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Flüchtlingskrise: SPD-Kreischef Markus Käser regt überparteiliche Dialog-Veranstaltungen an – Er will eine breite, differenzierte gesellschaftliche Debatte und auch schonungslos alle politischen Seiten beleuchten

(ty) Bei den Sozialdemokraten wie auch bei den Christsozialen im Landkreis Pfaffenhofen setzt sich offensichtlich die Ansicht durch, dass man zur Bewältigung der Flüchtlingskrise über die Parteigrenzen hinweg zusammenstehen muss. Die CSU hat bekanntlich bereits entsprechende Signale ausgesendet, auch die SPD regte eine breite gesellschaftliche Debatte an. Jetzt unternimmt Markus Käser, der Vorsitzende der Kreis-SPD, einen konkreten Vorstoß. „Ich schlage vor, Dialog-Veranstaltungen durchzuführen, die von allen Parteien im Landkreis gemeinsam organisiert werden beziehungsweise an welchen sich alle Parteien und Hilfsorganisationen, die im Landkreis vertreten sind, beteiligen“, schreibt Käser in einem „Memo zur Flüchtlingskrise“ auf Facebook.

„Wir müssen miteinander klären, was uns unsere Menschlichkeit und unser solidarisches Weltbild wert sind, wenn diese auch etwas kosten“, so Käser. Zugleich bietet er sich als Organisator der angeregten Dialog-Veranstaltungen an. „Von regionalen Politikern erwarte ich Haltung, Lösungskompetenz und die Fähigkeit, mit jedem Bürger Diskussionen zu führen“, so der SPD-Kreischef. Politik müsse moderieren. „Wir brauchen eine ehrliche und differenzierte gesellschaftliche Debatte, die auf Fakten basiert und nicht auf jede regionale Sensations- und Angst-Headline reagiert.“ 

60 Millionen auf der Flucht

Wie lässt sich die Zahl der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge reduzieren? Diese Frage treibt auch Käser um. Doch die meisten Vorschläge „bestehen den Umsetzungscheck nicht“, schreibt er, „denn es gibt schlicht keine einfache Patentlösung in der aktuellen Gemengelage“. Einfache Antworten sehe er nicht. Mit 60 Millionen seien derzeit mehr Menschen auf der Flucht als zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Überhaupt noch nie in der Menschheitsgeschichte seien so viele Menschen auf der Flucht gewesen. 80 Prozent der Schutzsuchenden hielten sich derzeit noch an der Grenze zu ihrem Heimatland auf, so Käser. Und keine der Krisenzonen sei bislang entschärft worden.

Für Käser bedeutet das auch: „Wir müssen uns darüber klar werden, dass wir uns mitten in einer globalen Krise befinden, und dass die Flüchtlingsbewegungen so lange nicht enden, solange die Ursachen dafür existieren und auch die Umstände in den Flüchtlingslagern in der Nähe der Krisengebiete nicht deutlich verbessert werden.“ Dort fehlen, so Käser unter Berufung auf das Flüchtlingshilfswerk UNHCR, viele Milliarden Euro in der humanitären Hilfe, weil nicht alle Staaten ihren Verpflichtungen nachkommen. Flüchtlinge in den Lagern bekämen dadurch weniger zu essen und die medizinische Versorgung kollabiere. Das sei für viele ein Grund mehr, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen. 

Neue Dimension internationaler Zusammenarbeit

Käser zitiert ferner den CSU-Entwicklungsminister und sieht eine vollkommen neue Dimension der internationalen Zusammenarbeit geboten. Europa müsse seine Verantwortung in der Welt in einer anderen Dimension wahrnehmen. Demzufolge wäre beispielsweise für Syrien ein europäischer Wiederaufbaufonds von zehn Milliarden Euro für die Zeit nach dem Krieg nötig. In ihn einzahlen sollten vor allem Staaten, die keine Flüchtlinge aufnehmen. 

Neben der Frage nach internationalen Maßnahmen und Lösungen geht es freilich auch darum, was die Politik vor Ort – also im Landkreis Pfaffenhofen – tun kann. „Für uns hier in der Region heißt das, den Bürgern zunächst reinen Wein einzuschenken“, sagt Käser. Das Rad werde sich nicht einfach so wieder zurückdrehen lassen. „Unser Alltag wird nicht mehr, wie er vorher war.“ Die Prioritäten werden sich seiner Meinung nach verändern. „Wir haben lange Zeit von Globalisierungseffekten profitiert. Jetzt erleben wir auch die Schattenseite.“ 

"Aktiv mit dem Wandel umgehen"

„Obwohl wir die Krisen dieser Welt täglich im TV sehen konnten, war scheinbar auch niemand wirklich darauf vorbereitet, dass diese mit voller Wucht auch irgendwann zu uns kommen könnten“, schreibt Käser in seinem Memo. Wer jetzt so tue und Maßstäbe ansetze, als wäre das alles nur eine vorübergehende Erscheinung, handle kurzsichtig. „Vielmehr sollten wir mit diesem Wandel aktiv umgehen. Dem Wandel selbst eine Richtung geben. Das ist unsere Aufgabe und auch eine Chance“, so der SPD-Kreischef. 

„Seit der Flüchtlingskrise reden wir wieder mehr über das, worauf es im Leben wirklich wichtig ankommt“, findet Käser. „Wir diskutieren beispielsweise mehr über Werte, über globale Zusammenhänge, über Nachhaltigkeit und über soziale Standards, nicht nur über Parkplätze, Kanalgebühren oder Nachbarschafts-Streitigkeiten.“ Er appelliere an alle Zweifler, aktiv an einem besseren Zusammenleben mitzuwirken, so Käser. „Ohne Vorurteile. Ohne Verschwörungstheorien. Ohne Ideologie. Dafür mit offenen Augen und offenem Geist.“ 

Deutschland alleine könne wahrscheinlich nicht jedes Jahr eine Million Flüchtlinge aufnehmen, sagt auch der SPD-Kreischef. „Wir brauchen eine europäische, nein, eine internationale Lösung. Die Alternative wäre die Abschottung und die Renationalisierung Europas. Zu Ende gedacht möglicherweise mit Waffengewalt. Und die Ägäis als Massengrab vor unserer Haustür. Ich glaube nicht, dass wir das wirklich wollen.“

Kommunalpolitik als Spielball

Käser sieht vor dem Hintergrund der globalen Entwicklungen den Landrat, die Bürgermeiste,  Kreis- und Stadträte sowie die Parteien im Landkreis als Spielball. „Das heißt aber nicht, dass wir nicht auch selbst mitgestalten können und uns nur als Getriebene betrachten müssen“, betont er. „Ich sehe neben unserer Aufgabe in der humanen Organisation der Unterbringung und Versorgung, vor allem den Dialog mit der eigenen Bevölkerung, um gemeinsam den kulturellen Herausforderungen zu begegnen. Was das betrifft, stehen wir gerade erst am Anfang.“ 

Von regionalen Politikern erwartet Käser „Haltung, Lösungskompetenz und die Fähigkeit, mit jedem Bürger Diskussionen zu führen“. Politik müsse moderieren. „Wir brauchen eine ehrliche und differenzierte gesellschaftliche Debatte, die auf Fakten basiert und nicht auf jede regionale Sensations- und Angst-Headline reagiert. Eine breite gesellschaftliche Diskussion, an der sich alle beteiligen. Organisationen, Gremien und Bürger.“ Dazu sollte im Landkreis gemeinsam der Rahmen geschaffen werden. „Politisch, aber überparteilich“, wie der SPD-Kreischef betont. 

"Schonungslos auch politisch alle Seiten beleuchten"

Organisatorisch sei seitens der Gemeinden bereits umfassender Dialog angeboten worden, erinnert Käser. „Wir brauchen aber auch ein politisches Ventil, einen Rahmen, bei dem wir schonungslos auch politisch alle Seiten beleuchten können“, sagt er und schlägt deshalb vor, Dialogveranstaltungen anzubieten, die von allen Parteien im Landkreis gemeinsam organisiert werden beziehungsweise an denen sich alle Parteien und Hilfsorganisationen beteiligen, die im Landkreis vertreten sind. 

„Wir müssen miteinander klären, was uns unsere Menschlichkeit und unser solidarisches Weltbild wert sind, wenn diese auch etwas kosten“, schreibt Käser und wiederholt damit noch einmal seine Forderung, die er bereits beim Dreikönigstreffen der Kreis-SPD in Wolnzach formuliert hatte. Käser selbst will, was die von ihm angeregten Dialog-Veranstaltungen angeht, anpacken. „Ich stehe zur Organisation jederzeit zur Verfügung und hoffe, dass wir dazu die Zeit und die Kraft finden.“

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