervorgehoben wurde „das Ländliche“, das den Landkreis ausmache, und dass die Landwirtschaft, insbesondere der Hopfenanbau, eine wichtige Wirtschaftskraft sei. Als positiv wurden auch die Vielseitigkeit in der Landwirtschaft beispielsweise mit Tierhaltung, Hopfen, Spargel und Kartoffeln sowie Bio-Landwirte und der Maschinen- und Betriebshilfering genannt. Aufgrund der Nachfrage nach gesundem Essen würden regionale Produkte stark nachgefragt, die im Rahmen der „Initiative Regionalmanagement Region Ingolstadt“ (Irma) zu einer Kooperation mit dem Namen „vier Gärten“ zusammengefasst worden sind und gut etabliert seien. Großen Zuspruch finde auch die vor kurzem angeschaffte Obstpresse eines hiesigen Obst- und Gartenbauvereins, wie ein Teilnehmer berichten konnte. Allerdings könnten noch weitere Obstpressen im Landkreis angeschafft werden, um die alten Obstbäume zu erhalten und den eigenen Saft zu nutzen, wurde angeregt.

Tradition haben auch die Kräuterbüschel. Aber das Sammeln der Kräuter werde heutzutage schwieriger, weil Wiesen und Randstreifen oft zu früh gemäht werden und die Kräuter dadurch nicht mehr wachsen können, wurde ausgeführt. Um das Thema Kräuter wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken, wurde ein Naturlehrpfad für Kräuter vorgeschlagen. Weitere Ideen: ein Planetenweg und eine Aktivierung des Benediktus-Wegs. 

Diskutiert wurde auch über Nachhaltigkeit und die Impulse, die sich für dieses Thema durch den Einsatz erneuerbarer Energien im Landkreis bereits ergeben. Zukünftig sollten erneuerbare Energien auch für die Mobilität und beim Heizen eingesetzt werden, war die Meinung. Wichtig sei auch, das Energiebewusstsein in der Bevölkerung zu fördern und einen „Wegweiser“ zum Energiesparen aufzulegen – wobei die Volkshochschule helfen könne, wurde vorgeschlagen. Das in der Nachbarregion vor kurzem eröffnete „Klimaschutz-Dorf“, bei dem Jugendliche die Möglichkeiten zum Klimaschutz simulieren können, würde sich in diesem Zusammenhang als ein mögliches Kooperationsprojekt auch im Rahmen der Irma-Aktivitäten anbieten, war eine Idee. 

Auch das kulturelle Angebot – etwa die Konzerte mit vielen Zuhörern – oder die Tatsache, dass das Kloster Scheyern im Landkreis liegt sowie die historische Bedeutung der Kulturlandschaft mit Klöstern, Frühgeschichte und historischen Ortskernen, zählt für die Diskussionsteilnehmer zu den positiven Aspekten: „Eigentlich ist unser Landkreis viel zu schön, um nur schnell auf der Autobahn durchzufahren“, hieß es da. Das, was da ist, sollte einfach besser ausgeschildert werden, war ein abschließender Gedanke. 

Nach den Sommerferien wird nun, nach den beiden Bürgerabenden in Manching und Scheyern das „Zukunftsform“ stattfinden, bei denen sich die Region mit zukünftigen Herausforderungen auseinandersetzen und Chancen und Risiken diskutieren will. Termin ist der 15. September um 18.30 Uhr im Hopfenmuseum in Wolnzach. Um einzelne Themen und mögliche Projekte besprechen zu können, die gleich im nächsten Jahr umgesetzt werden können, soll es noch Workshops geben, etwa zur Mobilität und Barrierefreiheit, Freizeit und Kies-Seen sowie zur Umweltbildung. Die Termine dazu werden noch bekannt gegeben, heißt es aus dem Landratsamt.

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