Bürger hätten sich klare Ansage erhofft. Doch wann die Maßnahmen zur Beseitigung der vom Flughafen-Gelände ausgehenden PFC-Belastung abgeschlossen sein werden, steht in den Sternen.
Von Alfred Raths
Mit per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) belastetes Wasser vom Militär-Flugplatz bei Manching kontaminiert in der Umgebung das Grund- und Oberflächenwasser. Diese Belastung stammt aus früheren Jahren, von seinerzeit erlaubten, inzwischen aber verbotenen Lösch-Schäumen. Sie bereitet jetzt nicht nur den Anwohnern Probleme und Sorgen, sondern auch der Bundeswehr. Letztere zeichnet dafür verantwortlich, hier in Manching, aber auch an etlichen anderen Standorten. Gestern war Thomas Silberhorn (CSU), Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung, vor Ort. Empfangen wurde er vor den Toren des Militär-Geländes mit Sprechchören: "Hopp, hopp, hopp – dem PFC ein Stopp!" Zwei Bürger-Initiativen stehen hinter den Protesten, sie setzen sich für eine gründliche Sanierung des betroffenen Areals ein.
Die Aktivisten fordern die sofortige Beendigung einer weiteren PFC-Belastung des Wassers, die umgehende Sanierung der kontaminierten Böden und nicht zuletzt eine transparente Öffentlichkeitsarbeit der Bundeswehr. Schützenhilfe bekamen die unzufriedenen Bürger gestern aus dem Nachbar-Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Denn auch in Neuburg gibt es, wie bundesweit an vielen weiteren Standorten, eine PFC-Belastung am dortigen Militärflugplatz und dem Weicheringer Munitionsdepot.
Staatssekretär Silberhorn stellte sich gestern zwar den Demonstranten und versprach auch Lösungen. Doch am Ende rang sich der CSU-Politiker – entgegen mancher Hoffnung – eben nicht dazu durch, einen konkreten zeitlichen Horizont zu zeichnen. Silberhorn traf sich mit weiteren Bundes- und Landespolitikern, Bürgermeistern, Bundeswehr-Angehörigen und Vertretern der Bürger-Initiativen auf dem Flughafen-Gelände zum Dialog. Um es vorwegzunehmen: Herausgekommen ist, dass die Sanierungs-Finanzierung gesichert scheint und dass die Bundeswehr nach einer so genannten Phasenbearbeitung Schritt für Schritt vorgehen will.
Michael Weichenrieder von der Bürger-Initiative (links) im Gespräch mit Staatssekretär Thomas Silberhorn (Mitte) und dem Bundestags-Abgeordneten Erich Irlstorfer (rechts)
Für den Standort Manching befindet man sich demnach in Phase IIb, sprich: Verdichtung der Untersuchungen und abschließende Gefährdungs-Abschätzung. Nach den Worten des Referenten Thomas Backes vom Bundesamt für Infrastruktur wird diese voraussichtlich im kommenden Herbst abgeschlossen sein. Eine Phase weiter, nämlich in Stufe IIIa der Sanierungs-Planung (es folgen dieser nur noch IIIb und IIIc: Sanierungs-Durchführung und Nachsorge) sei man jedoch schon für drei von 15 lokalen "Hotspots": Alte Feuerwache, Feuerlösch-Übungsbecken und Süd-Landebahn.
Backes sprach auf Nachfrage unserer Zeitung davon, dass als "vorgezogene Maßnahme" das so genannte hydraulische Pump-and-treat-Verfahren mit fünf Pumpstationen nebst Brunnen am nördlich gelegenen Hotspot "Alte Feuerwache" (dem Schwerpunkt der Kontaminations-Fahne, wo das Grundwasser angeblich mit einer Geschwindigkeit von zwischen 400 und 500 Metern pro Jahr in nordöstlicher Richtung nach Lindach und Westenhausen fließt) zur Abstrom-Sicherung anstehe.
Dieses Verfahren beruht darauf, mit Hilfe von Aktivkohle wasserlösliche Schadstoffe indirekt über das Grundwasser zu entziehen und anschließend zu reinigen. Für Ende Mai werde das entsprechende Gutachten eines Ingenieur-Büros erwartet, dann von der Bundeswehr und den Fachbehörden bewertet sowie schließlich der Landesbauverwaltung vorgelegt. "Die Pump-and-treat-Ergebnisse werden sozusagen in die Sanierungsplanung dann mit integriert, sodass wir ein gesamtheitliches und sogar fast flächenhaftes Ergebnis haben", so Backes. Weiterhin würden außerhalb der Bundeswehr-Liegenschaft etwa die Hausbrunnen oder die landwirtschaftlichen Flächen beprobt.
"Wir setzen die Forderungen der Behörden konsequent um", sagte Backes. Insgesamt könne man sagen, "dass für die betroffenen Bürger keine Gefahr für Leib und Leben besteht". Auf die konkrete Frage des hiesigen Landtags-Abgeordneten Karl Straub (CSU) nach einem möglichst genauen Datum beziehungsweise nach dem zeitlichen Ablauf, ab dem man die Pump-and-treat-Brunnen installieren könne, gab es keine verbindliche Antwort. Mann solle es sich gut überlegen, ob man aus dieser Veranstaltung hinausgehe, ohne den Bürgern ein konkretes Datum zu nennen, mahnte Straub.
Landrat Martin Wolf (von links), Manchings Bürgermeister Herbert Nerb, Bundestags-Abgeordneter Erich Irlstorfer und Staatssekretär Thomas Silberhorn.
"Was machbar ist, wird gemacht, so schnell wie möglich", versicherte Bundeswehr-Sprecher Thomas Huemer und bat um Verständnis dafür, dass man sich nicht auf eine Jahreszahl festlegen könne. Der Pfaffenhofener Landrat Martin Wolf (CSU) erklärte in diesem Zusammenhang, dass er es gewesen sei, der die Jahreszahl 2024 ins Spiel gebracht habe. "Ich bin mit dem bisher Gesagten ziemlich unzufrieden", befand Wolf. "Ich denke, die Menschen in Lindach und Westenhausen haben verdient, ein Zieldatum zu bekommen, woran sich alle Fachbehörden orientieren." Entschädigungen seien bislang nicht ausgezahlt, Bagatell-Grenzen nicht genannt, dazu seinen Untersuchungen bei Gartenprodukten für die Bürger nicht zufriedenstellend geklärt, monierte der Kreischef.
Peter Plank von der Interessen-Gemeinschaft Westenhausen kritisierte die wegen der PFC-Belastung vom Landratsamt beschränkte Wasser-Entnahme, obgleich die Ernte auf den landwirtschaftlich bewirtschafteten Böden an der Oberfläche keine nennenswerte PFC-Werte aufweise. Sinngemäß sprach er von einer Voreingenommenheit der Abnehmer, was beim Verkauf der Produkte letztlich finanzielle Einbußen bedeute. Michael Weichenrieder von der Bürger-Initiative klagte: "Wir Bürger, wir haben das Vertrauen in diesen Staat verloren, das Vertrauen in unsere Demokratie!" Es könne doch nicht sein, dass ein Land wie Deutschland hier keine Sanierungs-Zeitschiene vorlegen könne. Ein Armutszeugnis sei das.
Lob sprach indes der hiesige Bundestags-Abgeordnete Erich Irlstorfer (CSU) der Bundeswehr und allen beteiligten Fachstellen aus. "Wir arbeiten kooperativ und sehr transparent zusammen und das ist uns auch wichtig", befand er. "Das geht auch in Richtung der beiden Bürger-Initiativen, die in diesen ganzen Prozess – man sieht es ja auch heute – eingebunden sind." Hinsichtlich der Kostenübernahme sei es nie zu einer Diskussion gekommen, vielmehr gebe es ein Handeln aus Verantwortung, vermerkte Irlstorfer positiv. Man setze hier nicht auf Schnelligkeit, sondern Fachlichkeit.
Der Bundestags-Abgeordnete Reinhard Brandl (CSU) aus dem Wahlkreis Ingolstadt, außen- und verteidigungs-politischer Sprecher der CSU-Landesgruppe in Berlin, versicherte, dass die Gesamt-Finanzierung der Sanierung über den Bundestag gesichert sei: "Das Geld stellt der Deutsche Bundestag bereit". Der Bundestags-Abgeordnete Johannes Huber (AfD) aus Nandlstadt bezweifelte indes, dass die dafür nötigen Gelder tatsächlich bereitstehen. "Als geeignete Option zur Gegenfinanzierung könnte man im Ministerium Einsparungen bei Beraterverträgen oder bei Auslands-Einsätzen, wie in Afghanistan, in Betracht ziehen", erklärte er in einer heute veröffentlichten Pressemitteilung, auch mit Blick auf etwaige Schadenersatz-Ansprüche.
In der ersten Zuhörer-Reihe: Die Bundestags-Abgeordneten Reinhard Brandl (von links) und Johannes Huber sowie die Landtags-Abgeordneten Karl Straub und Matthias Enghuber. Links hinten Tobias Teich, stellvertretender AfD-Kreisvorsitzender.
Der bayerische Wirtschafts-Staatssekretär und frühere Landrat von Neuburg-Schrobenhausen, Roland Weigert (FW), mutmaßte, dass die Personal-Ausstattung beim staatlichen Bauamt für die bevorstehenden Sonderaufgabe in Sachen PFC nicht ausreichen und es dadurch zu Verzögerungen kommen könnte. Gleichzeitig mahnte er im Sinne der Bürger eine zügige Verfahrensweise an. Manchings Bürgermeister Herbert Nerb (FW), der in Vertretung der Gemeinde als betroffene Grundstücks-Eigentümerin Schadenersatz-Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht hat, monierte unter anderem, dass es keinen Verjährungs-Aufschub gebe.
Silberhorn, der zuvor betont hatte, dass PFC keine bundeswehr-spezifische Problematik sei, sondern auch Zivil-Flughäfen betreffe, beteuerte: "Wir kommen unserer Verpflichtung nach, zu untersuchen, und werden auch sanieren, wo das notwendig ist." Es müsse alles zügig vonstatten gehen, doch mache man die Arbeit nicht alleine. Bei Fragen von Entschädigungen beziehungsweise Schadenersatz-Leistungen werde es schwierig, das sei Sache der Juristen.
Zur Sondermüll-Behandlung von Erdaushub bei Bauvorhaben spielte er den Ball zu Landrat Wolf: Die Entscheidung über abfall-rechtliche Behandlung sei in dessen Behörde zu treffen. Silberhorn stellte aber in Aussicht, dass mit den Mitteln der Bundeswehr unter Umständen ein Aushub, die Beförderung und die Lagerung des Materials, beispielsweise auf Bundeswehr-Gelände, möglich sei.
Am Bundeswehr-Standort Neuburg ist das Grundwassers nach jüngsten Erkenntnissen geringer mit PFC belastet und in Weichering wurde bei vier Proben zuletzt kein PFC nachgewiesen.
Staatssekretär Silberhorn bei seinen Ausführungen im Saal auf dem Manchinger Flughafen-Gelände.
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