Bundestags-Kandidaten im Interview: Reinhold Reck (ÖDP) aus Freising. Das Gespräch zum Nachlesen und Anhören.
(zel) Die Ökologie sieht er als große globale Frage. Er will Bürgerentscheide auf Bundesebene. Das deutsche Renten-System basiere auf einer „strukturellen Ausbeutung der Eltern“ und habe in seiner bisherigen Konstruktion keine Zukunft. In der Außenpolitik fordert er einen grundlegenden Wechsel. Und etwa für Bundestags-Wahlen redet er der Einführung einer „Ersatz-Stimme“ das Wort – für den Fall, dass die angekreuzte Partei an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert. Reinhold Reck aus Freising ist der hiesige Direkt-Kandidat der ÖDP bei der Bundestags-Wahl an diesem Sonntag.
Reck, Jahrgang 1958, ist geboren im fränkischen Landkreis Forchheim und entstammt einer kleinen Landwirtschaft. Nachdem er unter anderem in Bayreuth und Nürnberg als Pastoralreferent tätig war, zog der promovierte Theologe 1996 nach Freising. Er ist Vater von drei erwachsenen Kindern, arbeitet als selbstständiger Organisationsberater und ist seit rund zwei Jahren als Asyl-Sozialberater für den Kreis Freising tätig. In der ÖDP ist Reck seit 2008 – seit 2012 ist er Mitglied der Bundesprogramm-Kommission, die er seit 2014 auch leitet.
Er sehe keine stichhaltigen Argumente, die gegen Bürgerentscheide auf Bundesebene – also Volksentscheide – stehen, sagt Reck im Interview mit pfaffenhofen-today und Radio Ilmwelle. „Mehr Demokratie wagen“, zitiert er den einstigen Bundeskanzler Willy Brandt (SPD). Solche Volksentscheide könne sich Reck zum Beispiel in Zusammenhang mit der Rolle der Bundeswehr vorstellen, konkret bei der Frage nach Auslands-Einsätzen. In Italien und Österreich hätten sich die Bürger einst bei solchen Abstimmungen gegen Atom-Energie ausgesprochen. Reck steht für direkt-demokratische Instrumente als Ergänzung zur parlamentarischen Arbeit
Hier hören Sie das Interview mit Reinhold Reck.
Außerdem fordert er, dass die Wähler, zum Beispiel bei der Bundestags-Wahl, eine zusätzliche „Ersatz-Stimme“ vergeben können. Der Hintergrund ist einfach: Wenn die eigentlich von einem Bürger gewählte Partei an der Fünf-Prozent-Klausel scheitert, dann würde eben diese Ersatz-Stimme gewertet. Das wäre ein „Gewinn für die Demokratie“, betont Reck – und er untermauert das mit Zahlen. Bei der letzten Bundestags-Wahl seien durch die Sperr-Klausel 16 Prozent der Stimmen sozusagen unter den Tisch gefallen, bei der jüngsten Landtags-Wahl in Bayern 13 Prozent.
Als das große weltweite Thema der Zukunft sieht Reck die Frage der Ökologie. Der Klimawandel ist im Gange, die Meere werden leergefischt, die Böden erodieren, die Gletscher und Pol-Kappen schmelzen, Tropenstürme werden intensiver. So skizziert er den Hintergrund und schlägt damit Alarm. Er habe nämlich den Eindruck, dass alle Parteien, die momentan im deutschen Bundestag sitzen – einschließlich der Grünen –, die Dramatik dessen, was da auf uns zukomme, noch nicht erkannt hätten. Denn: Man müsse angesichts der Lage viel massiver und radikaler umsteuern, mahnt er – „in unserer ganzen Lebens- und Wirtschaftsweise“.
Das deutsche Renten-System hat seiner Meinung nach in seiner aktuellen Konstruktion keine Zukunft, sagt Reck. „Es basiert auf einer strukturellen Ausbeutung der Eltern“, moniert er und führt das im Interview näher aus. Als weitere Themen, die es anzupacken gilt, nennt er die zunehmende Lohnspreizung, den Umgang mit dem steigenden Migrationsdruck sowie die wachsenden Verkehrs- und Pendlerströme. Außerdem warnt er: Wenn sich strukturell nichts ändere, dann werde es in 20 Jahren keine kleinen Landwirte mehr geben.
Reck wirbt unmissverständlich für eine mittel- und langfristig nachhaltige Außen- und Friedenspolitik. Wie deutsche Konzerne bei Rüstungs-Exporten mitmischen, hält er für „skandalös“. Ein erster Schritt müsste seiner Ansicht nach hier sein: Keine Waffen-Exporte mehr an Länder, die nicht zur EU oder zur Nato gehören. Mehr als die Hälfte der Rüstungs-Exporte gehen seinen Worten zufolge aber gerade an so genannte Drittstaaten.
„Wir brauchen einen grundlegenden Wechsel von einer momentan sehr stark interessengeleiteten hin zu einer wertegeleiteten Außenpolitik“, sagt Reck. „Wir tragen immer groß unsere Werte von Freiheit, Demokratie, Menschenwürde und Menschenrechten vor uns her – und wenn’s drauf ankommt, dann zählen doch die deutschen Interessen.“
Seine Schlagworte zur Energie-Wende lauten Effizienz, Einsparung und dezentrale Erzeugung. Wenn man diese großen Fragen wirklich so beeinflussen wolle, dass es auch Auswirkungen habe, dann müsse man das auf der strukturellen Ebene angehen. Es werde nicht reichen, diese Themen nur auf der moralischen, individual-ethischen Ebene anzugehen. Auf jeden Fall müsse hier der Staat mehr tun, sagt Reck – das wäre seiner Meinung nach sogar der erste und wichtigste Schritt.
Lesen und hören Sie auch:
"In einem reichen Land ist Armut indiskutabel" (Guido Hoyer, Die Linke)
"Wir machen Politik vom Bürger für Bürger" (Robert Weller, Freie Wähler)
"Politik ist immer das Ringen um die beste Lösung für die Menschen" (Erich Irlstorfer, CSU)
"Wir müssen Recht und Gesetz wieder herstellen" (Johannes Huber, AfD)
"Wir sind die einzige Partei, die wirklich in die Zukunft blickt" (Thomas Neudert, FDP)
"Der Verbrennungsmotor ist keine Zukunfts-Technologie mehr" (Kerstin Schnapp, Grüne)
"Nicht nur auf Geld herumsitzen, sondern weiter in die Zukunft schauen" (Andreas Mehltretter, SPD)