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Geplanter Windpark im Förnbacher Forst sorgt für Unmut bei manchen Bürgern: Die JU will das Projekt komplett verhindern, die CSU möchte zumindest weniger Anlagen – und Landrat Martin Wolf bekommt plötzlich Gegenwind aus der eigenen Partei

Von Tobias Zell 

„Wer maßt sich an, die Abstandsflächen festzulegen!?“, „Deutschland kann nicht die Welt retten!“, „Wir können darauf verzichten, ohne unsolidarisch zu sein.“ Mit Skepsis hatte das wahrlich nichts mehr zu tun. Was Landrat Martin Wolf (CSU) da gestern im Pfaffenhofener Ortsteil Förnbach entgegenschlug, war blanke Ablehnung. Der hiesige CSU-Ortsverband hatte zum Stammtisch geladen. Und die Bürger sind geladen. 

Nicht nur, weil die bunte Rathaus-Koalition um Bürgermeister Thomas Herker (SPD) fast die Hälfte einer Grün- und Spielfläche im Ort zum Baugrund erklärt hat, sondern weil da auch noch ein zweites Vorhaben im Raum steht, dass die Bürger mindestens genau so auf die Palme bringt. Im Förnbacher Forst sollen bekanntlich bis zu sieben Windräder gebaut werden. Ein Windpark. Wobei aus Sicht der Gegner schon dieses Wort eine Frechheit ist, weil man mit Park ja etwas Schönes verbindet. 

Die verflixten Sieben

Die Bürger sollten ausführlich zu Wort kommen an diesem Abend, so war es von den Christsozialen geplant. Und so kam es auch. Der Pfaffenhofener CSU-Chef Florian Schranz führte auch nur kurz ein. Hinter der so genannten Positiv-Planung, mit der für den gesamten Landkreis jene Flächen festgelegt wurden, auf denen Windräder möglich sind, stehe er voll, betonte Schranz. Und er sei auch nicht gegen die Windkraft-Anlagen. Aber dass im Förnbacher Forst bis zu sieben Anlagen entstehen sollen, das passt ihm nicht. "Das sind zu viele." 

Wobei man fairerweise sagen muss, dass zwar in dem Waldgebiet bis zu sieben Anlagen möglich sind. Doch die hiesige Bürgerenergie-Genossenschaft (BEG), die hinter dem Vorhaben steckt, hat noch gar nicht mitgeteilt, wie viele es tatsächlich werden sollen. Was aber, wenn man nach der Stimmung am gestrigen Abend im Förnbacher Wirtshaus Galster geht, auch wieder egal ist. Denn nicht wenige hätten am liebsten hier überhaupt kein Windrad.

Papst-Pilot startet durch: Gegen-Argumente ohne Ende 

Martin Ott, bekannt als Papst-Pilot, ergriff als erster das Wort. Und sollte es auch so schnell nicht mehr abgeben. In einem ausführlichen, bedachten Vortrag zählte er so viele Argumente auf, die seiner Meinung nach gegen die Windkraft im Allgemeinen und gegen den hier geplanten Windpark im Speziellen sprechen, dass man sich die Frage stellen konnte: Falls das alles stimmt, warum ermittelt eigentlich nicht längst die Staatsanwaltschaft gegen die Windkraft-Industrie und warum sind Windräder überhaupt erlaubt?

Der geplante Windpark zerstöre die Silhouette, sagte Ott. Die Windräder erzeugen Infra-Schall, dessen gesundheitliche Folgen für Mensch und Tier von allen geleugnet würden. Windräder machen Lärm, verursachen Vibrationen im Erdboden und werfen Schatten, so Ott weiter. Nicht umsonst würden Infra-Schall und Schattenwurf zur Folter eingesetzt. Aber es ging noch weiter. Durch Eis, das von den Rotorblättern geschleudert wird, entstehe Lebensgefahr: Ein Windrad werde da zur Waffe und die betroffene Fläche zum „Sperrgebiet“. Und natürlich der Eingriff in die Natur, die Zerstörung des Waldes durch die Standflächen und Zufahrten.

 

Die Pfaffenhofener CSU um ihren Vorsitzenden Florian Schranz (stehend) hatte zum Stammtisch geladen, die Bude war voll.

Aber nicht nur generell wendet sich Ott gegen Windkraft-Anlagen. Sondern auch, was den avisierten Standort im Förnbacher Forst angeht. Die tatsächliche Leistung der Anlage prophezeit er als „lausig“. Eine Energiewende sei mit Windrädern sowieso nicht möglich; bestenfalls eine Stromwende. Irsching, eines der modernsten Gaskraftwerke der Welt, sei im vergangenen Jahr keine Minute gelaufen – hier müsste man seiner Meinung nach zum Beispiel Ansetzen. Oder mit Photovoltaik-Anlagen an Autobahnen. Auch die Atomkraft sieht Ott gar nicht so kritisch, gerade hierzulande nicht. „Wir sind nicht Fukushima.“ Seine Ausführungen gipfelten gar in der These, dass Windkraft-Anlagen nicht nachhaltig seien – denn wenn kein Wind geht, erzeugen sie ja keinen Strom.

Ott schloss mit einem Appell an die Verantwortung jedes einzelnen – und zwar für die Heimat. Er wehrt sich dagegen, dass die von ihm genannten Argumente „tabuisiert“ werden, befürchtet durch die Windräder eine Wertminderung der Häuser in der Umgebung und fragt angesichts von bereits gut 400 gesammelten Unterschriften, ob das Miteinander in Pfaffenhofen denn am Ortsrand aufhöre. Zugleich ließ er wissen, dass mit einem Ende des Widerstands gegen den geplanten Windpark im Förnbacher Forst nicht zu rechnen ist: „Wir bleiben dran und werden unser Letztes geben in Verantwortung für unsere Heimat.“

Nachdenklicher Landrat verteidigt Positiv-Planung 

Landrat Wolf bescheinigte Ott „ein sehr nachdenklich machendes Plädoyer gegen Windkraft“ und sollte im Laufe des Abends noch sichtlich ernüchtert werden angesichts der Vehemenz und Kompromisslosigkeit, mit der die rund 70 Leute in der Gaststube da Stimmung gegen die geplanten Windräder im Förnbacher Forst machten. Wolf erklärte, wie man unter dem Eindruck der Katastrophe von Fukushima stand, als man in Kooperation mit den 19 Gemeinden die Positiv-Planung für den Landkreis erarbeitete. 

Und Wolf bemühte sich redlich, zu vermitteln, wie gut man es gemeint hat. Weil nach den üblichen Lärmschutz-Regelungen müsse ein Windrad 800 Meter Abstand zum nächsten Wohngebiet haben sowie 500 Meter zum nächsten Dorfgebiet – im Landkreis habe man diese Werte auf 950 beziehungsweise 650 Meter erhöht. Letztlich seien 2,4 Prozent der Landkreis-Fläche in die Positiv-Planung gekommen. Außerdem habe man das Konzept dahingehend ergänzt, dass jede Gemeinde im konkreten Fall selbst entscheiden kann, ob auf einer solchen Positiv-Fläche auch tatsächlich Windräder gebaut werden – indem sie entweder einen entsprechenden Bebauungsplan aufstellt oder eben nicht.

"Demokratischer geht es nicht" 

Im vorliegenden Fall hat der Pfaffenhofener Bauausschuss bereits beschlossen, dass ein solcher Bebauungsplan für den Förnbacher Forst erarbeitet werden soll. Am Ende wird es eine Abstimmung darüber geben, ob dieser Bebauungsplan in Kraft gesetzt wird oder ob er in der Schublade landet. Außerdem soll es zuvor einen Bürgerentscheid geben. Von dem wird noch die Rede sein. 

Wolf bezeichnete die für den Landkreis fixierte Vorgehensweise als ideal. Denn so gelten gleiche Regeln in und zwischen allen 19 Gemeinden, außerdem könne jede Kommune über Bebauungspläne selbst steuern, ob und von wem Windräder errichtet werden. Pfaffenhofen sei, betonte er, der erste Landkreis, dem es gelungen ist, eine solche Positiv-Planung aufzustellen und dadurch die Kontrolle zu haben. Diese Planung in Verbindung mit der Beteiligung der Bürger – „demokratischer geht es nicht“.

Eiskalte Ernüchterung

Der Landrat warb für die Windkraft als wichtigen Beitrag zur CO2-neutralen Deckung des Energiebedarfs und sieht dringenden Handlungsbedarf in Sachen Energiewende: „Wir sind gerade dabei, unsere Erde kaputtzumachen.“ Zu dem Vorhaben im Förnbacher Forst äußerte sich Wolf nicht konkret. „Es ist nicht meine Aufgabe als Landrat, hier Partei zu ergreifen“, sagte er. Die Entscheidung liege bei den Stadträten und Bürgern.

Wie die gestern anwesenden Bürger denken, lässt sich an einer Szene veranschaulichen. Als Wolf gerade die Vorzüge der Positiv-Planung herausstellte und unterstrich, dass auf Basis der ansonsten geltenden 10-H-Regelung nämlich kein einziges Windrad im Landkreis möglich wäre, wurde er jäh unterbrochen. Das wäre doch toll, signalisierte man ihm. 10H, 10H, 10H! Wolf sieht das anders. Kein Windrad im Landkreis? „Das ist für mich keine verantwortungsvolle Politik“, stellte er klar und bezog klar Position für die Windkraft.

 

Sichtlich ernüchternd war der Verlauf der Debatte für Landrat Martin Wolf.

Gegenwind kommt da jedoch schon aus den eigenen Reihen. Fabian Flössler, der auch CSU-Kreisgeschäftsführer ist, sicherte den Windkraft-Gegnern rund um den Förnbacher Forst die volle Rückendeckung der Jungen Union (JU) zu. „Wir werden Euch unterstützen, so weit es uns möglich ist, dass es zu einem Nein kommt“, sagte er. Außerdem müsse die BEG klar aufzeigen, wie sich der geplante Windpark überhaupt rechne und woher welche Einnahmen kämen. Ferner müssten die beiden SPD-Stadträte Andreas Herschmann und Markus Käser, die beide auch bei der BEG engagiert sind, darlegen, ob und gegebenenfalls wie viel sie bei der Genossenschaft verdienen. 

Christian Moser, ebenfalls CSU-Kreisgeschäftsführer und JU-Frontmann, versicherte: Die JU werde dafür kämpfen, dass sich der Pfaffenhofener CSU-Ortsverband klar gegen den geplanten Windpark im Förnbacher Forst positioniert. „Wir haben gesagt, wir sind die Partei der Ortsteile“, proklamierte er – die aktuelle Stadtregierung (SPD, FW, ÖDP, Grüne) sei das dagegen nicht. Auch Moser unterstellte Herschmann und Käser Eigeninteressen – inwiefern es sich hier auch um persönliche wirtschaftliche Interessen handle, gilt es seiner Meinung nach zu prüfen.

Altlandrat Engelhard: Windkraft ja, aber nicht hier 

In die Riege der Förnbacher Windpark-Gegner reihte sich gestern auch Altlandrat Rudi Engelhard (CSU) ein. Der Atom-Ausstieg sei zwingend erforderlich und er sei auch kein Windkraft-Gegner, erklärte er, beklagte aber zugleich eine „Übernutzung“ der Landschaft. „Wir können uns nicht mehr alles leisten, was rechtlich zulässig ist“, sagte er mit Blick auf die Natur. Laut Engelhard, der Kreisvorsitzender der „Schutzgemeinschaft Deutscher Wald“ ist, zählt der Kreis Pfaffenhofen zu den zehn waldärmsten in Bayern. Er warnte vor dem Windpark, denn das Ökosystem Förnbacher Forst würde dadurch zerstört. „Ich bin für Windkraft, aber bitte nicht in unseren letzten geschlossenen Waldgebieten“, lautet sein Credo. Auch er äußerte den Vorwurf, dass Pfaffenhofener Stadtratsmitglieder ihre wirtschaftlichen Interessen einbringen.

„Deutschland kann nicht die Welt retten“, befand ein Bürger zum Thema Windkraft. Ein anderer meinte, man könne auch gut und gerne auf Windräder verzichten, ohne dass das unsolidarisch sei. Wer maße sich überhaupt an, die Abstandsflächen festzulegen, kam aus einer anderen Ecke des Gastraums. Es gebe keine belastbaren Studien über mögliche Gefahren und Risiken, hieß es zudem. Nach Ansicht von Ott wäre es fair, das im Lustholz bereits stehende Windrad im Rahmen eines Pilotprojekts zu betrachten und drei Jahre lang die Folgen zu untersuchen.

Appell des Landrats: "Wir sind jetzt in der Verantwortung" 

Kritisiert wurde von einigen sogar, dass es (wie von der bunten Koalition und von der BEG angekündigt) über das Vorhaben im Förnbacher Forst einen Bürgerentscheid geben soll – es sei „nicht demokratisch“, wenn ganz Pfaffenhofen abstimme. Ein anderer bewertete den Bürgerentscheid wiederum als nicht so schlecht: Da werde sich dann zeigen, dass auch andere Ortsteile keine Windräder wollen.

Das möge für sich betrachtet alles richtig sein, kommentierte Landrat Wolf die unzähligen Einlassungen und Argumente gegen den Windpark und die Windkraft an sich. Doch für ihn geht es hier um mehr: „Wir können nicht sagen: Die CO2-Problematik müssen andere lösen. Wir sind jetzt in der Verantwortung.“ Er sei für alles offen, versicherte Wolf und bat: „Lasst uns gemeinsam darum ringen, wo was geht.“ Der Stimmung von gestern zufolge gibt es für die Gegner allerdings nichts zu ringen – sie wollen keine Windräder im Förnbacher Forst, Ende der Durchsage.

Drohender Konflikt bei den Christsozialen

Dass dem Windkraft-Befürworter Wolf – wie gestern offenkundig wurde – bei diesem Thema jetzt schon aus der eigenen Partei der Wind heftig ins Gesicht bläst, birgt einen weiteren Konflikt. Wie man den Spagat hinbringen wolle, einerseits hinter Wolf und der Windkraftplanung zu stehen und gleichzeitig alles dafür zu tun, dass die Anlagen im Förnbacher Forst verhindert werden, sei jedenfalls nicht ersichtlich geworden – kommentierte sinngemäß der Pfaffenhofener ÖDP-Stadtrat Richard Fischer auf Facebook über die gestrige Veranstaltung, der er als stiller Zuhörer beiwohnte.

Weiterer Beitrag zur gestrigen Veranstaltung:

"Bürgerwille interessiert diese Stadtregierung nicht" (Spielplatz wird Baugrund)

Bisherige Beiträge zum geplanten Windpark:

Auf dem Weg zum Windpark im Förnbacher Forst

Windpark im Förnbacher Forst? Bürger werden entscheiden

Gegen Bettler, für Windkraft und die Ortsteile im Blick

Gegenwind auch von der CSU-Fraktion

JU fordert Ratsbegehren zu Windpark im Förnbacher Forst 

Ein mächtiges Vorhaben, manchem zu mächtig 

Bis zu sieben Windräder im Förnbacher Forst?


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