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Der geplante Pfaffenhofener Windpark ist umstritten: Wir haben die hiesige Bürgerenergie-Genossenschaft, die hinter dem Vorhaben steht, mit den Kritikpunkten und Sorgen der Gegner und Skeptiker konfrontiert – hier lesen Sie die Antworten, weitere Details und wie es nun weitergeht

(ty) Die Bürgerenergie-Genossenschaft im Landkreis Pfaffenhofen (BEG) will bekanntlich im Förnbacher Forst einen Windpark errichten. Das Projekt ist nicht unumstritten. Der Pfaffenhofener CSU sind zum Beispiel sieben mögliche Windräder zu viel, so mancher Bürger aus der Umgebung des Areals will überhaupt kein Windrad in dem Waldgebiet und die JU sicherte den Gegnern bereits volle Unterstützung zu.

Am Freitagabend wurden – wie berichtet – bei einer CSU-Veranstaltung in Förnbach zahlreiche Kritikpunkte vorgebracht. Wir haben Andreas Herschmann und Markus Käser von der BEG jetzt mit den Bedenken und Sorgen der Windkraft-Skeptiker und Windpark-Gegner konfrontiert – nachfolgend lesen Sie ihre Antworten. Herschmann ist der Vorsitzende der BEG. Käser ist Gründungsmitglied der BEG, dort zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerdialog, sowie Vorsitzender des Landesnetzwerks für Bürgerenergie in Bayern. Beide sitzen für die SPD im Pfaffenhofener Stadtrat. 

Die BEG hat jetzt auch eine – nach eigenen Angaben seriöse und technisch realistische – Fotosimulation veröffentlicht (siehe oben). Sie zeigt den Blick vom Ortseingang Streitdorf auf fünf Windräder im Förnbacher Forst. „Die Anlagen sind auf der Simulation zwar topographisch realistisch, aber nicht enggültig angeordnet“, wird dazu erklärt. Eine konkrete Platzierung auf einem bestimmten Grundstück lasse sich daraus nicht ableiten. „Am Ende können sich die Standorte noch wesentlich verändern“, betont die BEG, „vor allem dann, wenn man Anlagen heraus- oder dazunehmen würde.“

Wie geht’s weiter?

Der Bauantrag der BEG bezieht sich auf die gesamte so genannte Eignungsfläche Nummer 59 im Förnbacher Forst. Bekanntlich wurden im Rahmen der Positiv-Planung, an der alle 19 Gemeinden beteiligt waren, im Landkreis Pfaffenhofen die Flächen festgelegt, auf denen Windkraft-Anlagen möglich sein sollen. Eine davon ist das Areal im Förnbacher Forst. In den Ausführungen zur Flächennutzungsplanung steht laut Herschmann, diese Fläche sollte „optimal für Windenergie genutzt werden“. 

Der Pfaffenhofener Bauausschuss hat kürzlich mit dem so genannten Aufstellungsbeschluss verfügt, dass ein Bebauungsplan für den Windpark erarbeitet werden soll. Im Rahmen dieses Prozesses werden auch die Bürger beteiligt. Außerdem soll es am Ende, wenn der Plan komplett fertig und beschlussreif ist, einen Bürgerentscheid geben. Das würde dann praktisch bedeuten, dass das Votum darüber, ob der Bebauungsplan für den Windpark auch tatsächlich in Kraft gesetzt wird oder nicht, letztlich bei den Bürgern liegt – und nicht bei den Lokalpolitikern. 

Wie viele Anlagen plant die BEG?

Aktuell plant die Bürgerenergie-Genossenschaft für den Förnbacher Forst mit vier bis fünf Anlagen, wie auf Anfrage unserer Zeitung mitgeteilt wurde. Voraussetzung dabei ist aber ohnehin, dass die Grundstücks-Eigentümer ausreichend Flächen zur Verfügung stellen. „Unsere Planungsformel lautet: So viele Windkraft-Anlagen wie nötig und so wenige wie möglich“, erklärt dazu Käser. 

„So viele wie nötig” bedeutet seinen Worten zufolge: „Eine ausreichende Anzahl von Anlagen, um das Projekt erstens ökonomisch sinnvoll zu gestalten hinsichtlich der einzurichtenden Infrastruktur – und zweitens energetisch sinnvoll, um der Zielsetzung zum Ausbau erneuerbarer Energie nach dem Klima- und Energiekonzept der Stadt, aber auch der Landesregierung nachzukommen.“ Die bayerische Staatsregierung habe ja 2011 den Ausbau der Windkraft von sechs bis zehn Prozent der Energie-Produktion angesetzt und beschlossen, erinnert Käser.

So wenige Anlagen im Förnbacher Forst wie möglich, das bedeutet laut BEG: „Kein extremes Ausnutzen der Eignungsfläche bis auf den letzten Zentimeter.“ Versprochen wird von Seiten der Genossenschaft eine „verträgliche und maßvolle  Planung unter Einbeziehung der topographischen Verhältnisse sowie optimale Rücksichtnahme auf die umliegenden Bewohner.“ 

Bei Anwendung dieser Formel („So wenige Anlagen wie möglich, so viele wie nötig“) sowie unter Berücksichtigung einiger Anregungen von Anliegern und Grundstückseigentümer plane die BEG nun mit vier bis fünf Anlagen, fasst Herschmann zusammen. Am 7. April wird die BEG im Rahmen einer Info-Veranstaltung, die um 19 Uhr im Pfaffenhofener Stockerhof beginnt, den vorläufigen Plan für den Windpark im Förnbacher Forst vorstellen sowie dann auch einen Experten-Dialog anbieten, um auf technische und wirtschaftliche Fragen einzugehen.

Infraschall

Was die Sorgen und Ängste mancher Bürger in Sachen Infraschall durch Windkraft-Anlagen angeht, verweist die BEG auf eine aktuelle Studie der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg. „Nach heutigem Stand der Wissenschaft sind schädliche Wirkungen durch Infraschall bei Windenergieanlagen nicht zu erwarten“, heißt es da. Verglichen mit Verkehrsmitteln wie Autos oder Flugzeugen sei der von Windenergie-Anlagen erzeugte Infraschall gering. „Betrachtet man den gesamten Frequenzbereich, so heben sich die Geräusche einer Windenergie-Anlage schon in wenigen hundert Metern Entfernung meist kaum mehr von den natürlichen Geräuschen durch Wind und Vegetation ab.“ Weitere Infos dazu lesen Sie hier: http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/223895/

Die BEG selbst lädt in diesem Zusammenhang zur Premiere des Dokumentarfilms "Power to Change – Die Energie-Rebellion" am 21. April um 19 Uhr ins Pfaffenhofener CineradoPlex-Kino ein. An diesem Abend wird es auch einen Vortrag zum Thema „Wirkung von Infraschall“ geben, den der Naturwissenschaftler und Kernphysiker Dr. Helmut Muthig hält.

Abstandsflächen

Grundsätzlich basiert der BEG-Antrag auf der Positiv-Planung aller 19 Gemeinden im Landkreis, die im Januar dieses Jahres Rechtsgültigkeit erlangt hat. Die Planung regelt verbindlich für alle in Frage kommenden Windkraft-Flächen Mindestabstände zu Siedlungen: „950 Meter zu geschlossener Wohnbebauung sowie 650 Meter zu Weilern und Splittersiedlungen“, erklärt Herschmann. Die BEG wolle auf dieser Grundlage „gemeinsam mit Bürgern und Kommunen die weitere Planung so optimal wie möglich gestalten“.

„Auch die 10H-Regel hatte ja das Ziel, den Kommunen maximale Bürgerbeteiligung zu ermöglichen“, erinnert Käser. Genau das passiere jetzt unter anderem durch den Bebauungsplan der Kommune und den kommenden Bürgerentscheid über den Bebauungsplan im Förnbacher Forst. Der SPD-Politiker Käser zitiert hier den CSU-Politiker Erwin Huber: "Ziel der 10H-Regelung für Windkraft-Anlagen ist es, den Kommunen beim Windkraftausbau mehr Verantwortung zu geben und somit die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort zu stärken."

Manfred Russer (CSU), Bürgermeister von Hohenwart und Sprecher der Rathauschefs im Landkreis Pfaffenhofen, hatte zur Positiv-Planung kürzlich kommentiert: „Unsere Ziele, die Menschen und unsere Landschaft bestmöglich zu schützen, haben wir konsequent verfolgt und auch erreicht“. Er möge sich gar nicht vorstellen, dass die 10H-Regelung gekippt werde. „Aber selbst dann – beziehungsweise gerade dann – wird die Schutzfunktion unserer Windkraftplanung deutlicher denn je.“ 

Das bedeute im Klartext, ergänzt Käser: „Würde es den Flächennutzungsplan im Landkreis nicht geben, könnte es jedenfalls passieren, dass die Abstände zu Weilern und Splittersiedlungen deutlich geringer ausfallen.“ Bei der Ausgestaltung der 10H-Regelung habe die Staatsregierung nämlich Weiler und Splittersiedlungen gar nicht berücksichtigt. „Der von allen 19 Gemeinden in unserem Landkreis abgestimmte Windkraftplan hat diese Siedlungen aber dennoch berücksichtigt und sinnvolle Abstände für alle geregelt.“ 

Flächenbedarf

Der Förnbacher Forst umfasst rund 600 Hektar. Befürchtungen, der Windpark würde riesige Flächen in dem Waldgebiet zerstören, tritt die BEG entgegen. „Selbst bei einem Vollausbau mit sieben Windkraft-Anlagen würde nur zwei Prozent dieser Nutzwaldfläche für Wege, Kranstellplätze und die Windräder an sich benötigt“, erklärt Herschmann. Außerdem erfolge eine 1:1-Aufforstung. „Kein Baum geht verloren, sondern wie in einem Nutzwald üblich, werden alte Bäume durch junge ersetzt.“ Für die Errichtung der Zufahrten können laut BEG zu rund 80 Prozent bestehende Wege genutzt werden. Die am Ende verbleibenden Kranstellflächen seien offen für andere temporäre Nutzungsarten, wie etwa zur Holz-Lagerung 

Eiswurf 

Windkraft-Gegner Martin Ott hatte ein regelrechtes Horror-Szenario entworfen. Durch Eis, das von den Rotorblättern geschleudert werde, entstehe Lebensgefahr, warnte er. Ein Windrad werde da zur Waffe und die betroffene Fläche zum „Sperrgebiet“, so seine drastischen Worte. Die BEG widerspricht dem kurz und bündig: „Alle für uns in Frage kommenden Windrad-Typen haben beheizte Rotorblätter. Eiswurf ist deshalb nicht möglich.“ 

Schattenwurf

Auch den von Windrädern geworfenen Schatten fürchten manche. Hierzu erklärt die BEG: „Der Schatten eines Windrads darf laut dem Flächennutzungsplan bei täglich angenommenem Sonnenschein nicht länger als 30 Minuten – und das nicht öfter als 30 Tage im Jahr – auf ein bewohntes Grundstück fallen.“ Diese Werte würden auf der gesamten in Frage kommenden Fläche im Förnbacher Forst – selbst bei einem Mindestabstand von 650 Metern – eingehalten.  Zugleich wird betont: „In den besagten Zeiten wird das Windrad außerdem angehalten.“ So komme es auch nicht zur Belästigung durch so genannte Schlagschatten.

Rückbau

„Nach Ablauf ihrer Lebensdauer wird die Windenergie-Anlage zusammen mit dem Fundament vollständig zurückgebaut“, erklärt BEG-Chef Herschmann. Das Fundament-Loch werde mit Erde aufgefüllt und die Stelle könne dann wieder als Acker genutzt oder mit Bäumen bepflanzt werden. „Versuchen Sie das mal mit dem gigantischen Krater eines Kohle-Tagebaus oder mit einem Kernkraftwerk, dessen radioaktiver Abfall weit über 700 Millionen Jahre stahlt und alles menschliche Leben im Bereich der Lagerstelle unmöglich macht“, sagt Käser.

Zur Finanzierung des Rückbaus teilt die Genossenschaft mit: „Für den späteren Rückbau eines jeden Windrads müssen die Betreiber schon zum Erlangen einer Baugenehmigung pro Anlage hohe Summen zuzüglich der zukünftigen Kostensteigerung hinterlegen.“ 

Und wenn der Wind nicht weht?

Windrad-Gegner Martin Ott hatte dem geplanten Windpark im Förnbacher Forst sogar die Nachhaltigkeit abgesprochen – weil ja nur dann Strom erzeugt werde, wenn der Wind wehe. „Wind bringt seit Tausenden von Jahren die Menschheit voran“, entgegnet die BEG. Es sei so schön einfach: „Man stellt ein Windrad an einem geeigneten Standort auf und erntet kostenlosen und sauberen Strom so lange man will und so oft der Wind weht – ganz ohne Abfälle und Belastungen für unsere Kinder und kommenden Generationen.“ Kombiniert mit einem Speichersystem, wie es laut BEG bei dem Projekt im Förnbacher Forst geplant ist, stehe der Strom-Ertrag auch dann zur Verfügung, wenn der Wind einmal nicht weht. 

Genossenschafts-Modell

Hinter dem Windpark-Vorhaben im Förnbacher Forst steht die Bürgerenergie-Genossenschaft im Landkreis Pfaffenhofen. Herschmann erklärt den Unterschied zu anderen Rechtsformen und wirbt für das Modell. „Genossenschaften haben sich generell gerade in den vergangenen Jahren als äußerst krisen- und insolvenzfest erwiesen“, so der BEG-Chef. „Sie sind nicht nur für die Kreditwirtschaft, sondern für viele Wirtschaftsbereiche ein Vorbild. Sie denken nicht ausschließlich in Renditehöhe, Quartalszahlen oder kurzfristigen Verzinsungen.“ 

Die BEG als lokal verwurzeltes Unternehmen fördere die Wirtschaftskreisläufe vor Ort und sei demokratisch organisiert, so Herschmann. „Jedes Mitglied hat eine Stimme und alle Überschüsse kommen ausschließlich allen Mitgliedern zu gute.“ Ein Genossenschafts-Anteil sei mit 100 Euro auch absichtlich günstig gehalten, so dass, wirklich jeder Mitglied werden könne. 

Käser unterstreicht zudem den wesentliche Unterschied zwischen der BEG und einem klassischen Investor anhand des konkreten Vorhabens im Förnbacher Forst: Die Genossenschaft gehe „den Weg der maximalen Bürgerbeteiligung und begrüßt einen Bürgerentscheid“. Sie beteilige zudem alle Grundstücksbesitzer, anstatt nur die Größten zu bevorzugen, und sie ermöglicht direkte Bürgerbeteiligung mit drei bis vier Prozent Rendite ab 1000 Euro. „Damit bleibt nicht nur die energetische, sondern auch die monetäre Wertschöpfung vor Ort.“ 

Am 8. April startet laut BEG auf der Pfaffenhofener Messe, wo die Genossenschaft mit einem Info-Stand vertreten ist, die Anteils-Reservierung – und zwar unabhängig davon, wie viele Anlagen am Ende im Förnbacher Forst errichtet werden beziehungsweise ob überhaupt dort gebaut wird. Denn es handelt sich ja nur um eine Reservierung von Anteilen.

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