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"Es muss viel mehr getan werden", fordert Käser (SPD). "Hier muss das Verursacher-Prinzip greifen", findet Straub (CSU). Zum Stand der Dinge in Sachen PFC-Belastung.

(ty) Angesichts der Belastung des Grund- und Oberflächenwassers im Raum Manching mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC), die früher in Lösch-Schäumen enthalten waren, die auf dem Manchinger Flugplatz eingesetzt wurden, wenden sich der hiesige SPD-Kreischef und Kreisrat Markus Käser sowie der Landtags-Abgeordnete Florian von Brunn (SPD) an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU): Die weitere Verbreitung von PFC aus dem Flughafen-Areal der Bundeswehr müsse sofort gestoppt und die Verantwortung des Verursachers dürfe nicht auf die Bürger abschoben werden. Sie fordern ein Angebot zur schnellen und unbürokratischen Entschädigung der Betroffenen; außerdem müsse die Bundeswehr die Kosten für Untersuchung und Sanierung anfallender Altlasten übernehmen. Auch der hiesige Landtags-Abgeordnete Karl Straub (CSU) sieht den Bund in der Pflicht: "Hier muss das Verursacher-Prinzip greifen." Eine neue Information kam heute aus dem Landratsamt.

 

"Seit den 70er Jahren verwendete die Bundeswehr mit ihrer Feuerwehr am Manchinger Flugplatz bis 2011 bei Einsätzen und insbesondere bei den regelmäßig stattfindenden Übungen reichliche Mengen an Löschschaum mit giftigen polyfluorierte Chemikalien, so genannten PFC-Stoffen", erklären Markus Käser und Florian von Brunn in einem offenen Brief an Bundesministerin von der Leyen den Hintergrund des Problems. Damals waren diese Schäume noch erlaubt, inzwischen sind sie verboten. "Im Laufe der Zeit sickerten diese Chemikalien ins Grundwasser und reicherten sich dort und im Boden an. Über das Grundwasser haben sich die Chemikalien in der Umgebung ausgebreitet – mit erheblichen Konsequenzen für die Anwohner, Umwelt, Kommune und Landwirtschaft."

Grundwasser-Nutzung für 14 Jahre untersagt

"Da zahlreiche landwirtschaftliche Brunnen und Hausbrunnen den Schwellenwert für das Grundwasser nach den PFC-Leitlinien überschreiten", erinnern die SPD-Politiker, hatte das Pfaffenhofener Landratsamt – wie berichtet – reagiert. Die Kreisbehörde hat die Nutzung von Grundwasser zur Bewässerung im Bereich der Manchinger Ortsteile Lindach und Westenhausen untersagt. Das gilt auch für außerorts liegende, bebaute Freizeit-Grundstücke. Diese Allgemeinverfügung gilt bis Ende April des Jahres 2032. In diesem Zeitraum untersagt ist zudem die Benutzung von Oberflächenwasser zu Bewässerungs-Zwecken aus den Gewässern nördlich und nordöstlich des Flugplatzes Manching: Baggerseen, Westenhauser Ach und Irschinger Ach. Wer gegen den behördlichen Erlass verstößt, riskiert ein Zwangsgeld.

Von der Allgemeinverfügung betroffen sind nach Angaben der Kreisbehörde in erster Linie alle Hausbrunnen in diesem Bereich, die bisher zur Garten-Bewässerung benutzt werden. Und zwar unabhängig von den jeweiligen Einzelbeprobungs-Ergebnissen. Sollte ein Erdaushub in diesen Bereichen erfolgen, ist dieser laut Landratsamt einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen. Dafür seien entsprechende abfallrechtliche Untersuchungen erforderlich.

SPD-Politiker: Markus Käser (links), Florian von Brunn.

"Viele Landwirte im Umgriff des Flughafens müssen ihre Kulturen bewässern, um eine ausreichende Ernte sicherzustellen", heißt es in dem Brief der beiden SPD-Politiker an die Bundesministerin. Das vor Ort vorhandene Wasser dürften die Bauern aber nun nicht mehr verwenden, um Gefahren für die Verbraucher und eine weitere Verseuchung des Bodens zu vermeiden. "Laut Fachbehörden tragen die Bauern selbst die Verantwortung beim Inverkehrbringen ihrer Erzeugnisse", so Käser und von Brunn. "Deshalb befürchten jetzt viele von ihnen erhebliche wirtschaftliche Nachteile, entweder weil ohne Wasser keine Bewirtschaftung mehr möglich ist, oder weil sie ihre Erzeugnisse aufgrund der Bewässerung mit PFC-haltigem Wasser nicht mehr absetzen können."

Hier gilt die Untersagung der Benutzung von Oberflächenwasser zu Bewässerungszwecken (Quelle: Landratsamt) 

Im Einzugsbereich des Militärflughafens seien, so heißt es von den Sozialdemokraten unter Berufung auf Angaben der Interessen-Gemeinschaft der Landwirte, rund 400 Hektar von der PFC-Kontamination beeinträchtigt. "Die Kosten für ein Bewässerungs-System, das Grundwasser aus unbelasteten Brunnen entnimmt, werden mit rund 1,9 Millionen Euro veranschlagt." Die Interessen-Gemeinschaft der Landwirte sehe die Landwirtschaft in Westenhausen deswegen "stark gefährdet", erklären die SPD-Politiker und wenden sich nun in einem offenen Brief an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

"Es muss viel mehr getan werden" 

Die Forderung: "Es muss unserer Ansicht nach von Seiten des Verursachers Bundeswehr viel mehr als bisher getan und schnell gehandelt werden, damit die landwirtschaftlichen Betriebe in Westenhausen, Lindach und Umgebung durch die PFC-Verseuchung nicht in existenzielle Not geraten und sie ihre Felder wieder dauerhaft mit sauberem Grundwasser bewässern können!"

Durch die PFC-Belastung des Bodens sei zudem die Weiterentwicklung, Ausweisung und Erschließung von Baugebieten nur noch eingeschränkt möglich. "Viele Bauflächen haben dramatische Wertminderungen erlitten. Eigentümer dürfen schon jetzt aufgrund der aktuellen Rechtslage trotz bestehendem Baurecht keine Keller mehr bauen. Aushubmaterial muss auf Kosten der Eigentümer kostenpflichtig entsorgt werden", beklagten  Käser und von Brunn. "Es entstehen hohe Kosten für Bodenproben zum Erlangen einer Baugenehmigung sowie durch verpflichtende Reinigung des Grundwassers für den Hausbau."

Aktuelle Meldung aus dem Landratsamt

Der offene Brief der SPD-Politiker datiert vom 10. August. Eine Erleichterung für Bauherren hat in Zusammenhang mit der PFC-Belastung heute das Pfaffenhofener Landratsamt in Sachen Baugruben bekanntgegeben. Das bayerische Umwelt-Ministerium eröffne demnach für die so genannte Bauwasserhaltung im Fall einer PFC-Belastung folgende Vorgehensweise: Bei einer zeitlich eng begrenzten einzelnen Bauwasserhaltung könne auf eine Abreinigung bezüglich PFC verzichtet werden und eine direkte Wiedereinleitung ins Grundwasser über Schluckbrunnen erfolgen.

Das Landratsamt weist allerdings darauf hin, dass trotz dieser Regelung ein wasser-rechtliches Verfahrens durchzuführen sei. "Nach wie vor ist ein Antrag beim Landratsamt – Sachgebiet Wasserrecht – mit allen erforderlichen Unterlagen zu stellen." Nicht erfasst von dieser Regelung sei der PFC-belastete Bodenaushub, "der weiterhin entsprechend den geltenden gesetzlichen Regelungen des Abfallrechts zwischenzulagern, zu beproben und schadlos zu entsorgen beziehungsweise verwerten ist".

Hier gilt die Untersagung der Benutzung von Grundwasser zu Bewässerungszwecken (Quelle: Landratsamt) 

Zurück zum Brief an die Verteidigungsministerin. Florian von Brunn und Markus Käser schreiben weiter: Durch die Staustufe der Donau bei Vohburg seien Ortsteile um den Flugplatz mit steigendem Grundwasser bis zu einem dreiviertel Meter belastet. Dadurch hätten die Anwohner nicht selten Wasser im Keller. "Die Anwohner befürchten deswegen nicht ohne Grund, dass auch mit PFC belastetes Grundwasser in ihre Häuser dringen könnte." Und: "Viele Bürger baden nicht mehr in den Baggerseen, die um den Flughafen gelegen sind. Sie trinken kein Leitungswasser mehr. Mütter machen sich Sorgen aufgrund der möglicherweise jahrelangen Aufnahme der Giftstoffe ihrer Kinder über Muttermilch oder durch Gemüse aus dem eigenen Garten."

Die unmissverständliche Kritik der SPD-Politiker lautet: "Seit 2006 ist die Gesundheits-Gefährdung durch PFC bekannt. Es gibt aber keinerlei konkreten Aussagen der Behörden, einschließlich des Verursachers Bundeswehr, über die Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung." Die Lebensqualität und wirtschaftliche Situation vieler Menschen sei bereits massiv beeinträchtigt. "Das kann so nicht weitergehen."

Schon allein aus Vorsorge-Gründen muss nach Überzeugung der beiden Sozialdemokraten die weitere Eintragung von PFC aus dem Flughafen-Gelände der Bundeswehr sofort gestoppt sowie alles getan werden, um negative Auswirkungen auf die Gesundheit zu mindern und zu vermeiden. Die Verantwortung des Verursachers dürfe nicht auf die Bürger abschoben werden. "Wir fordern von der Bundeswehr ein Angebot zur schnellen und unbürokratischen Entschädigung der Betroffenen." Außerdem "muss die Bundeswehr die Kosten für Untersuchung und Sanierung anfallender Altlasten komplett übernehmen".

Straub: "Unzumutbare Härte"

Der Wolnzacher Landtags-Abgeordnete Karl Straub (CSU) hat sich nach eigenem Bekunden an seine Fraktion gewendet und einen Antrag formuliert, der vom Landtag beschlossen werden soll. Die bayerische Regierung soll demnach dazu aufgefordert werden, sich im Zusammenhang mit der PFC-Belastung auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass erstens "vollkommene Transparenz hinsichtlich der Ausbreitung der PFC-Belastung im Landkreis Pfaffenhofen sowie hinsichtlich möglicher Gesundheits-Gefahren hergestellt wird". Dass zweitens eine weitere Verunreinigung von Grund- und Oberflächenwasser ausgehend vom Manchinger Flughafen gestoppt wird. Dass drittens die PFC-Belastung in den betroffenen Gebieten durch umfangreiche Sanierungs-Maßnahmen auf ein unbedenkliches Maß reduziert wird. Dass ferner den betroffenen Bürgern aufwandsneutral sauberes Wasser zur Garten-Bewässerung zur Verfügung gestellt wird. Und dass außerdem Mehrkosten für die Reinigung von mit PFC belastetem Baugrundwasser sowie Entsorgungskosten von mit PFC belastetem Erdaushub ersetzt werden.

Die Belastung mit PFC stelle, so führt Straub aus, für die Manchinger Ortsteile Westenhausen und Lindach "eine unzumutbare Härte" dar – nicht nur für private Hauseigentümer, sondern insbesondere für Landwirte. Außerdem "fehlt die notwendige Transparenz für die Bürger, wie hoch die PFC-Belastung in den betroffenen Gebieten ist, ob und wie sich die Belastung mit PFC weiter fortsetzt und ob eine Gesundheits-Gefährdung für die betroffenen Bürger vorliegt". Außerdem gebe es "keine Auflagen für den Flugplatz Manching, das eingeleitete verunreinigte Oberflächenwasser zu reinigen". Den Bürger kann nach Meinung von Straub "nicht zugemutet werden", allein die Mehrkosten für sauberes Gießwasser sowie für die Entsorgung von PFC-belastetem Erdaushub beziehungsweise Baumaterial und für die Wasserreinigung zu tragen. "Hier muss das Verursacher-Prinzip greifen", betont der CSU-Abgeordnete.

Zum aktuellen Stand

Welche Maßnahmen hat der Bund bereits unternommen, um die PFC-Belastung zu mindern beziehungsweise zu beseitigen? Auf diese Frage hatte kürzlich das Pfaffenhofener Landratsamt geantwortet: Nach der Systematik des Bodenschutzrechts sei in folgenden Schritten vorzugehen: 1. Erfassung, 2. historische Recherche, 3. orientierende Untersuchung, 4. gegebenenfalls Detail-Untersuchung, 5. gegebenenfalls Sanierungs-Untersuchung, 6. gegebenenfalls Sanierung.

Derzeit, so hieß es Mitte Juli, "werden die drei Hauptkontaminationsflächen auf dem Flugplatz-Gelände im Detail untersucht". Der Abschluss dieser Untersuchungsphase sei die "abschließende Gefährdungs-Abschätzung". Diese müsse den Behörden bis 30. August vorliegen. Ziel dieser Gefährdungs-Abschätzung sei die Feststellung, ob eine Gefahr vorliege. Auf deren Grundlage folge die Sanierungs-Untersuchung zur Planung konkreter Sanierungs-Maßnahmen. "Der genaue Zeitraum bis zu einer konkreten Sanierung kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden."

 

"Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht möglich, fachlich fundierte konkrete Maßnahmen zur Sanierung des Flugplatz-Geländes und zur Reduzierung der PFC-Belastung des abfließenden Grund- und Oberflächenwassers festzulegen. Die Grundlagen dafür fehlen noch. Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet", erklärte Landrat Martin Wolf (CSU) am 19. Juli. Die Folgen für bestimmte, auch von Bürgern geforderte konkrete Maßnahmen, zum Beispiel den Einbau von Spundwänden, seien nicht abschätzbar.

Sie würden, so hieß es, "einen unkalkulierbaren Eingriff in ein fein abgestimmtes hydrogeologisches System auf dem Flugplatz-Gelände und den Flächen südlich und nördlich des Flugplatzes darstellen". Grundwasser und Oberflächengewässer durchfließen laut Landratsamt das Flugplatz-Areal in geregelter und kontrollierter Weise. "Bei Eingriffen würde sich das Wasser einen neuen Weg suchen." Alle Maßnahmen auf dem Flugplatz-Gelände, die auf das Grund- und Oberflächenwasser Einfluss haben, zum Beispiel das Graben-System, seien wasser-rechtlich mit Bescheiden detailliert geregelt. 

Schadenersatz vom Bund?

Mehrkosten, die Bürgern infolge der PFC-Belastung entstehen, "können nur auf dem Privat-Rechtsweg gegenüber der Bundeswehr geltend gemacht werden", teilte die Kreisbehörde außerdem erneut mit. "Der Landkreis kann keine privaten Schadenersatz-Ansprüche gegenüber einem Dritten ausgleichen oder dafür in Vorleistung gehen." Darüber hinaus seien sowohl die Maßnahmen als auch die damit verbundenen Kosten nicht abschätzbar. "Ich habe größtes Verständnis für die Verärgerung und die Sorgen der Betroffenen", versicherte Landrat Wolf: "Wir setzen uns auf verschiedenen politischen Ebenen dafür ein, einen finanziellen Ausgleich und ganz konkrete Hilfestellungen für die Betroffenen zu erreichen." Ungeachtet dessen: Für SPD-Mann Käser ist die PFC-Belastung im Raum Manching nicht weniger als ein "Umwelt-Skandal".

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