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Widerstand der Bürger zeigt Wirkung: Bei einem Info-Abend in dem Reichertshofener Ortsteil brachte Landrat Martin Wolf (CSU) mehrere Varianten ins Spiel, die die Unterbringung von deutlich weniger Flüchtlingen vorsehen als zunächst geplant

Von Tobias Zell 

In der Frage, wie viele Asylbewerber im ehemaligen Pensions-Gasthaus Däuber im Reichertshofener Ortsteil Winden am Aign untergebracht werden, hat es am Donnerstagabend eine durchaus überraschende Entwicklung gegeben. Stand anfangs noch die Zahl von 131 Flüchtlingen im Raum, deutet jetzt einiges darauf hin, dass es am Ende doch nur 67 sein könnten – oder sogar noch weniger. Diese Zahl brachte jedenfalls Landrat Martin Wolf (CSU) bei einem Info-Abend ins Spiel, zu dem der Landkreis eingeladen hatte. 

Klar ist jedenfalls: Sämtliche Varianten, die von Wolf angesprochen wurden, sehen die Einquartierung von deutlich weniger als 131 Flüchtlingen vor. Das dürfte für erste Erleichterung in Winden sorgen, wo sich seit dem Bekanntwerden der Pläne für eine große Gemeinschafts-Unterkunft Unmut, Sorge und teilweise sogar blanke Angst breit gemacht hat – das war auch an diesem Abend wieder zu spüren.

Die Windener hatten von Anfang an proklamiert: 131 Asylbewerber seien deutlich zu viel für den 827 Einwohner zählenden Ort. Eine Online-Petition unter dem Titel „Keine 125 Asylbewerber in 85084 Winden am Aign“ hat inzwischen über 1150 Unterzeichner gefunden. Außerdem wurden dem Wolnzacher Landtagsabgeordneten Karl Straub (CSU) vor Wochen schon eine Petition an den bayerischen Landtag und eine Eingabe an die Regierung von Oberbayern überreicht. Und vor dem Rathaus hatten sich – wir berichteten – rund 130 Bürger zu einer Demonstration eingefunden.

Um dieses Gebäude in Winden am Aign geht es: Hier sollen Flüchtlinge einquartiert werden – aber wie viele, das ist noch offen.

Der Eigentümer hat das Däuber-Anwesen der Regierung von Oberbayern als Gemeinschafts-Unterkunft für Asylbewerber angeboten und in diesem Zusammenhang auch bereits eine Nutzungsänderung beantragt, die die Unterbringung von 131 Flüchtlingen vorsieht. Der Bauausschuss von Reichertshofen hatte diesem Antrag einstimmig das Einvernehmen verweigert. Damit folgte das Gremium dem Beschlussvorschlag der Gemeindeverwaltung, die mit Verweis auf das in Paragraf 15 der Baunutzungsverordnung geregelte „Gebot der Rücksichtnahme“ eine fundierte Grundlage sah, dem umstrittenen Vorhaben eine Absage zu erteilen. 

Zu entscheiden hat aber letztlich das Pfaffenhofener Landratsamt als zuständige Genehmigungsbehörde. Und am Donnerstagabend erklärte nun Landrat Wolf mit Verweis auf entsprechende Urteile, dass auch seine Behörde die Unterbringung von 131 Personen für nicht genehmigungsfähig halte.

Zugleich stellte Wolf klar: „Wir wollen den Investor nicht verlieren.“ Denn im Pfaffenhofener Landratsamt geht man davon aus, dass bis zum Jahresende rund 1200 Asylbewerber im Landkreis untergebracht werden müssen; aktuell sind es 800 – und man hat seine liebe Mühe, geeignete Wohnungen und Häuser zu finden. Kein Wunder also, dass Wolf angesichts des nicht abzureißen scheinenden Flüchtlings-Zustroms sagt: „Wir werben um jedes Bett.“ Das tat er auch jetzt beim Info-Abend im DJK-Sportheim von Winden – das übrigens so proppenvoll war, dass einige Besucher sogar vor dem Gebäude auf Bierbänken Platz nahmen, um die Veranstaltung durchs Fenster und via Lautsprecher-Übertragung zu verfolgen.

 

Dieses Transparent war am Sportheim angebracht und fordert gar nur die Unterbringung von 30 bis 40 Asylbewerbern in Winden.

Angesichts des massiven Widerstands der Windener Bürger erklärte Wolf, man habe für die potenzielle Asylbewerber-Unterkunft vorab drei mögliche Varianten durchgespielt. Variante eins: Die Regierung von Oberbayern betreibt hier eine Gemeinschafts-Unterkunft für etwa 90 Leute. Was bemerkenswert ist, denn die zuständige Abteilungsleiterin bei der Regierung, Stefanie Weber, hatte zuvor noch betont, dass aus Sicht ihrer Hauses eine Gemeinschaftsunterkunft erst ab 100 Personen sinnvoll sei. Doch auf diesen Kompromiss würde man sich offenbar einlassen. 

Variante zwei: In dem Gebäude werden 67 Flüchtlinge untergebracht. Der Eigentümer des ehemaligen Gasthauses würde dann zwar weniger einnehmen, aber andererseits spare er sich Investitionen, weil die Einquartierung von 67 Leuten ohne Umbaumaßnahmen möglich sei, wie Wolf ausführte. Betrieben würde die Unterkunft in diesem Fall dann nicht von der Regierung von Oberbayern, sondern vom Landkreis selbst – als so genannte dezentrale Unterkunft. „Bei 67 ist die Regierung draußen“, sagte Wolf. Der Investor würde diese Variante aber mitgehen, berichtete der Landrat.

 

Landtagsabgeordneter Karl Straub (von links), Reichertshofens Bürgermeister Michael Franken, Landrat Martin Wolf.

Variante drei sähe die Unterbringung von noch weniger als 67 Flüchtlingen in dem Gebäude vor – wie ja eigentlich von den Windener Bürgern gefordert. Denn ihr Credo lautet: Höchstens 50 Asylbewerber in dem 823-Seelen-Ort. Für diese Variante müsste man nach den Worten von Wolf aber erst einmal neue Verhandlungen mit dem Eigentümer führen, der freilich ein wirtschaftliches Interesse hat. Entscheidend wäre hier nicht zuletzt die Frage nach der Höhe der Miete, die der Landkreis entrichten müsste. Und die könnte dann – salopp gesagt – pro Flüchtling höher ausfallen, damit der Eigentümer wieder auf sein Geld kommt. „Was wir nicht machen, ist Wucher unterstützen“, stellte Wolf dazu schon mal klar. Wie der Landrat zu berichten wusste, betreibe der Investor bereits mehrere Asylbewerber-Unterkünfte.

Unterm Strich kristallisierte sich bei dem Info-Abend heraus, dass die Unterbringung von 131 Asylbewerbern in dem ehemaligen Gasthaus praktisch vom Tisch ist. Der Variante, die eine Einquartierung von 67 Leuten vorsieht, dürften hohe Chancen auf Umsetzung einzuräumen sein. Das wären dann nur etwa halb so viele Plätze wie vom Eigentümer beantragt und von den Windener befürchtet.

Nicht alle hatten einen Platz im DJK-Sportheim gefunden – manche verfolgten den Info-Abend per Lautsprecher-Übertragung von draußen.

„Wir werden zügig mit dem Investor Kontakt aufnehmen“, betonte Wolf am Ende des Abends. Und fasste zusammen: „Ich denke schon, dass wir eine Lösung suchen wollen ohne Regierung.“ Was nicht gegen den Bezirk gerichtet zu verstehen war, sondern vor dem Hintergrund, dass die Regierung eben bei der Unterbringung von 67 Asylbewerbern oder weniger als Betreiber aus dem Spiel wäre. 

Wolf hofft nun, dass bis zur nächsten Sitzung in Reichertshofen eine einvernehmliche Lösung gefunden ist. Dann werden sich die Lokalpolitiker noch einmal mit einem Antrag auf Nutzungsänderung zu befassen haben – doch es wird dann nicht mehr um die Unterbringung von 131 Asylbewerbern in dem ehemaligen Gasthaus gehen, sondern um deutlich weniger. Vermutlich um 67 – oder noch weniger.

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