Der Fall Förnbach schlägt weiter Wellen: Christsoziale kritisieren "Filz 2.0" und sehen den Bürgerwillen mit Füßen getreten – "Geschmackloser Einheitsbrei" und "beißender Zynismus"
(ty/zel) Nach der kontroversen Debatte über die Spiel- und Grünfläche im Pfaffenhofener Ortsteil Förnbach, die nach Mehrheitsbeschluss des Stadtrats nun teilweise zum Bauland wird, gehen die Christsozialen mit Bürgermeister Thomas Herker (SPD) und seiner bunten Koalition hart ins Gericht. Von Bürgerbeteiligung sei hier nichts zu sehen, schimpft der CSU-Vorsitzende Florian Schranz, stattdessen werde der Bürgerwille mit Füßen getreten. Seiner Meinung nach beherrschen Fraktionszwang und Taktieren, ja sogar „Filz 2.0“, die Politik des Bündnisses von SPD, Grünen, Freien Wählern und ÖDP. Außerdem würden die Ortsteile vernachlässigt.
Der stellvertretende CSU-Ortsvorsitzende Christoph Schiebel sieht die Situation nicht minder kritisch: „Es hat schon possenhaften Charakter, was sich in der letzten Stadtratssitzung abgespielt hat“, findet er. Wie berichtet, hatte der Bauausschuss mit 7:6 Stimmen für die Beschneidung der Grünfläche votiert. Daraufhin hatte die CSU per Antrag dafür gesorgt, dass dieser Beschluss im gesamten Stadtrat einer Nachprüfung unterzogen wurde. Doch die Hoffnungen der Christsozialen, dass es dann anders ausgeht, zerschlugen sich: Mehrheitlich wurde das Votum des Ausschusses bestätigt.
"Verbiegen sich, wie die bunten Gummibärchen von Haribo"
Zur Erinnerung: Für den Erhalt des kompletten Platzes waren alle zehn CSU-Räte sowie Adi Lohwasser und Verena Kiss-Lohwasser von der SPD. Der Rest hob die Hand dafür, dass knapp die Hälfte des 2500 Quadratmeter großen Areals zum Baugrund wird. Bemerkenswert war dabei, dass auch die Grünen und die ÖDP sowie der für die Ortsteile zuständige Referent Peter Hainzlmair (FW) gegen den Erhalt der Grünfläche votierten. FDP-Stadtrat Franz Niedermayr durfte indes gar nicht mitreden und mitstimmen, weil er nach Dafürhalten von Stadtverwaltung und Kommunalaufsicht in dieser Sache persönlich betroffen ist.
Aus Sicht der CSU ist es zumindest fragwürdig, dass Niedermayr als Streiter für den Erhalt der Grünfläche „unter dem Vorwand einer juristischen Spitzfindigkeit zwei Minuten vor der Abstimmung auf die Ersatzbank geschoben“ wurde und deshalb „sein demokratisches Mandat nicht erfüllen“ konnte. Ebenso stößt Schranz & Co. sauer auf, dass die ÖDP-Räte Richard Fischer und Reinhard Haiplik „so massiv unter Druck gesetzt“ worden seien, „dass sie sich verbiegen, wie die bunten Gummibärchen von Haribo“. In der Tat hatten die beiden Ökopolitiker im Ausschuss noch gegen die Beschneidung der Grünfläche gestimmt. Für die CSU ist der Fall klar: „Das sind politische Schlappen.“
Umfallen und Abzählen
Der von der CSU um Fraktionschef Martin Rohrmann gestellte Nachprüfungsantrag hat nach Einschätzung der Christsozialen die bunte Koalition dermaßen in die Bredouille gebracht, „dass sie nach dem Umfallen der ÖDP (heute so, morgen so) schon abzählen mussten, um die Mehrheit bei der Abstimmung im Stadtrat sicherzustellen und gewährleisten zu können, dass von ihnen ausgewählte Mitglieder (ständig wechselnd) für die Förnbacher stimmen durften“. So steht es wörtlich in einer Presseerklärung, die heute von Schranz und Schiebel veröffentlicht worden ist. Überschrift: „CSU Pfaffenhofen kritisiert bunten Fraktionszwang und Filz 2.0.“
Florian Schranz, der selbst mit im Stadtrat sitzt, kündigte heute an, dass nun eben seine Fraktion verstärkt die grünen Positionen im Stadtrat übernehmen werde. Aus seiner Sicht muss „unglaublicher Druck im ,Kessel Buntes’“ gewesen sein. „Anders lässt sich das vom ursprünglichen Grundsatzprogramm völlig losgelöste Abstimmungsverhalten der Grünen und der ÖDP nicht erklären“, findet er und vermutet sogar, dass dahinter mehr steckt als bloße Koalitionstreue. „Es wäre sicher interessant zu erfahren, was man ihnen dafür versprochen hat.“
"Förderung der Politikverdrossenheit"
Und der CSU-Ortsvorsitzende geht noch weiter. Mit Blick auf die Spielplatz-Entscheidung im Stadtrat kommt er zu der Diagnose, dass man gar nicht mehr von einer bunten Koalition sprechen könne, „wenn dem Bürger ein derartig geschmackloser Einheitsbrei aufgetischt wird“.
„Und da sprechen die Sozis immer noch vom schwarzen Filz der CSU“, schreibt Schranz, um gleich zu ergänzen: „Hätte es den jemals gegeben, dann müsste man den Sozis sogar bestätigen, dass sie rasend schnell von der CSU gelernt hätten. Soviel zur Förderung der zunehmenden Politikverdrossenheit.“
Schranz unterstellt Bürgermeister Herker und SPD-Fraktionschef Markus Käser jedenfalls, einen „brutalen Fraktionszwang“ verordnet zu haben. Damit hätten die beiden zugleich gezeigt, „was sie wirklich unter Bürgerbeteiligung verstehen“. Verwunderlich seien auch „die teilnahmslose Aufnahme“ und das „Abprallen“ der geäußerten Argumente. Dabei habe CSU-Fraktionschef Rohrmann dem bunten Bündnis nur deren eigenen Koalitionsvertrag vorgehalten und wörtlich daraus zitiert.
"Es ist schon unverschämt"
Doch der CSU-Chef ist noch längst nicht am Ende mit seiner Kritik an Herker und Käser. „Es ist schon unverschämt“, schimpft Schranz, „wie sich die beiden auf der einen Seite über digitalisierte, von Steuergeldern finanzierte Hochglanz-Prospekte und professionelle, teure Videospots Transparenz und Bürgerbeteiligung auf ihre Fahne schreiben, um auf der anderen Seite mit erschreckender Ignoranz den Bürgerwillen mit Füßen zu treten“.
Auch Herkers Umgang mit den Förnbachern, die nach der für sie enttäuschenden Abstimmung die Stadtrat-Sitzung verlassen hatten, wird von der CSU angeprangert. Wie berichtet, hatte der Rathauschef die Bürger belehrt, es sei ein Gebot der Höflichkeit, dass man nicht während der Sitzung gehe. Für Schranz war das nichts anderes als „beißender Zynismus“ – der die CSU jedoch nicht überrasche. „Das kennen wir bereits aus vielen nicht-öffentlichen Sitzungen. Nun hat er sich auch mal in der Öffentlichkeit offenbart.“
Von Spielplatz zu Windpark
Er sei nun gespannt, so Schranz, „ob es beim Thema Windpark Förnbach wieder ein so gnadenloses Prinzipienreiten wie zuletzt gibt oder ob der Wille der betroffenen Bürger dann mehr Respekt erfährt“. Bekanntlich sollen in dem Waldgebiet mehrere Windkraft-Anlagen errichtet werden. Zunächst war von bis zu sieben die Rede, inzwischen äußerte die hiesige Bürgerenergie-Genossenschaft (BEG), dass sie maximal vier Anlagen plane. Einige Anwohner wollen in dem Gebiet überhaupt kein Windrad. Die CSU zeigte Verständnis und erklärte, es dürften nicht zu viele Anlagen werden. Die Pfaffenhofener JU stellte sich konsequent auf die Seite der Gegner und sicherte ihnen volle Unterstützung dabei zu, den Windpark im Förnbacher Forst zu verhindern.
Bisherige Berichte zum Thema:
Förnbach-Wirbel: Herker bittet um Verständnis
Bunte Kollision (Kommentar)
"Mehrheits-Willkür in der Politik in Pfaffenhofen"
Förnbach: Entscheidung nach politischer Verlängerung
Die CSU will's nochmal wissen – und zwar von allen
"Bürgerwille interessiert diese Stadtregierung nicht"
Förnbach: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel