Während Lkw-Fahrer Jürgen Heim für seine Heldentat gefeiert wird, lässt sich wohl nicht mehr klären, wieso der Tankzug überhaupt gebrannt hat.
Von Tobias Zell
Am Tag nach den dramatischen Geschehnissen in und bei Schrobenhausen ist noch nicht genau klar, warum der mit 35 000 Litern Treibstoff beladene Tankzug eigentlich Feuer gefangen hatte. Der Fall sorgt indes für bundesweite Schlagzeilen. Jürgen Heim (49) wird als Held gefeiert und erhält viel Anerkennung für sein couragiertes Handeln: Er steuerte sein bereits brennendes Gespann aus der Stadt und in unbewohntes Gebiet, um Schlimmeres zu verhindern. Wohl nicht zuletzt deshalb sowie wegen des beherzten Einsatzes der Feuerwehrleute gab es keine Verletzten.
Medien aus ganz Deutschland berichten inzwischen von dem Aufsehen erregenden Unglück, das dank dem mutigen Brummi-Fahrer aus Memmingen ein vergleichsweise glimpfliches Ende genommen hat. Gestern Nachmittag war der mit 25 000 Litern Diesel und 10 000 Litern Benzin beladene Tankzug im Stadtgebiet von Schrobenhausen in Brand geraten. Der 49-Jährige hatte das Feuer bemerkt und angehalten, um einen Löschversuch zu unternehmen. Da dieses Unterfangen dem erfahrenen Trucker jedoch aussichtslos erschien, setzte er sich heldenhaft wieder ans Steuer, verständigte über Notruf die Polizei und lenkte das brennende Gespann unter Anleitung des Beamten in der Einsatzzentrale vor die Tore der Stadt.
In einer Senke, auf der Staatsstraße 2050 kurz nach Schrobenhausen in Fahrtrichtung Aresing, brachte Heim die tickende Zeitbombe zum Stehen. Dort gelang es dann in einer mehrstündigen Aktion den mehr als 100 alarmierten Helfern der umliegenden Feuerwehren, den Tankzug zu kühlen und zu löschen sowie vor allem eine zwischenzeitlich befürchtete Explosion zu verhindern. Gegen 17.25 Uhr war den Flammen der Garaus gemacht. Es konnte somit auch Entwarnung für die Anlieger gegeben werden, die per Gefahrenmeldung dazu aufgefordert worden waren, in ihren Häusern zu bleiben sowie Fenster und Türen geschlossen zu halten.
Wie beziehungsweise warum es zu dem Feuer an dem Tankzug gekommen war, das wird vielleicht gar nicht mehr genau aufzuklären sein. Man gehe nach derzeitigem Stand davon aus, dass die Flammen „wohl im Bereich eines linken Hinterreifens“ ihren Ursprung hatten, sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord heute im Gespräch mit unserer Zeitung. Es wird außerdem vermutet, dass eventuell ein geplatzter Reifen oder ein anderer technischer Defekt den Brand ausgelöst haben. Ob der geborstene Reifen tatsächlich die eigentliche Ursache für das Feuer oder möglicherweise bereits die erste Folge der Flammen war, das könne man anhand der bislang gewonnenen Erkenntnisse nicht sagen.
Möglicherweise bleibt die Frage nach der detaillierten Ursache für die ganze Aufregung letztlich unbeantwortet. Bislang habe die Staatsanwaltschaft jedenfalls kein entsprechendes Gutachten angefordert, hieß es heute Nachmittag aus dem Polizeipräsidium. Das dürfte auch daran liegen, dass nach bisherigem Stand der Dinge kein strafrechtlich relevantes Handeln vorliegt. Das also wohl auch gegen niemanden ermittelt werden muss.
In Vohburg hatte Jürgen Heim seinen Tankzug beladen. 25 000 Liter Diesel und 10 000 Liter Benzin zog er hinter sich her. Die Tour sollte ihn eigentlich über Augsburg und Landsberg am Lech nach Memmingen führen. Doch auf der B 300 in Schrobenhausen nahm das Unheil seinen Lauf. „Es hat einen Riesenschlag gemacht und geraucht“, berichtete der 49-Jährige gestern am Einsatzort im Gespräch mit unserer Zeitung. Daraufhin habe er angehalten und nachgeschaut. Er ging davon aus, dass sich das Feuer nach einem Reifenplatzer entwickelt hatte. „Das war ein technischer Defekt“, lautete seine Vermutung. Als er seinen Lkw jedenfalls nach dem Knall gestoppt und die Lage inspiziert hatte, lautete seine beklemmende Diagnose: „Das ist nicht zu löschen.“ Er setzte sich also wieder in sein Führerhaus, wählte um 13.47 Uhr den Notruf, schilderte das Dilemma und ließ sich von dem Beamten am anderen Ende der Leitung aus dem Stadtgebiet von Schrobenhausen dirigieren.
Durch sein besonnenes und zugleich mutiges Verhalten habe Lkw-Lenker Jürgen Heim „die Stadt sicher vor großer Gefahr bewahrt“, attestierte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord bereits gestern. In den sozialen Netzwerken wird der 49-jährige Brummi-Fahrer seit Bekanntwerden dieser Tat als Held gefeiert und für seinen Mut gelobt. Am Steuer eines brennenden Tanklastzugs – was für eine Horror-Vorstellung! Was ist ihm in diesen Augenblicken durch den Kopf gegangen? „Ich habe überhaupt nichts gedacht“, sagte er gestern im Interview. „Ich hab’ geschaut, dass ich ihn aus der Ortschaft rauskrieg.“
Die Straße zeugte von der Höllenfahrt: schwarze Flecken und Spuren auf der Fahrbahn, geschmolzenes Material, Metall-Trümmer lagen herum. Und kleine Häufchen, die aussahen, als hätte jemand Grillkohle zertreten. Das Nummernschild fand ein Polizist am Straßenrand. Nicht nur Heim selbst, der sich nach dem Abstellen seines brennenden Sattelzugs in einem Waldstück in Sicherheit brachte, blieb unversehrt. Auch sonst wurde niemand verletzt, bestätigte heute die Polizei. Man mag sich gar nicht ausmalen, um wie viel schlimmer das alles hätte ausgehen können.
Die Höhe des Sachschadens konnte bislang nur grob beziffert werden. Der in Flammen geratene Auflieger dürfte schrottreif sein, der Schaden wird hier von der Polizei in einer Größenordnung um 100 000 Euro angesiedelt. Außerdem hatte das Feuer auf ein angrenzendes Getreidefeld übergegriffen. Unklar ist noch, ob beziehungsweise wie sehr das Erdreich durch ausgelaufene Flüssigkeiten und durch Löschschaum belastet worden ist. Nach ersten Erkenntnissen sei es augenscheinlich „nicht so dramatisch“, sagte ein Polizei-Sprecher heute Nachmittag. Ein Geologe sei bereits vor Ort gewesen, um Bodenproben zu entnehmen. Die Ergebnisse der Analysen werden nun weisen, ob weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Nach dem der brennende Tankzug gelöscht und abgekühlt worden war, wurde gestern Abend damit begonnen, die zigtausend Liter Sprit, die er geladen hatte, in ein Spezialfahrzeug umzupumpen. Danach konnte das Wrack abgeschleppt werden. Diese Arbeiten zogen sich bis weit nach Mitternacht. Die Staatsstraße 2050, die gestern zwischen Schrobenhausen und Aresing komplett gesperrt werden musste, ist seit dem heutigen späten Vormittag wieder befahrbar.
Der Held: Tankzug-Fahrer Jürgen Heim (49), hier im Interview mit Sat.1.
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