Christian A. wurde heute als Mörder von Anastasia zu lebenslanger Haft verurteilt – Das Ende einer tödlichen Tragödie auf unterstem sozialen Niveau
Von Michael Schmatloch
Die Mutter der getöteten Anastasia kämpfte mit den Tränen, als sie heute bei der Urteilsverkündung am Landgericht Ingolstadt vom Vorsitzenden Richter Jochen Bösl in allen brutalen Details noch einmal hörte, wie ihre Tochter im November 2015 am Donauufer in Ingolstadt ums Leben gekommen war. Der Angeklagte Christian A. hatte das Urteil – „lebenslänglich“ – in dem bis auf den letzten Platz gefüllten Zuschauerraum des Gerichtssaales äußerlich regungslos hingenommen und tuschelte nur ab und an während der Begründung mit seinem Verteidiger. Mit einem Freispruch aus Mangel an Beweisen, wie ihn sein Verteidiger gefordert hatte, hat der gelernte Koch aus Großmehring wohl kaum ernsthaft gerechnet.
Der brutale Mord an der schwangeren Anastasia war das tragische Ende einer sexuellen Beziehung zu einem Mann, der offenbar als einziger ihrer unzähligen Sexualpartner zu jener Zeit für sie in Frage kam, um mit ihr eine Familie zu gründen. Es war eine Tragödie auf unterstem sozialen Niveau. Sie stammte aus dem Obdachlosenmilieu und hatte offenbar so viele sexuelle Beziehungen vorwiegend im Drogenmilieu gleichzeitig, dass Richter Bösl das erst gar nicht moralisch werten wollte.
Was er indes ausführlich zu werten hatte, das waren die Indizien, die belegen, dass Christian A. ohne jeden vernünftigen Zweifel der Mörder der Schwangeren ist, obgleich er nicht der Vater des ungeborenen Kindes war. Aber das wusste er zum Tatzeitpunkt noch nicht. Er hielt es nach Aussagen des Gerichtes trotz mancher Zweifel und seiner mehrfach bekundeten Absicht, einen Vaterschaftstest machen zu wollen, sogar für wahrscheinlich.
An die Gründung einer Familie mit Anastasia und der ungeborenen Tochter, die – darauf hatte man sich bereits geeinigt – Zoe heißen sollte, hatte Christian A. indes nie gedacht. Und genau hier sieht das Gericht auch das Motiv für die Tat. Er fühlte sich von der schwangeren Frau unter Druck gesetzt und wollte sie nach Überzeugung des Gerichtes zusammen mit dem Kind loswerden.
Also traf er sich an jenem Samstag im November 2015 nicht in ihrem Zimmer mit ihr, sondern trotz unwirtlicher Temperaturen an der Donau. Dort habe er sie – so der Richter – erst mit einem stumpfen Gegenstand bewusstlos geschlagen, um sie dann ins Wasser der Donau zu zerren. Dort habe er ihr dann noch mehrere Stiche und Schläge in und auf den Schädel beigebracht, habe den Kopf regelrecht zertrümmert. Ertrunken sei sie schließlich in bewusstlosem Zustand.
Soweit der Tathergang, von dem das Gericht überzeugt ist. Beweise indes gibt es dafür nicht. Nur Indizien, starke Indizien. Und das war wohl auch der Grund, warum Richter Bösl sein Urteil heute stundenlang in allen erdenklichen Details begründete. Ernsthafte Zweifel an der Täterschaft sind für ihn nicht gegeben. Und auch wenn die einzelnen Indizien vielleicht Zweifel zuließen, so seien sie in der Zusammenschau doch so aussagekräftig und eindeutig, dass Christian A. als Mörder aus Heimtücke zu verurteilen war.
Es ist in der Tat ein Puzzle aus vielen kleinen Details und Zeugenaussagen, die das Gericht davon überzeugt haben, mit Christian A. den Richtigen verurteilt zu haben. Stärkstes Indiz ist der Kapuzenpulli des Angeklagten, den die Polizei in dem Wäschekorb seines Zimmers gefunden hatte und an dem jede Menge verdünnter Blutspuren von Anastasia zu finden waren. Auch ein Grashalm, der sich noch an dem Pulli befand, war voll von ihrem Blut.
Die Auswertung der Handydaten des Angeklagten belegen zudem eindeutig, dass er sein Telefon exakt zum Zeitpunkt des Mordes ausgeschaltet hatte, sich anschließend aber im Tatortbereich wieder eingeloggt hatte. Er war also definitiv zur Mordzeit am Tatort, was auch der WhatsApp-Chat mit dem späteren Opfer belegt.
Zwar hatte er sie in diesen Chats immer wieder belogen und hingehalten, nach vielen Wochen aber endlich einem Treffen an jenem Samstag zugestimmt. Von Gefühlen zu Anastasia war bei Christian A. nichts zu spüren. Es war eine rein sexuelle Beziehung, wie die Tote sie zu vielen Männern gleichzeitig unterhielt. Er war also einer von vielen, die mit ihr das Bett teilten, einer von vielen, der als Vater des Kindes in Betracht kam. Aber aus ihrer Sicht wohl jener, der vielleicht das Zeug gehabt hätte, sie aus ihrem trostlosen Leben als Obdachlose herauszuholen.
Die Mutter der ermordeten Anasasia war Nebenklägerin in dem Verfahren.
Christian A. hatte ihr ja auch eine Wohnung in Oberstimm vorgegaukelt, in die sie mit dem Kind und eventuell mit ihm ziehen sollte. „Auch wenn er nicht der Vater war, fühlte er sich von Anastasia massiv unter Druck gesetzt“, befand Richter Bösl heute. Zumal ihre Zweifel an seinen Ausreden, die er ihr per WhatsApp serviert hatte, um sie nicht treffen zu müssen, immer deutlicher wurden.
In jedem Detail begründete Jochen Bösl heute das Urteil. Wohl auch in dem Wissen, dass – wie gesagt – echte Beweise gegen Christian A. fehlen. Aber echte Zweifel ebenso nach 23 Verhandlungstagen und unzähligen Zeugenaussagen, Gutachten und Sachverständigenvorträgen.
Rechtskräftig ist das Urteil jedoch noch nicht. Ob die Verteidigung von Christian A. in Revision geht angesichts der Tatsache, dass dieses Urteil rein auf Indizien beruht, bleibt abzuwarten.
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