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SPD-Kreischef Markus Käser will partei-übergreifende Dialog-Veranstaltungen zur Flüchtlingskrise im Landkreis organisieren – CSU-Kreischef Karl Straub wünscht ihm viel Erfolg, sieht aber vorerst für seine Partei keinen Gesprächsbedarf mehr.

Von Tobias Zell

Mit seinem Vorschlag, im Landkreis Pfaffenhofen partei-übergreifende Dialog-Veranstaltungen zur Flüchtlingskrise abzuhalten, läuft SPD-Kreischef Markus Käser bei den Christsozialen ins Leere. Aus Sicht des Landtagsabgeordneten und CSU-Kreisvorsitzenden Karl Straub ist nämlich genug geredet. Nun sei Handeln angesagt, soweit das im Landkreis möglich sei, sagte Straub heute gegenüber unserer Zeitung. Käsers Vorstoß erteilt er im Namen der Kreis-CSU jedenfalls eine klare Absage. Er rede gerne mit Käser, ließ Straub wissen, aber man brauche erst einmal keine Dialog-Veranstaltungen mehr – die habe es zur Genüge gegeben.  

Käser sieht das freilich ganz anders. „Selbstverständlich brauchen wir die gesellschaftspolitische Debatte. Gerade jetzt. Wir stehen erst am Anfang“, sagt er und versichert, an seinem Vorhaben festzuhalten: „Wir werden in der nächsten Zeit dieses Gesprächsangebot machen. Über ein entsprechendes Format werden sich diejenigen einigen, welche Interesse daran haben.“ 

Straub: "Glaube nicht, dass ich Neues erfahre"

Es sei kein böswilliger Akt, dass sich die Kreis-CSU nicht an weiteren Dialog-Veranstaltungen zur Flüchtlingsthematik beteiligen wolle, betont indes Straub. Selbstverständlich stehe es der SPD sowie anderen interessierten Parteien und Gruppierungen frei, solche Termine abzuhalten. Er begrüße es sogar, wenn auch Käser & Co. das Meinungsbild in der Bevölkerung kennenlernen wollen, so Straub. Aber er bittet zugleich um Verständnis dafür, dass seine Partei sich daran nicht beteiligen werde. Der CSU-Kreischef verweist auf die zahlreichen Veranstaltungen, die es zum Themenbereich Asyl und Flüchtlinge bereits im Landkreis gegeben habe; davon allein ein halbes Dutzend vom Landratsamt organisiert. „Ich glaube nicht, dass ich bei weiteren Dialog-Veranstaltungen Neues erfahre“, sagt Straub.

Die Meinungsbildung in seiner Partei sieht der CSU-Kreischef als abgeschlossen an. Bekanntlich machen sich die Christsozialen für eine massive Reduzierung der Flüchtlingszahlen in Deutschland stark und fordern – da eine europäische Lösung nicht in Sicht scheint – möglichst schnell nationale Maßnahmen. Das sei auch die Sichtweise des Pfaffenhofener CSU-Kreisverbands, unterstreicht Straub. 

Käser: "Es gibt immer eine Alternative"

Alle bisherigen Info-Veranstaltungen im Landkreis seien richtig und wichtig gewesen, entgegnet Käser. „Aber das Ganze ist ein Prozess, der uns noch lange begleiten wird und der auch nicht deshalb beendet ist, weil die CSU für sich eine Position gefunden hat“, sagte er heute im Gespräch mit unserer Zeitung. Aus Käsers Sicht mutet die Haltung der Christsozialen fast so an, „als würde niemand mehr zu reden brauchen, wenn die CSU ihre interne Diskussion beendet hat“. Es gebe aber immer eine Alternative, so Käser. 

Verschließen wolle sich die CSU dem politischen Diskurs nicht, stellt Straub klar. Man sei zum Beispiel durchaus offen dafür, dass die im Kreistag vertretenen Parteien sich zusammensetzen, um Schnittmengen abzuchecken. Denkbar ist aus seiner Sicht auch, dass diese Schnittmengen dann in einer gemeinsamen Resolution Niederschlag finden – oder eben an die jeweiligen Parteispitzen übermittelt werden.

Straub: "Bürger wollen jetzt Antworten"

Eine gemeinsame Linie der politischen Lager im Landkreis würde Straub, wie berichtet, ausdrücklich begrüßen – aber einen Reigen an Dialog-Veranstaltungen braucht es nach Dafürhalten der CSU eben nicht mehr. Zum einen, weil man sich daraus keine grundlegend neuen Erkenntnisse mehr verspricht. Zum anderen, „weil die Leute des Redens überdrüssig sind“, sagt Straub. „Die Bürger wollen jetzt endlich Antworten hören uns sehen“, betont er und wiederholt damit, was er vor einigen Tagen bereits in einem ausführlichen Interview mit unserer Zeitung postuliert hatte.

Käser macht sich weiterhin für eine breit angelegte Diskussion stark. „Wir müssen gerade jetzt mit der gesamten Gesellschaft und vor allem tabulos reden“, findet er, „einerseits über die kulturellen Herausforderungen, aber auch über die Konsequenzen beispielsweise eines nationalen Alleingangs.“ Schutzsuchende müssten in Europa gerechter verteilt werden, fordert Käser. Und wie CSU-Kreischef Straub unterstreicht auch er: „Deutschland kann nicht in Zukunft jedes Jahr eine Million Flüchtlinge aufnehmen.“ Und Osteuropa könne sich nicht nur die Rosinen aus der EU picken. „Aber wenn wir keine gemeinsame Lösung finden, ist die EU politisch tot“, meint auch Käser. 

Es brauche eine europäische, eine internationale Lösung. „Die Alternative wäre die Abschottung und die Renationalisierung Europas. Zu Ende gedacht, möglicherweise mit Waffengewalt. Und die Ägäis als Massengrab vor unserer Haustür. Ich glaube nicht, dass wir das alle wirklich wollen“, sagt Käser. Die Bundesregierung müsse alle Anstrengungen unternehmen, die für Deutschland zu einer Entlastung führen, „ohne aber dabei die Errungenschaften der europäischen Gemeinschaft und unseren Wertekanon aufs Spiel zu setzen“, so der SPD-Kreischef.

Käser: "Viele Bürger wollen über die Situation reden"

„Viele Bürger machen sich Sorgen aufgrund der aufgeheizten Debatte, wollen über die Situation reden und sind an einem überparteilichen, aber politischen Dialog sehr interessiert“, verteidigt Käser seinen Vorschlag zu Dialog-Veranstaltungen. Er weiß dabei auch: Möglicherweise gehen die Auffassungen der verschiedenen Partien in einigen Punkten deutlich auseinander. „Grundsätzlich müssen wir aber wegkommen von einer infantilen Schwarz-Weiß-Sicht. Die Fähigkeit zur Differenzierung ist es, was unsere Demokratie und unsere Zivilisation ausmacht.“ Sein Appell: „Wer aufhört, miteinander zu reden sowie Standpunkte und Lösungen zu diskutieren, und wer den Dialog mit der eigenen Bevölkerung nicht führen will, der macht es zu leicht.“ 

SPD-Kreischef Käser verweist in diesem Zusammenhang auch auf eine Initiative der Jungen Union, der Nachwuchs-Organisation der CSU, die im Oktober zur Flüchtlingskrise erklärt hatte: "Wir müssen uns partei-übergreifend dieser Herausforderung stellen." Der JU-Kreisverband schlug eine breite Diskussion mit den anderen Jugendverbänden des Landkreises über die Folgen der Flüchtlingszuwanderung in unserer Gesellschaft vor. „Das Thema Flüchtlinge wird uns in den nächsten Jahrzehnten beschäftigen und damit vor allem junge Menschen ständig begleiten“, erklärte JU-Kreischef und CSU-Kreisgeschäftsführer Christian Moser damals.

CSU-Kreischef Straub wünscht Käser heute schon mal „viel Erfolg“ für die geplanten Dialog-Veranstaltungen. „Und das meine ich ganz ohne Häme“, wie er betont. Er wünsche viele Erkenntnisse – und hoffe zugleich, dass Käser auf die Fragen der Bürger dann auch die entsprechenden Antworten parat habe.

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