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Der juristische Streit um den Landratsamt-Giebel, der nun abgerissen wird, und seine politischen Folgen: Roland Dörfler (Grüne) sieht Landrat Martin Wolf (CSU) in der Verantwortung und fordert, er müsse Fehler eingestehen

Audio-Podcast: "Der Landrat muss Fehler eingestehen" – Roland Dörflers Kritik im O-Ton

Von Tobias Zell

Nachdem beim Ortstermin des Verwaltungsgerichts offensichtlich eine Lösung im Pfaffenhofener Giebel-Streit gefunden worden ist, sind inzwischen auch die Weichen zur Umsetzung dieses Kompromisses gestellt. Der Bau- und Vergabe-Ausschuss stimmte, wie berichtet, bereits am Donnerstag einhellig dem Abbruch des umstrittenen Landratsamt-Giebels und der Errichtung einer Dachschräge zu. Gestern Abend erteilte dann auch der Bauausschuss der Stadt Pfaffenhofen sein Einvernehmen. Während damit aus baulicher und baurechtlicher Sicht der Weg frei ist für die Umsetzung dieses Kompromisses, scheint politisch der Fall noch längst nicht erledigt. Roland Dörfler (Grüne), Dritter Bürgermeister von Pfaffenhofen und Kreisrat, fordert, dass Landrat Martin Wolf (CSU) die Verantwortung übernimmt und Fehler eingesteht – aber dazu müsse man „halt mal Eier in der Hose haben“.

Bekanntlich hatte ein Nachbar wegen der Verschattungswirkung durch nicht eingehaltene Abstandsflächen gegen den Giebel am Hofberg geklagt, den sich das Landratsamt im Zuge der 17 Millionen Euro teuren Generalsanierung an seinem Anbau praktisch selbst genehmigt hatte. Daraufhin hatte das Verwaltungsgericht Ende Januar den Bau eingestellt und alles ging juristisch seinen Gang. Beim Ortstermin mit mündlicher Verhandlung in der vergangenen Woche betonten die Verwaltungsrichter, dass sie sich in ihrer Eilentscheidung zur Einstellung des Baus bestätigt sehen. Damit war klar: Sollte am Ende ein Urteil gesprochen werden müssen, dann hat der Landkreis mit seinem Giebel schlechte Karten. Für Empörung sorgte zudem, dass der Landkreis den gerichtlich verfügten Baustopp ignoriert und „schwarz“ weitergebaut hat – weil man den Gerichtsbeschluss anders interpretiert hatte.

Der ganze Giebel-Wirbel kostet den Landkreis – sprich den Steuerzahler – nun um die 90 000 Euro, wie am Donnerstag im Bau- und Vergabe-Ausschuss des Landkreises erklärt wurde: 70 000 Euro für den Abriss des Giebels und die Umsetzung der stattdessen nun angesagten Dachschräge, plus die Anwaltskosten auf beiden Seiten – denn im Zuge der einvernehmlichen musste sich der Kreis bereit erklären, auch die Anwaltskosten des Klägers zu übernehmen.

Links im Bild der Giebel, der nun abgerissen wird.

In der Zwischenzeit ist zudem die Frage aufgetaucht, ob es denn nicht in Wirklichkeit noch teurer kommt für den Landkreis. Verlängert sich die Bauzeit durch den Rechtsstreit und den Baustopp? Entstehen Mehrkosten durch die weiterlaufende Anmietung des Gerüsts an dem Bauteil B, das ja wegen des Baustopps eigentlich gar nicht benutzt werden konnte? Entstehen Mehrkosten weil die vom Landkreis angemieteten Ausweich-Büros möglicherweise durch Verzögerungen länger bezahlt werden müssen? 

Wir haben diese Fragen dem Landratsamt gestellt. „Der Bauteil C ist nach wie vor im Bauzeitenplan“, heißt es da. „Es gab keine Verzögerungen, da in den Abwicklungsplänen entsprechende Zeitpuffer enthalten sind. Der Fertigstellungszeitpunkt des Bauteils C (Herbst 2014) kann eingehalten werden.“ Zum Gerüst heißt es: „Es hätte für die Bauarbeiten und aus Sicherheitsgründen ohnehin stehen bleiben müssen. Am Bauteil C wird derzeit immer noch gearbeitet, zum Beispiel an der Außenfassade und an den Gauben. Diese Arbeiten haben aber mit dem Giebel, der an der Nordseite des Bauteils B steht, nichts zu tun.“ Die Anmietung der Räume sei im Hinblick auf die Gesamtsanierung bis 2018 erfolgt, insofern könne  hier zu kurzfristigen Auswirkungen „keine Aussage getroffen werden, da nicht vorgesehen ist/war, angemietete Räume zurückzugeben oder aufzulassen“. Die zusätzlichen Kosten für die Änderung des Giebels „werden in einer separaten Kostenstelle erfasst und können nach Abschluss der Arbeiten genannt werden“, teilt das Landratsamt weiter mit. Bis dahin gelte die vorgestern in der Bau- und Vergabeausschusssitzung getroffene Aussage zu den Kosten.

Das Landratsamt genehmigt sich selbst einen Giebel, der nun abgerissen werden muss. Das Landratsamt baut schwarz. Ausgerechnet das Landratsamt als Genehmigungsbehörde. Diese Geschichte, die sich freilich wunderbar zuspitzen lässt, sorgt inzwischen überregional für Aufsehen. Und das wirft natürlich die Frage nach der Verantwortung auf.

„Es gehört Verantwortung übernommen“, appellierte gestern Roland Dörfler in der Sitzung des Pfaffenhofener Bauausschusses.  „Jeder schiebt die Schuld auf den anderen.“ Der Landrat als Leiter der Behörde müsse „Verantwortung übernehmen und Fehler eingestehen“, forderte Dörfler an die Adresse von Martin Wolf. „Aber wenn man Fehler eingestehen muss, dann muss man halt mal Eier in der Hose haben.“ Doch anscheinend sei das nicht der Fall.

Schon im Bau- und Vergabeausschuss des Kreistags wurden am Mittwoch deutliche Worte zum Giebel-Wirbel gefunden.

Schon tags zuvor im Bau- und Vergabeausschuss des Landkreises gab es bekanntlich eine intensive Diskussion. Der Pfaffenhofener Altbürgermeister Hans Prechter (CSU) schimpfe, der Fall sei „kein Ruhmesblatt“ für den Landkreis als Bau-Genehmigungsbehörde. Noch deutlicher wurde er an die Adresse von Anwalt Andre Schneeweiß, der den Landkreis in dieser Sache vertritt. „Ausgesprochen ärgerlich“ und „blamabel“ findet es Prechter, dass man rechtlich beraten worden sei in einer Weise, die offenbar ein rechtswidriges Verhaltung zur Folge hatte, sagte er sinngemäß und spielte auf den ignorierten Baustopp an. Die Bau-Einstellung, die das Gericht auf den gesamten Bauteil B verhängt sah, hatten nämlich die Juristen auf Seiten des Landkreises anders interpretiert, weshalb unterhalb des Giebels fleißig weitergewerkelt worden war. Dafür fehlte Prechter jegliches Verständnis. 

„Ich verstehe ihren Ärger sehr gut“, entgegnete Schneeweiß. Aber vor Gericht und auf hoher See..., meinte er. Und außerdem gebe es ja den Spruch: „Zwei Juristen, drei Meinungen.“ Vieles spreche nach wie vor für die von ihm und den Landkreis-Juristen vertretene Auslegung des Baustopps, meinte er. Und die Vorsitzende Verwaltungsrichterin sei an diesem Tag nicht nur mit einem, sondern mit zwei falschen Beinen aufgestanden, diagnostizierte Schneeweiß. Die Vorsitzende Richterin Dürig-Friedl hatte den Umgang des Landratsamts mit dem gerichtlich verhängten Baustopp bekanntlich als „mehr als gewagt“ bezeichnet und gesagt, so etwas habe sie „noch nicht erlebt“. Schneeweiß indes gibt sich unbeirrt. Er ist nach wie vor der Meinung, dass man im unterem Bereich weiterbauen durfte. 

Kerstin Schnapp (Grüne) warf in Richtung des Landrats die Frage auf, ob man als Opposition nun Konsequenzen fordern müsse. Denn es gäbe Stimmen, die den Fall sinngemäß auf folgenden Nenner bringen: Das Landratsamt baue schwarz und sei zu dumm, sich seinen eigenen Bau zu genehmigen. Die Kreistagsmitglieder nahm sie etwas in Schutz: „Wir sind Amateure und müssen uns auf Profis verlassen.“ Doch freisprechen von aller Schuld will sie die Kreispolitik keinesfalls. „Jede Entscheidung, die von Experten – im Bauamt und von anwaltlicher Seite – bei dieser Baustelle getroffen wurde, hat sich im Nachhinein als Irrweg erwiesen, dem allerdings die Kreisgremien meist einstimmig gefolgt sind“, sagte Schnapp. „Unsere Aufgabe als Kreisräte ist es aber nicht, uns zu Kaffee und Kuchen zu treffen und schweigend die Hand zu heben, sondern verantwortungsvoll im Interesse unserer Wähler zu handeln. Wenn das Ergebnis unseres Handelns nun ein Schwarzbau ist, dann können wir unsere Hände nicht in Unschuld waschen und behaupten, wir haben alles richtig gemacht.“ Vor allem aber warf sie die Frage auf, die schon Prechter angedeutet hatte: Wie geht man nun mit dem „Vertrauensschaden“ um? 

Wir spüren diesbezüglich keine Beeinträchtigungen“, sagte Wolf und nahm einmal mehr seine Angestellten in Schutz. Die Bürger können diesen juristischen Vorgang seiner Meinung nach auch „sehr genau einordnen“. Und die meisten Prozesse gewinne man ja auch. „Ich stelle mich vor meine Verwaltung“, sagte der Kreischef – und lobte: In der Bauverwaltung werde sehr gute Arbeit gemacht.

Prechter warf im Hinblick auf die Kosten für Giebel-Abriss, Umplanung etc. auch die Frage nach der Haftung und Verantwortlichkeit auf. „Diese Fragen werden kommen.“ Sein Vorschlag lautete deshalb: Der Landkreis solle gleich von sich aus zeitnah den bayerischen kommunalen Prüfungsverband die ganze Angelegenheit prüfen lassen. Das habe man ohnehin vorgehabt, sagte Wolf, man werde eine „Sonderprüfung“ in Auftrag geben.

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