Pfaffenhofener Bauausschuss stimmte gestern knapp dafür, dass ein Teil des Spielplatzes zum Baugrund wird – Doch es geht in die Verlängerung: CSU beantragt, dass das umstrittene Thema im Stadtrat erneut behandelt wird
Von Tobias Zell
Der Förnbacher Spielplatz, der teilweise zum Baugrund werden soll, sorgt weiter für Diskussionsstoff. Zwar fiel gestern im Pfaffenhofener Bauausschuss eine entsprechende Entscheidung. Doch zugleich kündigte die CSU-Fraktion einen Antrag an, durch den wieder alles offen scheint. Es bleibt jedenfalls spannend in der Frage: Setzen sich die durch, die zweifelsohne formal Recht haben? Oder obsiegen am Ende jene, die auf die Vorgeschichte verweisen, es eher mit der Moral als mit dem Geld halten und die zudem gut 250 Bürger-Einwendungen nicht einfach übergehen wollen?
Die Geschichte ist bekannt: Im Pfaffenhofener Ortsteil Förnbach sollte der Bebauungsplan Nummer 89 „Förnbach-Auf der Höhe“ geändert werden. Was so langweilig und bürokratisch klingt, birgt mächtigen Zündstoff. Denn es geht darum, dass auf einem Teil des rund 2500 Quadratmeter großen Areals, das seit Jahrzehnten als Spiel- und Grünfläche dient, zwei Wohnhäuser errichtet werden können. Das brachte die Förnbacher in Rage, sie wehrten sich in großer Zahl gegen das Vorhaben und haben – wie berichtet – mobil gemacht. Bei der Stadtverwaltung nahm man das zur Kenntnis, wollte aber an den Plänen festhalten – und so sah das gestern auch die Mehrheit des Bauausschusses.
Blick in die Geschäftsordnung macht's möglich
Damit wäre die Sache im Grunde erledigt und die etwa 1100 Quadratmeter, um die es geht, können Baugrund werden. Aber nicht mit der CSU. Denn die hat in Person von Altbürgermeister Hans Prechter einen tiefen Blick in die Geschäftsordnung geworfen – und einen Passus gefunden, auf dessen Grundlage das Thema eben noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden kann. Denn laut diesem Paragrafen stehen Entscheidungen beschließender Ausschüsse „unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch den Stadtrat“. Eine solche Nachprüfung, so heißt es weiter, muss erfolgen, wenn zum Beispiel ein Viertel der Stadtratsmitglieder diese beantragt.
Und weil die CSU sogar mehr als ein Viertel der Stadtrats-Mitglieder stellt, kommen die Christsozialen mit ihrem Ansinnen durch – vorausgesetzt, sie stellen ihren Antrag rechtzeitig und machen keinen formalen Fehler. Es ist jedenfalls davon auszugehen, dass es vermutlich schon in der nächsten Sitzung des Stadtrats um die Frage geht: Spielplatz oder Baugrund? Das Thema wird damit im Grunde neu aufgerollt – nur dann eben nicht im Bauausschuss, sondern im Stadtrat. Der Hintergrund ist klar: Die CSU hofft darauf, dass das Gesamt-Gremium die Entscheidung des Ausschusses revidiert. Und darauf hoffen freilich auch die Förnbacher.
Abgewogen und für gut befunden
Denn die verstehen die Welt nicht mehr. „Bei Erstellung des Spiel- und Erholungsplatzes wurde die Größe behördlicherseits und durch ein Gericht für notwendig erachtet und durchgesetzt“, heißt es in einem der Einwände – „jetzt, fast 40 Jahre später, bei stark vergrößerter Bevölkerung, sagen dieselben Behörden, der Platz kann auch erheblich verkleinert werden.“ Pikant ist nämlich an dem Fall: Seinerzeit wurden die Anlieger just für die Errichtung der Spiel- und Grünfläche mächtig zur Kasse gebeten – dieses Geld sehen sie nicht wieder; denn eine Rückerstattung ist laut Stadtverwaltung nach so langer Zeit nicht mehr möglich. Und nun soll fast die Hälfte dieser Fläche, für die sie einst so viel geblecht haben, zum Baugrund werden. Mit den Einnahmen will die Stadt übrigens die Aufwertung der verbliebenen Spielfläche bezahlen.
Nicht mit uns, finden die Förnbacher. Im Rahmen der Bürgerbeteiligung waren im Rathaus gut 250 Einwendungen gegen die Änderung des Bebauungsplans eingegangen. Im Rathaus kam man bei deren Abwägung allerdings stets zum selben Ergebnis: „Eine Änderung der Planung ist nicht veranlasst“, hieß es schon in der Vorlage zur gestrigen Sitzung. Dem zentralen Argument der Baugrund-Gegner, wonach sich die geplante Bebauung nicht in die Umgebung einfügt, hielt man entgegen: Doch, tut sie schon! Und die verbleibende Größe von 1400 Quadratmetern für den Spielplatz hält man auch für ausreichend.
Grüner Sinneswandel
So sollte es schließlich auch die Mehrheit des Bauausschusses sehen. Nach intensiver Debatte votierten Hans Prechter, Franz Schmuttermayr, Florian Schranz und Michael Kaindl (alle CSU) sowie Adi Lohwasser (SPD) und Richard Fischer (ÖDP) gegen die Änderung des Bebauungsplans – sie waren damit aber denkbar knapp in der Unterzahl. Zwar hatte der in Förnbach lebende Lohwasser – im Vergleich zum Aufstellungsbeschluss vom September – die Seiten gewechselt und war nun gegen den Baugrund.
Im Gegenzug hatte es sich aber der Dritte Bürgermeister Roland Dörfler (Grüne) anders überlegt und hob nun für die Änderung des Bebauungsplans die Hand. Mit dem „Kompromiss“, dass von der 2500 Quadratmeter großen Grünfläche rund 1400 Quadratmeter erhalten bleiben, könne er leben, sagte Dörfler auf Anfrage unserer Zeitung. Dörfler war es praktisch, der der bunten Rathaus-Koalition von SPD, FW, Grünen und ÖDP durch seinen Sinneswandel die 7:6-Mehrheit sicherte.
"Der einfachste Weg ist nicht immer der richtige"
Vorausgegangen war der Abstimmung eine kontroverse Debatte. Eröffnet hatte sie Andreas Kufer (FW), der Spielplatz-Referent des Stadtrats. Er sprach von einem „schwierigen“ Thema, bemühte sich aber nach eigenen Worten um neutrale Betrachtung. Einigen Bürgern, die Einwendungen eingereicht hatten, hielt er vor, sie hätten gar nicht gewusst, um welche Fläche es überhaupt geht. Außerdem werde die Spiel- und Grünfläche gar nicht so stark genutzt, wie Kufer „vom Hörensagen“ wusste.
Kufer zeigte einerseits Verständnis für den Unmut der Anwohner, die damals bei der Errichtung der Grünfläche zur Kasse gebeten worden waren. Andererseits verwies er auf vergleichbare Fälle und wollte letztlich das Argument mit dem Geld nicht gelten lassen. Außerdem habe man sich eh schon auf eine „abgespeckte Version“ geeinigt – zunächst sollte die Hälfte des Areals zum Baugrund werden. Jetzt aber blieben 1400 Quadratmeter als Spiel- und Erholungsfläche übrig – das entspricht laut Kufer der doppelten Größe, den die Pfaffenhofen Spielplätze im Durchschnitt aufweisen.
Kufers Ausführungen mündeten in die Sorge, dass die Stadt in diesem umstrittenen Fall zum „moralischen Verlierer“ werden könnte. Er schlug deshalb einen weiteren Kompromiss vor. Man möge die Änderung des Bebauungsplans zwar beschließen – und damit einer Bebauung den Weg bereiten. Die Stadt solle aber die Grundstücke vorerst nicht verkaufen – und damit wiederum eine Bebauung vorerst verhindern. „Der einfachste Weg ist nicht immer der richtige“, lautete jedenfalls Kufers Fazit – er habe intensiv abgewogen.
Wurzel des Unmuts ist Jahrzehnte alt
Auch die Stadtverwaltung betrachte den Fall rein sachlich, betonte Bürgermeister Thomas Herker (SPD): Die verbliebenen 1400 Quadratmeter wären nicht nur angemessen, sondern immer noch der größte Spielplatz im Stadtgebiet. Herker weiß aber natürlich auch um die historischen Hintergründe, die die ganze Angelegenheit für die Förnbacher so emotional machen.
Denn schon einmal war die Fläche Streitobjekt. Vor knapp 35 Jahren beschäftigte sich das Verwaltungsgericht mit dem gut 2500 Quadratmeter umfassenden Areal. Es war seinerzeit mit Klagen gegen Erschließungsbeitragsbescheide für die Grunderwerbskosten befasst – und hat sich in diesem Zusammenhang mit dem Einwand der Kläger beschäftigt, der Spielplatz sei nicht erforderlich beziehungsweise eine Größe von etwa 1200 Quadratmetern wäre völlig ausreichend. Dazu stellte das Gericht damals fest, der Spielplatz sei keine überdimensionierte Einrichtung und die Größe der Anlage bewege sich in einer Dimension, die nicht zu beanstanden sei.
Das Landratsamt bekam damit im Grunde Recht: Es hatte nämlich im Zuge des der Klage vorausgehenden Widerspruchsverfahrens die städtischen Beitragsbescheide für rechtmäßig erachtet. Und das Gericht hat die Klagen der Anlieger gegen die städtischen Beitragsbescheide abgewiesen. Die Anwohner wollten die Spiel- und Erholungsfläche seinerzeit auf gut 1000 Quadratmeter begrenzen. Denn sie mussten sich ja massiv an den Erschließungskosten beteiligen: Insgesamt haben die Anlieger damals rund 150 000 DM bezahlt.
Prechter: "Für wen machen wir Politik?"
Vor diesem Hintergrund ist ein Großteil der aktuellen Aufregung zu sehen, das weiß nicht zuletzt Altbürgermeister Hans Prechter (CSU). Er signalisierte, dass man den Fall nicht nur rein baurechtlich betrachten dürfe. „Wir bringen eine ganze Ortschaft durcheinander“ und „Wir sind die Zustands-Störer“, kritisierte er und fragte: „Für wen machen wir Politik?“ An der Antwort ließ er keinen Zweifel: Für die Bürger. Seine Forderung lautete deshalb: Die Planung stoppen. Die Stadt sei auch finanziell nicht so in Nöten, dass man den Erlös aus dem Grundstücks-Verkauf unbedingt brauche.
Auch Michael Kaindl (CSU) appellierte an seine Kollegen: Die Angelegenheit „ist es nicht wert“, den Frieden in Förnbach zu gefährden. Es sei schade, dass hier eine Grünfläche geopfert werden solle, die für viele den Mittelpunkt des Orts bilde – wenn zugleich in Pfaffenhofen eine Gartenschau vorbereitet wird. Außerdem wolle man doch die Ortsteile und das dörfliche Zusammenleben stärken.
In diese Kerbe schlug auch Richard Fischer (ÖDP). Er bezeichnet es als „absurd“, wenn man im Rahmen der Gartenschau in Pfaffenhofen Begegnungsflächen schafft und in Förnbach eine Grünfläche aufgibt. Man solle doch froh sein über lebendige Ortsteile.
Lohwasser wechselt die Seiten
Adi Lohwasser (SPD) verwies – bevor er dann, anders als noch im September, gegen den Baugrund stimmte – auf eine Notar-Urkunde, wonach einst die Grundstücks-Abtretung ausdrücklich zur Bildung eines Spielplatzes erfolgte. Bürgermeister Herker hielt dagegen: Das schließe aber nicht aus, dass nach all den Jahren eine andere Nutzung der Fläche möglich sei. Seiner Meinung nach rührt die aktuelle Emotionalität aus der Vorgeschichte. Er warb dafür, die Änderung des Bebauungsplans jetzt zu beschließen und schlug zugleich vor, die Grundstücke aber erst einmal nicht zu verkaufen. Den näheren Sinn dieser „Strategie“ erläuterte Herker allerdings nicht.
Das Ergebnis ist bekannt: Die knappe Mehrheit des Ausschusses votierte für den Satzungsbeschluss, der damit erst einmal wirksam ist. Unmittelbar danach kündigte Prechter jedoch an, die CSU werde beantragen, dass das Thema im Stadtrat noch einmal behandelt wird. Damit bleibt alles offen. Und Förnbach darf weiter hoffen.
Heute Abend, 18. März, wird das Thema übrigens schon wieder diskutiert. Denn ab 19 Uhr lädt der CSU-Ortsverband ins Förnbacher Gasthaus Galster ein, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. Dabei wird es um den Spielplatz gehen sowie um den geplanten Windpark im Förnbacher Forst, wo bekanntlich bis zu sieben Windkraft-Anlagen entstehen könnten.
Bisherige Beiträge zum Thema:
Förnbach: Gegen alle Widerstände?
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