Wegen der Platznot seiner Behörde hat Landrat Martin Wolf (CSU) trotz breiter Kritik einen Laden in bester City-Lage zum Büro gemacht: Jetzt stehen dort zwei Schreibtische und man hält hier Besprechungen ab – was angeblich die Raumsituation erheblich entlastet
Von Tobias Zell
Das Thema erhitzte die Gemüter und wurde kontrovers diskutiert. Als im Herbst bekannt wurde, dass Landrat Martin Wolf (CSU) eine frei gewordene, insgesamt rund 50 Quadratmeter große Ladenfläche im Rentamt, im Herzen von Pfaffenhofen, übergangsweise für seine Behörde nutzen will, um dort zwecks Eigenbedarf ein Büro einzurichten, sorgte das für Gesprächsstoff und löste teilweise harsche Kritik aus. Wolf & Co. argumentierten mit der Raumnot, die Gegner prangerten an, dass da eine Ladenfläche in bester City-Lage dem Gewerbe entzogen werde und dass das ein „verheerendes Signal“ sei. Inzwischen hat sich die Lage beruhigt – möglicherweise wird die Debatte aber neu entfesseln, nachdem nun erstens Details bekannt sind und es zudem offenbar wieder mal eine Interessentin gibt.
Jedenfalls ist inzwischen bürokratisches Leben in den einstigen Goldschmiede-Laden eingekehrt. Im Dezember wurden die 50 Quadratmeter vom Personalrat bezogen, wie eine Landratsamt-Sprecherin auf Anfrage unserer Zeitung bestätigt. Es seien dort zwei Arbeitsplätze eingerichtet worden und obendrein sei ein Besprechungsraum entstanden. Insgesamt seien in dem umgenutzten Geschäft drei Mitarbeiter mit insgesamt 53 Wochenarbeitsstunden tätig. Und neben dem Personalrat stehe der Besprechungsraum „allen Organisationseinheiten im Landratsamt“ zur Verfügung.
Wegen zwei Schreibtischen und einer kleinen Besprechungs-Möglichkeit hat die City also einen Laden verloren und ein Behördenbüro gewonnen. Wegen der Raumnot der Kreisbehörde. Klingt komisch, ist aber so. Dabei hätte es, wie berichtet, durchaus Interessenten gegeben, die die Location (27 Quadratmeter Ladenfläche plus 22 Quadratmeter Nebenraum) gerne angemietet hätten. Was die Kritik an der Idee des Landrats bekanntlich zusätzlich befeuerte. Doch Wolf zog es durch – und steht dazu.
Im Landratsamt verteidigt man nach wie vor diese Maßnahme: „Dieses Ausweichquartier entlastet die Raumsituation in der Umbauphase erheblich“, wurde uns aktuell auf Anfrage erklärt. Und Wolf selbst betonte heute: "Auch der Besprechungsraum hilft uns wahnsinnig." Er will die ganze Debatte keinesfalls auf zwei Schreibtische reduziert wissen, sondern unterstreicht die Bedeutung dieses Besprechungszimmers für die gesamte Kreisbehörde.
War allerdings zunächst noch ganz ausdrücklich die Rede davon, dass der Laden nur für die Dauer der Generalsanierung des Landratsamts zweckentfremdet werden soll, klingt das heute schon deutlich vorsichtiger: „Über die endgültige Verwendung wird nach Abschluss der Baumaßnahme entschieden", teilt die Kreisbehörde mit.
Rechts der Eingang zum Übergangsbüro im Rentamt – in bester City-Lage. Interessenten, die dort wieder einen Laden eröffnen wollten, gingen leer aus.
Harsche Kritik an den Umnutzungs-Plänen setzte es unmittelbar nach deren Bekanntwerden bereits im Herbst von SPD-Kreischef Markus Käser; moniert wurde das Vorhaben auch von der städtischen Wirtschafts- und Servicegesellschaft (WSP), vom Verein „Lebendige Innenstadt“ und vom bayerischen Handelsverband. Im Landratsamt hielt man dennoch an den Plänen fest.
Von Seiten des Landratsamts hatte man auf die aktuell „große Unterdeckung“ an Räumen verwiesen und sprach von „massivem Bedarf“, nicht zuletzt wegen der derzeit laufenden Generalsanierung des Landratsamts, aber auch angesichts der zusätzlichen Aufgaben, die die Behörde zu bewältigen habe – zum Beispiel beim Thema Asyl. Deshalb sei man nach Abwägung zu dem Entschluss gekommen, die besagten Geschäftsräume vorübergehend, zwei bis drei Jahre, selbst zu nutzen. „Für uns sind diese Räume wichtig, weil sie direkt am Landratsamt liegen“, hieß es. Und Landrat Wolf selbst bat bekanntlich in einer Mitteilung an die Fraktionschefs des Kreistags um Verständnis dafür, „dass wir für einen überschaubaren und vorübergehenden Zeitraum die freigewordenen Räume im Rentamt im Rahmen des Eigenbedarfs in Anspruch nehmen“.
Es geht um einen 27 Quadratmeter großen Verkaufs- und einen 22 Quadratmeter umfassender Nebenraum. Nachdem bekannt geworden war, dass Landrat Wolf dort übergangsweise ein Büro einrichten will, hagelte es Schelte von mehreren Seiten. Sowohl die städtische Wirtschafts- und Servicegesellschaft (WSP) als auch der Verein „Lebendige Innenstadt“ kritisierten die Pläne; SPD-Kreischef Käser sprach gar von einem „Griff ins Klo“ und forderte, der Landrat möge „zur Besinnung kommen“. Schließlich gesellte sich auch der bayerische Handelsverband (HBE) zu den Kritikern, sprach von einer Zweckentfremdung, die ein „verheerendes Signal“ für den Einzelhandel und die weitere Stadtentwicklung wäre.
Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker (SPD), der sich ansonsten auffallend aus der Debatte heraushielt, äußerte sich in einer Bürgerversammlung zwar beiläufig, aber unmissverständlich zu dem Fall. „Wir haben praktisch keine Leerstände“, sagte er. „Darum tut’s auch weh, wenn Flächen der Handelsnutzung entzogen werden.“ Bekanntlich hatte sich damals auch eine Frau gemeldet, die konkretes Interesse an der Anmietung der 50 Quadratmeter gehabt hätte, nun aber leer ausging. Und der SPD-Orts- und -Kreisvorsitzende Käser berichtete im Folgenden, er wisse sogar von vier potenziellen Mietern.
„Bei uns hatten sich im Vorfeld der Diskussion keine Interessenten für die Ladenfläche gemeldet, somit standen die besagten 27 Quadratmeter Verkaufsfläche bei uns bislang nie im Fokus“, erklärte Johannes Hofner, der Vorstand des Kommunalunternehmens für Strukturentwicklung im Landkreis (KUS), im November. Grundsätzlich seien Entscheidungen über die Verwendung von Grundstücken und Gebäuden ein Grundrecht des Eigentümers. „Es ist daher unser tägliches Geschäft bei Ansiedlungen, dass Entscheidungen des Eigentümers zu akzeptieren sind – unabhängig davon, ob es um 27 oder um 27 000 Quadratmeter geht“, so Hofner. „Dabei kritisieren wir niemanden und es muss sich kein Eigentümer uns gegenüber für die Entscheidungen zu seinem Eigentum rechtfertigen. Das Landratsamt stellt hier für uns keine Ausnahme dar.“ Kritische Töne waren indes von Hofner auch kaum zu erwarten. Ist doch das KUS ein Tochterunternehmen des Landkreises. Und wer würde schon öffentlich seinen Arbeitgeber kritisieren?
Der Vorsitzende des Wirtschaftsbeirats des Landkreises, Bernd Huber, verstand die ganze Aufregung sowieso nicht: „Für mein Rechtsempfinden ist es eine legitime Zuständigkeits-Entscheidung der Leitung des Landratsamts, als Hausherr die frei gewordenen Räume vorübergehend selbst zu nutzen“, sagte er – noch dazu, weil die Behörde aus allen Nähten platze. Huber bedauerte, dass dem Einzelhandel in diesem Fall nicht geholfen werden könne. Er und der Wirtschaftsbeirat seien aber gerne bereit, Mietinteressenten bei der Suche nach geeigneten Ladenflächen behilflich zu sein. Von einer 1a-Lage wollte er bei den in die Schlagzeilen geratenen Flächen im Rentamt sowieso nichts wissen – da müsse man sich den Laden nur mal anschauen.
SPD-Chef Käser wollte das alles nicht gelten lassen. Und wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte der Kreistag darüber abstimmen sollen, ob der Laden tatsächlich übergangsweise als Behörden-Büro genutzt dienen soll. Einen entsprechenden Antrag stellte er allerdings bis dato nicht, wie uns heute sowohl von ihm selbst als auch aus dem Landratsamt bestätigt wurde. An der Kritik von Käser ändert das nichts. Für ihn ist diese Nutzung des Ladens nach wie vor „ein Irrweg“. Eines seiner Argumente: „Man kann nicht mit Leader-Förderprogrammen auf dem Papier Regional- und Stadtentwicklung betreiben wollen und zeitgleich kleinen Unternehmern die Räume wegnehmen.“
Neuen Zündstoff könnte die Sache nun bekommen, weil Käser nach eigenen Angaben mit einer Existenzgründerin in Kontakt steht, die genau einen Laden in dieser Größe suchen würde. "Ich halte meine Forderung, den Laden für das Gewerbe freizugeben, nach wie vor aufrecht", sagt der SPD-Chef. Nicht auszuschließen also, dass von ihm doch noch ein Antrag kommt.
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